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Warum wir Balkan-Söhne richtige Nesthocker sind

Irgendwann kommt der Moment, da muss man das wohlbehütete Zuhause verlassen. Am Balkan zögert man diesen aber gern etwas hinaus.

Heute Redaktion
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Wie schön ist es, seine eigenen vier Wände zu haben. Einfach nach Hause kommen, wann man möchte, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Mal das Geschirr etwas länger stehen lassen, bevor man es abwäscht. Ins Bad zu gehen, ohne dass es besetzt ist. Wie schön das ist? Keine Ahnung.

Wir ihr inzwischen mitbekommen habt, komme ich vom Balkan – und dort hat das "Hotel Mama" eine ganz besondere Bedeutung.

Studien aus den vergangenen Jahren zeigen immer wieder deutlich, dass Kroaten die größten Nesthocker der EU sind. Während man in Österreich im Durchschnitt mit 25 Jahren von zuhause auszieht, lässt man sich in Kroatien nochmals sechs Jahre länger Zeit.

Natürlich ist einer der Hauptgründe dafür die starke Bindung zur Mama. Besonders bei den Söhnen. Denn: Für die Balkan-Mutter ist es das Wichtigste, dass es ihrem Sohn gut geht. Wenn er nicht genug isst, wird gekocht. Natürlich muss er nicht selbst die Wäsche waschen – und aufräumen kann die Mama eben auch besser als der Sohnemann.

Na gut, vielleicht ist diese Darstellung ein wenig überzogen. Aber es stimmt schon, dass die Mama vom Balkan immer besonders darauf achtet, dass es ihrem Buben an nichts fehlt. Gleichzeitig ist man aber auch der Sündenbock für alles mögliche.

Wenn auch nur ein Krümel nach dem Essen auf dem Tisch liegen bleibt, wird gleich die Existenz des ganzen Stammbaums hinterfragt: "Womit habe ich das verdient? Neun Monate musste ich dich austragen und du tust mir sowas an!" Nein, das ist jetzt nicht übertrieben. Ist tatsächlich so passiert.

Somit wäre geklärt, dass meine persönliche Nesthockerei ein Resultat von Faulheit und Gemütlichkeit ist. Man muss eben einige Sachen in Kauf nehmen, um sich nicht nur von Tiefkühl-Pizza zu ernähren. Für junge Menschen, die in Kroatien selber leben, sind die Hintergründe oftmals ernster.

Obwohl die Gehälter in Kroatien höher sind als in Serbien oder Bosnien, verdient man dennoch sehr wenig. Das Durchschnittseinkommen beläuft sich auf knapp 800 Euro pro Monat. Zum Vergleich: In Österreich liegt das monatliche Einkommen im Durchschnitt bei 2.200 Euro.

Und wie manchen im Sommer-Urlaub in Kroatien aufgefallen sein mag, sind beispielsweise die Preise in Supermärkten doch relativ nah an den heimischen dran. So ähnlich verhält es sich auch bei der Miete. Heißt konkret: Junge Menschen in Kroatien können sich das Ausziehen schlicht nicht leisten.

Und ein wenig "Hotel Mama" genießen sie natürlich auch, obwohl sie es ungern zugeben würden...

Zu weiteren Geschichten vom Balkan geht es HIER entlang >>> (red)