Kaum etwas scheint in Österreich so schwer zu sein wie das, wofür die Politik eigentlich da ist – eine Regierung zu bilden. Nach über 150 Tagen könnte es nun endlich klappen: ÖVP, SPÖ und NEOS stehen kurz vor einer Einigung. Doch die Austro-Ampel wackelt von Anfang an.
Hinter den dicken Mauern des Hohen Hauses wird darüber gesprochen, wie die Regierung in den nächsten Monaten aussehen wird. Die Verhandlungen finden zwar hinter verschlossenen Türen statt, doch in den Gängen zwischen Tür und Angel lässt sich einiges erfahren. Wir haben bei den Abgeordneten nachgefragt, was wirklich Sache ist.
Ein Knackpunkt bei der Regierungsbildung sind die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der SPÖ. Die Sozialdemokratie ist bemüht, die verschiedenen Interessen in der Partei unter einen Hut zu bringen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir das Land in den kommenden fünf Jahren wieder vom Pannenstreifen auf die Überholspur bringen werden", sagt Eva-Maria Holzleitner. Die Klubvorsitzender-Stellvertreterin ist überzeugt, dass die Regierung einen positiven Impuls für das Land setzen wird.
Auch der Nationalratsabgeordnete Maximilian Köllner (SPÖ) ist zuversichtlich, dass seine Partei einen positiven Beitrag leisten wird. Doch er warnt, dass man verlorenes Vertrauen wiedergewinnen muss – vor allem von den FPÖ-Wählern. "Viele Österreicher haben die FPÖ gewählt, weil sie sich Veränderungen wünschen. Die neue Regierung muss auch für diese Menschen ein Angebot sein", sagt er.
Bei den NEOS herrscht Erleichterung, dass Herbert Kickl nicht Bundeskanzler wird. Besonders in Bezug auf die Positionierung zum Ukraine-Krieg hatte Generalsekretär Douglas Hoyos starke Bedenken und wirft der FPÖ vor, eine Russland-Nähe zu pflegen. "Die FPÖ verfolgt ein Weltbild, bei dem es nicht um die Sicherheit Österreichs geht, sondern um eine enge Partnerschaft mit Putin", sagt er.
Während sich die Grünen eher bedeckt halten, übernehmen die Freiheitlichen die Rolle der angriffigen Oppositionspartei. "Viele in diesem Land werden sich das nicht gefallen lassen", sagt FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in Bezug auf die neue Bundesregierung. Hintergrund der Kritik der Freiheitlichen ist die Befürchtung, dass die künftige Regierung enorm teuer werden könnte.
Die Austro-Ampel plant, insgesamt sieben (!) Staatssekretäre zu installieren. Damit wächst die Regierung von 18 auf 21 Mitglieder, was sogar einen Umbau des Parlaments erforderlich macht, damit alle auf der Regierungsbank Platz finden. Besonders brisant: Die Personalkosten belaufen sich auf fast 5,5 Millionen Euro jährlich – ohne Kabinette, Dienstwagen und Chauffeure.
Auch FPÖ-Mandatar Maximilian Weinzierl kritisiert die geplante Regierung scharf und bezeichnet sie als "die teuerste aller Zeiten". "Die Menschen kämpfen, um über die Runden zu kommen. Es ist schwer nachvollziehbar, warum die Regierung so viel Geld für sich selbst ausgibt", sagt Weinzierl. Er sieht darin ein weiteres Beispiel dafür, dass der Machterhalt für die "Systemparteien" viel wichtiger ist als eine echte Veränderung.