Freitagabend, kurz nach 19 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Der 50-jährige Arzt Taleb A. hat soeben mehrere Menschen getötet und über 200 verletzt. Er war über 400 Meter mit seinem Auto durch die dicht aneinandergedrängte Menschenmenge gefahren.
Eine Tat, die man A. auf den ersten Blick nicht zutraut. Auch der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, bezeichnete den Anschlag als "völlig untypisch". Der 50-Jährige arbeitete seit 2020 in der Salus-Klinik als Facharzt für Psychotherapie im Maßregelvollzug. Zuvor soll er laut Informationen von Focus.de bei einer anderen Klinik angestellt gewesen sein, schied dort aber krankheitsbedingt aus.
"Er hat seine Arbeit gemacht, in der Regel einwandfrei", sagt eine Quelle aus dem Umfeld des Klinikums zu Focus.de. Kritisiert wird Taleb A. hingegen in Bezug auf Termine und Sitzungen. Es kam vor, dass er diese schwänzte, sich ins Büro zurückzog oder Gruppentermine spontan bis unvorbereitet angegangen sei. Hinweise, dass ihr Arbeitskollege bald einen Anschlag verübt, sah niemand im Arbeitsumfeld.
So seien seine Äußerungen auf X nicht bekannt gewesen, wo A. Verschwörungserzählungen über eine Islamisierung Deutschlands und der Verfolgung saudischer Flüchtlinge durch deutsche Behörden verbreitete.
Kritisch beäugt wurde Taleb A. von Arbeitskollegen aufgrund seines Engagements für Flüchtlinge aus seinem Heimatland Saudiarabien. In den vergangenen Monaten hat er sich laut der Quelle, die ihn eigenen Angaben zufolge nur oberflächlich kannte, zunehmend in den Aktivismus hineingesteigert. Seit Oktober 2024 blieb er demnach seinem Arbeitsort fern, begründet durch Urlaubs- und Krankheitstage.
"Es war deutlich, dass er sich hineingesteigert hat", heißt es. Sein Engagement zu reduzieren, habe jedoch nicht zur Debatte gestanden. So die Quelle gegenüber Focus.de. Doch aggressiv sei er nie gewesen. "Eher leidend über den Zustand, den er beklagt hat", beschreibt die Quelle.
Verwirrt hätten die Kolleginnen und Kollegen derweil gewisse Aussagen von A., so etwa, dass der saudische Gemeindienst seinen Briefkasten aufgebrochen und einen USB-Stick geklaut habe. Ähnlich führte das der 50-Jährige auch auf X aus. Für sein Arbeitsumfeld sei es schwierig gewesen zu unterscheiden, was womöglich der Wahrheit entspricht oder wo er psychotische Züge zeigte.
"Aber Saudiarabien hat auch Khashoggi zersägt", verweist der von Focus.de Interviewte auf den Mord an Jamal Khashoggi in der Türkei. Wer sollte von außen betrachtet also wissen, ob es nicht doch der Wahrheit entsprach? "Es bleibt immer ein bisschen undurchschaubar." Doch im Rückblick, so die Quelle, scheine vieles bei A. plausibel.