Österreich

Mehr Alters-Gutachten im Strafverfahren notwendig

Heute Redaktion
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StA. Wr. Neustadt: Erich Habitzel (r.) und Barbara Haider.
StA. Wr. Neustadt: Erich Habitzel (r.) und Barbara Haider.
Bild: salpa

Am Donnerstag lud die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt zu einer Pressekonferenz. Schwerpunkte: Mehr Altersbestimmung (vor allem bei beschuldigten Asylwerbern) und Gewalt im sozialen Nahbereich.

Nach den fünf Bluttaten in Niederösterreich, darunter den Mord in Wr. Neustadt ("Heute" berichtete) und in Krumbach ("Heute" berichtete) stand die alljährliche Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt unter zwei Hauptaspekten: Altersbestimmung und Gewalt im sozialen Nahbereich.

Bei der Altersbestimmung erläuterten die Staatsanwälte Barbara Haider und Erich Habitzl: "Im Jahr 2018 konnte eine zunehmende Notwendigkeit von Altersfeststellungen bei Beschuldigten im Ermittlungsverfahren beobachtet werden." Anstoß war dabei zumeist ein den Altersangaben nicht entsprechendes äußeres Erscheinungsbild oder die Verwendung unterschiedlicher Geburtsdaten. Oftmals handelt es sich dabei laut Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt um beschuldigte Asylwerber, die bereits zur Erwirkung einer Besserstellung im Asylverfahren unrichtige Angaben zu ihrem Lebensalter machten.

Zwei Arten der Altersfeststellung

Bei Zweifeln am angegebenen Alter in der Bandbreite von der Strafmundigkeit bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres eines Beschuldigten erfolgt die Feststellung, ob ein Beschuldigter Jugendlicher, junger Erwachsener oder Erwachsener ist, regelmaßig auf zwei Arten: Einerseits besteht die Moglichkeit im Wege der Amtshilfe bereits im Asylverfahren von externen Sachverstandigen erstellte Altersgutachten beizuschaffen und diese als Grundlage der Altersfeststellung im Ermittlungsverfahren zu verwenden.

Andererseits kann auch die Staatsanwaltschaft nach gerichtlicher Bewilligung eine korperliche Untersuchung des Beschuldigten und in weiterer Folge die Erstattung eines Gutachtens auf Basis der Untersuchungsergebnisse durch einen medizinischen Sachverstandigen anordnen. Die korperliche Untersuchung erfolgt in der Regel durch Rontgen-, MRT- oder CT-Untersuchungen des Handwurzelknochens beziehungsweise anderer Korperregionen, die Aufschluss uber das Wachstum geben konnen. Diese Variante wird dann gewahlt, wenn im Asylverfahren kein Altersfeststellungsgutachten eingeholt wurden.

Gewalt im Nahbereich

Aufgrund der aktuellen Morde in NÖ ging die Staatsanwaltschaft auch näher auf Gewaltdelikte im sozialen Nahraum, Prävention und die Rolle der Staatsanwaltschaft ein. Kernaussage dabei: Die Staatsanwaltschaft kann erst dann ein Verfahren einleiten und die ihr nach der Strafprozessordnung zur Verfugung stehenden Maßnahmen setzen, wenn ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt. Im Bereich der Gewaltprävention hat die Staatsanwaltschaft daher eingeschränkte Mittel – wie Festnahme oder U-Haft zum Beispiel bei einer Morddrohung. Für die unmittelbare Gefahrenabwehr ist jedoch nach dem Sicherheitspolizeigesetz die Polizei zuständig. Maßnahmen: Betretungsverbote für maximal zwei Wochen, Gewaltschutzzentren.

An ihre Grenzen stößt die Staatsanwaltschaft wenn z.B. Opfer von Beziehungstaten nach Entschärfung der Gefahr durch die Polizei die Aussage abschwächen oder sich der Aussage entschlagen.

Gesamtbilanz der STA Wr. Neustadt für 2018: Bei Straftaten gab es einen Rückgang auf 3.601 (Anm.: 2017 waren es 3.190), die Anzahl der Verfahren im Bereich des Bezirksgerichts verringerte sich auf 7.706 (2017 waren es 7.942). Trotz des leichten Rückganges hat sich die Zahl der erforderlichen Anordnungen und der Ermittlungsaufwand zur Schaffung einer ausreichenden Beurteilungsgrundlage bezuglich der angezeigten Sachverhalte insgesamt erhoht, z.B. mehr Festnahmeanordnungen, mehr Kontoöffnungen, mehr DNA-Untersuchungen.

Personal-Problem

Wie in vielen Branchen wurde es auch am Gericht Wr. Neustadt für die Mitarbeiter stressiger: Denn es gab einen spürbaren Abgang von erfahrenen, guten Mitarbeitern. Grund: Gesundheit, Sparmaßnahmen. Durch Zuteilung von – teils motivierten – Lehrlingen oder Verwaltungspraktikanten konnte die Situation natürlich nicht entschärft werden. Denn: Die "Neuen" mussten auch erst eingeschult werden und die Routine fehlt. (Lie)