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Amokfahrer von Trier war Einzelgänger, der im SUV lebte

In Trier überfuhr der 51-jährige Bernd W. mehrere Menschen. Vier starben – darunter ein Baby. Nachbarn beschreiben ihn als Einzelgänger.

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    Im deutschen Trier nahe der Grenze zu Luxemburg ist ein Auto in eine Fußgängerzone gerast.
    Im deutschen Trier nahe der Grenze zu Luxemburg ist ein Auto in eine Fußgängerzone gerast.
    picturedesk.com/Harald Tittel

    Ein Terrorangriff oder eine politisch motivierte Tat scheinen ausgeschlossen: Den deutschen Behörden liegen keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund des Vorfalls in Trier mit mindestens vier Toten und mehreren Verletzten vor. Der Fahrer des Wagens, der in der Fußgängerzone mehrere Menschen erfasste, ist demnach auch nicht als Gefährder eingestuft.

    Der Fahrer hielt jedoch ganz gezielt auf seine Opfer zu. Das sagte der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz: "Die Zickzacklinien waren gezielt gewählt, um Menschen zu suchen und ihnen weh zu tun."

    Beim mutmaßlichen Amokfahrer handelt es sich laut "Focus" um den 51-jährigen Bernd W. Nachbarn hatten den Mann aufgrund des Kennzeichens seines SUV identifiziert. Ein Zeuge sagte zudem, er habe auf dem Bild der Festnahme die Schuhe von Bernd W. erkannt. "Deshalb weiß ich, dass er es war - auf jeden Fall."

    "Er lebte in den Tag hinein und trank"

    Eine Nachbarin, die den jungen Bernd W. jahrelang aufwachsen sah, beschreibt ihn als "sonderbaren Einzeltypen". "Ich habe ihn aber oft schreien gehört, wenn es Streit im Elternhaus gab. Er war aufbrausend, manchmal auch aggressiv", so die Zeugin. Eine andere Frau meinte: "Er war komisch, aber das hätte ich ihm nicht zugetraut."

    Nach dem Verkauf seines Elternhauses zog W. aus dem Kreis Trier-Saarburg weg. Mehrere Menschen, die ihn kannten, erzählten, er habe wechselnde Wohnsitze gehabt und als Elektriker gearbeitet. Zuletzt sei W. jedoch arbeitslos gewesen und habe in seinem silbernen Geländewagen gelebt.

    Er habe eine Freundin gehabt, die wesentlich älter sei als er. "Er lebte in den Tag hinein und trank. Das war sein Leben", schilderte ein Anwohner. Innerhalb von einem Jahr habe W. das ganze Geld aus dem Hausverkauf ausgegeben. Auch am Dienstag soll Bernd W. in der Dönerbude seiner Heimatgemeinde getrunken haben. "Er war am Saufen mit seiner Döner-Gang. Er hat sich losgerissen, ist ins Auto gesprungen und nach Trier gefahren", sagt ein Bekannter zu "Focus".

    W. postete einen Abschiedsspruch auf Facebook

    Ob W. psychische Probleme hatte, ist noch unklar. Anwohner im nahe liegenden Zewen behaupten aber, der 51-Jährige habe eine "labile Persönlichkeit" gehabt. "Er wurde von Kindheit an von seinem Vater geschlagen und das ist nicht an ihm vorbei gegangen." Kurz vor seiner Amokfahrt postete W. auf Facebook noch einen Abschiedsspruch: "Auf meinem Grabstein sollte stehen: Spart euch die Tränen, wo wart ihr, als ich noch lebte?"

    Der Schock in der westdeutschen Stadt Trier sitzt am Dienstagabend tief. Bei Bernd W.s Amokfahrt kamen dabei vier Menschen ums Leben – darunter ein neun Monate altes Baby. Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe sagte: "Es ist der schwärzeste Tag der Stadt Trier nach dem Zweiten Weltkrieg". 

    Der Amokfahrer habe mit einem SUV "wahllos" Menschen angefahren und überfahren. Leibe dazu: "Ich bin gerade durch die Innenstadt gelaufen und es war einfach nur schrecklich. Es bot sich ein Anblick des Grauens. Da steht ein Turnschuh … das Mädchen dazu ist tot." Oberbürgermeister Leibe bedankte sich bei den Einsatzkräften. Es seien rund 700 Helfer im Einsatz gewesen nach der tödlichen Fahrt in der Innenstadt von Trier, sagte er. Es sei nicht selbstverständlich, dass der Täter nach wenigen Minuten gefasst werden konnte.

    "Er hupte nicht, sondern gab nur Gas"

    Eine Augenzeugin berichtet gegenüber Focus: "Ich sah unzählige Menschen zur Seite springen, auf der Straße lagen über 30 Menschen, teilweise regungslos. Das Auto fuhr gefühlt mit 70 bis 80 Stundenkilometern. Die Innenstadt war sehr gut besucht. Von hinten sah es aus wie ein SUV, es könnte ein Jeep gewesen sein." Eine weitere Passantin sagte, dass das Auto auch Kinder erfasste.

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    Februar 2020

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