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Alkohol-Sager im ORF: So soll Tempo 100 bei uns kommen

Weil es nicht genug bringe, will der ÖAMTC-Experte Tempo 100 nicht umsetzen. Die Klima-Aktivistin sieht hingegen keinen Grund, das nicht zu tun.

Leo Stempfl
Debatte um Tempo 100: Anna Freund (Letzte Generation) und Bernhard Wiesinger (ÖAMTC) in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. August 2023.
Debatte um Tempo 100: Anna Freund (Letzte Generation) und Bernhard Wiesinger (ÖAMTC) in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. August 2023.
Screenshot ORF

Weiter könnten die Fronten wohl kaum auseinanderliegen: Auf der einen Seite der Experte vom traditionell schwarzen Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring Club (ÖAMTC), auf der anderen Seite eine Aktivistin der "Letzten Generation", die von der ÖVP als radikale Extremisten bezeichnet werden, die hinter Gitter gehören. Im "ZiB2" Studio ging es Donnerstagabend unter der Moderation und Mediation von Martin Thür dann aber doch etwas zivilisierter zu.

Thema des Streitgesprächs zwischen Bernhard Wiesinger und Anna Freund war das Thema Tempo 100 auf Autobahnen nach dem Vorbild der Niederlande. Die Mehrheit der Bevölkerung findet dort die Maßnahme mittlerweile gut. In Österreich würden derzeit rund 36 Prozent die Temporeduktion befürworten. 

Frust, Ärger, Ablehnung

Kein Teil davon ist erwartungsgemäß Bernhard Wiesinger. "Es spricht nichts dagegen, wenn man diese Distanzen überwindet, 130 zu fahren", sagt er gleich in seiner ersten Wortmeldung. Denn in Österreich seien die Städte und Ballungszentren viel weiter voneinander entfernt als in den Niederlanden. Anna Freund antwortet nüchtern, dass die Maßnahme nun mal laut Umweltbundesamt die effektivste Einzelmaßnahme im Verkehrssektor sei und man sie deswegen schnellstmöglich umsetzen müsse.

Wiesinger stellt daraufhin gleich jedwede Kilmaschutzmaßnahmen in Österreich in Frage. Der weltweite CO2-Ausstoß werde durch diese Maßnahme nur um ein tausendstel Prozent reduziert, der Effekt sei deswegen nicht nachweisbar. Setzt man solche Maßnahmen dann trotz der Ablehnung durch zwei Drittel der Bevölkerung durch, erzeuge man Frust, Ärger und Ablehnung für sinnvollere Maßnahmen.

Alkohol- und Zigarettenvergleich

Dem stehen laut Freund aber die vielen positiven Effekte gegenüber. Einerseits koste die Maßnahme so gut wie nichts und sei sofort umsetzbar, andererseits bleibe den Menschen durch den ersparten Treibstoffverbrauch auch mehr im Geldbörserl. Natürlich wird es aber ein ganzes Maßnahmenbündel geben müssen.

"Wenn wir über Mehrheiten sprechen, dann haben wir in der Vergangenheit auch in Österreich gute Beispiele, dass unpopuläre Maßnahmen erst nach der Einführung die breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Denken wir ans Rauchverbot, denken wir an die Gurtenpflicht oder ans Alkohollimit." Damals war niemand davon begeistert, heute seien sich aber wohl doch alle einig, dass diese Maßnahmen sinnvoll waren.

Video vom Schlagabtausch im ORF:

Situation entgleitet

Der ÖAMTC-Experte will hingegen alternative Kraftstoffe den herkömmlichen Beimengen. Solche E-Fuels will die Klimaschutz-Aktivistin nur in speziellen Fällen verwenden, beispielsweise in der Industrie, denn für den Individualverkehr seien die schlichtweg zu teuer und zu wenig verfügbar. Zudem verweist er beim Thema Sicherheit auf das Beispiel Salzburg, wo es nach einer Herabsetzung des Tempolimits auf 80 km/h sogar zu mehr Unfällen kam, weil LKWs nicht mehr überholt werden konnten.

Freund beharrt auf ihrem Standpunkt: "Wenn wir das jetzt nicht machen, dann entgleitet uns die Situation und wir werden uns in ein paar Jahren noch wünschen, dass wir jetzt nicht diese Debatte geführt hätten."

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