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Hunderttausende Türken gegen Erdogan in Istanbul

Hunderte Kilometer ist Kemal Kilicdaroglu gegangen, nun demonstrierte er in Istanbul mit Tausenden gegen Erdogan.

Heute Redaktion
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Der Vorsitzende der Mitte-links-Partei CHP, Kemal Kilicdaroglu, war aus Protest gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am 15. Juni in Ankara zu einem "Marsch der Gerechtigkeit" gestartet. Erst war er fast auf sich alleine gestellt und wurde belächelt, dann schlossen sich ihm Tausende an. Nun lachen nicht einmal mehr Erdogan-Unterstützer über ihn.

Am Sonntag traf Kilicdaroglu nach über 400 Kilometern in Istanbul ein. Im Schlepptau: Mehrere zehntausend Demonstranten, die sich dem "Marsch der Gerechtigkeit" angeschlossen hatten. Zur Abschlusskundgebung im Stadtteil Maltepe wuchs die Zahl auf Hunderttausende an. Gleichzeitig wurde von einem "Klima der Angst" gesprochen.

Als Terroristen abgestempelt

Kritisiert wird Erdogan und die AKP-Regierung, die unter dem verhängten Ausnahmezustand tausende Personen kündigt, verhaftet und großteils ohne Anklage oder Prozess in Gefängnissen verschwinden lässt. Zuletzt wurde CHP-Abgeordneten Enis Berberoglu zu 25 Jahren Haft verurteilt. Sein vergehen: Er soll Material besessen haben, das zeigt, wie die Türkei Waffen nach Syrien liefert.

Die Großdemo erfolgte unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen. Es ging die Angst vor einer Eskalation durch türkische Sicherheitskräfte um. Erinnerungen an die Proteste im Gezi-Park wurden wach. Die Proteste gegen die türkische Regierung wurden gewaltsam niedergeschlagen, Polizisten gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor.

Bis zum Abend blieb es jedoch ruhig. Erdogan selbst bezeichnete den Aufzug als Unterstützung für "Terroristen", Ministerpräsident Binali Yildirim forderte den Stopp der Demo. Regierungstreue Medien bezeichneten den Protest gar als "Marsch der Verräter". Andere Medien berichteten dagegen, dass es erstmals gelungen sei, ein bedeutendes Zeichen gegen Erdogan zu setzen. (red)

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