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Algerien: Mindestens 80 Tote bei Geiseldrama

Heute Redaktion
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Mindestens 80 Tote sind die dramatische Bilanz des Geiseldramas in der Sahara, das die algerische Armee nach vier Tagen mit der Erstürmung der besetzten Erdgasanlage am Wochenende beendet hat. 107 ausländische und 685 algerische Geiseln überlebten laut algerischer Regierung. Überlebt hat auch die österreichische Geisel, der 36-jährige Christoph Z., der für die Betreiberfirma BP arbeitete.

., der für die Betreiberfirma BP arbeitete.

Nach Angaben der Regierung in Algier waren 32 Terroristen aus dem von islamistischen Rebellen beherrschten Norden Malis beteiligt. Bei der Geiselnahme und einem Befreiungsversuch seien 37 ausländische Geiseln aus acht Ländern getötet worden, so Regierungschef Abdelmalek Sellal Sellal am Montag. Unter den Toten sind nach Angaben des US-Außenministeriums drei US-Bürger. Sieben US-Staatsangehörige hätten die Tragödie überlebt, sagte Außenamtssprecherin Victoria Nuland am Montag. Außerdem seien bei dem Militäreinsatz zur Befreiung der Geiseln 29 Kidnapper getötet worden.

Die Täter des nach Angaben Sellals internationalen Kommandos stammen demnach aus Algerien, Tunesien, Ägypten, Mauretanien, Mali und Kanada. Anführer der Gruppe war laut Sellal der Algerier Mohamed el-Amine Benchenab. Dieser sei dem algerischen Geheimdienst seit langem verdächtig gewesen. Benchenab wurde laut Sellal bei dem Sturmangriff zur Beendigung der Geiselnahme getötet. Drei Geiselnehmer seien festgenommen worden.

Die Extremisten hatten sich seit Mittwoch in der Gasförderanlage mitten in der Sahara verschanzt. Sie forderten ein Ende des französischen Militäreinsatzes gegen islamistische Rebellen in Mali. Einen Tag später griff die algerische Armee ein, doch erst am Samstag konnten sie die Geiselnehmer endgültig überwältigen. Nach Berichten der amtlichen Nachrichtenagentur Algeriens APS begannen die Soldaten ihren Entscheidungsschlag, weil die Extremisten sieben weitere ausländische Geiseln getötet hätten.

Noch Geiseln vermisst

Zur Staatsangehörigkeit der getöteten Geiseln äußerte sich Sellal nicht weiter. Am Montag galten noch immer mehrere Ausländer als vermisst. Durch ihre Heimat-Regierungen wurden der Tod eines Franzosen, eines US-Bürgers, zweier Rumänen, dreier Briten sowie von sechs Philippinern und sieben Japanern bestätigt.

Der norwegische Energiekonzern Statoil, der zusammen mit der britischen BP und Algeriens staatlicher Ölfirma Sonatrach die Anlage betreibt, vermisst noch fünf norwegische Mitarbeiter. Auch der Verbleib von japanischen und amerikanischen Arbeitern ist noch unklar. Die Armee habe mittlerweile 25 Leichen in der Anlage entdeckt, bei denen es sich vermutlich um Geiseln handele, berichtete der private algerische Fernsehsender Ennahar am Sonntag.

Für ihr gewaltsames Vorgehen, das international offenbar nicht abgestimmt war, erntete Algerien Kritik aus mehreren Ländern, darunter Japan. US-Präsident Barack Obama sagte am Samstag, die USA wollten von den algerischen Behörden genaue Informationen, was sich genau zugetragen habe. Die Schuld für die Tragödie liege aber bei den Terroristen, die sie verursacht hätten.

Kritik und Anerkennung für Algerien

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius verteidigte das Vorgehen des nordafrikanischen Landes. Die Zahl der Todesopfer sei zwar "sehr hoch" gewesen, aber die Behörden hätten sich einer "untragbaren Situation" gegenüber gesehen. "Sie hatten es mit Terroristen zu tun." Auch der britische Premierminister Cameron betonte, Algerien habe Anerkennung für seinen Kampf gegen Islamisten verdient.

Vor allem Frankreich ist bei seinem Militäreinsatz gegen Rebellen im Norden Malis auf die Unterstützung Algeriens angewiesen. Algerien hat Frankreich die Nutzung seines Luftraums sowie die Absicherung der 1.000 Kilometer langen Grenze zu Mali zugesagt.

Weitere Angriffe angekündigt

Die Gruppierung Al-Mulathamin ("Die mit Blut unterzeichnen") kündigte weitere Angriffe an. "Wir versprechen weitere Einsätze in allen Ländern, die an dem Kreuzzug gegen Azawad (den Norden Malis) teilgenommen haben, wenn sie ihre Entscheidung nicht überdenken", hieß es in einer Erklärung der Gruppe, die die mauretanische Nachrichtenagentur ANI am Sonntag veröffentlichte. Die Gruppe forderte ihre "muslimischen Brüder" auf, sich zu ihrem eigenen Schutz von Anlagen fernzuhalten, die von ausländischen Unternehmen betrieben würden. Anführer von Al-Mulathamin ist der Algerier Mokhtar Belmokhtar.