Politik

Androsch: "Kanzlerbonus schaut anders aus"

Heute Redaktion
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Für Hannes Androsch war die Ausgrenzung der FPÖ schon immer ein Fehler.
Für Hannes Androsch war die Ausgrenzung der FPÖ schon immer ein Fehler.
Bild: Helmut Graf

Für Hannes Androsch ist klar: Die Ausgrenzung der FPÖ hat der SPÖ mehr geschadet als genutzt. Eine rot-blaue Koalition will er aber nicht empfehlen.

Heute: Wie soll die SPÖ mit der FPÖ umgehen?



Dr. Hannes Androsch: Die Politik, die Franz Vranitzky im Alleingang gemacht hat, halte ich für einen klaren historischen Fehler. Zu Recht nennt man Vranitzky den „Haider-Macher". Abgrenzen muss man sich von jeder anderen Partei, aber Ausgrenzen war ein Fehler. Das Ergebnis: Die Jungen sind zu Kurz gelaufen, die Arbeiter zur FPÖ. Und als Partei der Älteren wird man die Zukunft nicht gewinnen.

Heute: Was sind die Nachteile?

Androsch: Die sind ja offensichtlich. 1979 hatten wir ein Wahlergebnis von 51 Prozent und 730.000 Mitglieder, heute haben wir 26 Prozent und 150.000 Mitglieder. Das beschreibt keinen rauschenden Erfolg.

Heute: Wie interpretieren Sie das Wahlergebnis?

Androsch: Es gibt mehrere interessante Aspekte. Erstens hat die Regierung gewonnen, allerdings der Juniorpartner mehr als die Kanzlerpartei. Ein Kanzlerbonus schaut anders aus. International liegt die SPÖ mit 26 Prozent immer noch um Lichtjahre vor ihren Schwesterparteien. Das kann aber kein Trost sein, denn der Verlust der Nummer Eins ist schmerzhaft und muss zum Nachdenken führen: Was haben wir versäumt, welche Antworten haben wir auf die Fragen der Zeit? Welche Orientierung müssen wir geben?

Heute: Wie beschreiben Sie den Zustand der SPÖ?

Androsch: Verunsichert. Wie geht's weiter, fragen sich besonders die Wiener, bei denen offenbar ein Führungswechsel ansteht.

Heute: Hätte der Führungswechsel in Wien besser ablaufen können?

Androsch: In Niederösterreich hat das der Pröll effizienter gemacht.

Heute: Soll Christian Kern SPÖ-Parteichef bleiben?



Androsch: Das sollen sich die Freunde in der Partei und er selbst überlegen, ich will mich da nicht einmischen.

Heute: Was raten Sie?



Androsch: Rat gebe ich nur, wenn ich gefragt werde und dann unter vier Augen.

Heute: Raten Sie zu einer Koalition mit der FPÖ?

Androsch: Das habe ich nicht gesagt. Eine Regierungsbildung hängt von den Deckungs- und Trennmengen ab. Bei der FPÖ geht es immer um ihr Verhältnis zu Europa, zu den Menschenrechten und zur Vergangenheit im letzten Jahrhundert.

Dann spielt noch die Chemie eine besondere Rolle. In einer Koalition sind die Partner gleichzeitig auch Konkurrenten – daher braucht es ein besonderes Maß an persönlicher Chemie und Vertrauen. Sonst kann das nicht funktionieren.

Diese Voraussetzungen gelten ja für schwarz-blau auch. Auch Kurz wird von seinen türkisen Träumen in die Realität heruntersteigen müssen, auch Seifenblasen platzen. Die FPÖ wird sich wiederum an ihre Erfahrungen aus der Schüssel-Zeit erinnern.

Aber das sollen sich die beiden alleine ausmachen.

Heute: Rechnen Sie mit Schwarz-blau?



Androsch: Aus heutiger Sicht rechnen alle damit, ich weiß es nicht und will nicht Kaffeesud lesen.

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