Politik

Baba, Rendi! Wer wird neuer SPÖ-Klubchef im Parlament?

"Da tut sich schon die nächste Führungsfrage auf", stellt der renommierte Politologe Peter Filzmaier fest – weder Dosko noch Babler haben ein Mandat. 

Pamela Rendi-Wagner verlässt die politische Bühne – und hinterlässt ein Vakuum.
Pamela Rendi-Wagner verlässt die politische Bühne – und hinterlässt ein Vakuum.
Helmut Graf

Zeiten des Umbruchs in der Sozialdemokratie: Nach Wochen der Ungewissheit geht es jetzt schnell. Noch-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wird alle Funktionen in der Partei, auch ihren Posten als Nationalratsabgeordnete und daher jenen als Klubchefin, mit Ende Juni zurücklegen. Somit will sie einen zügigen, geordneten Übergang ermöglichen. Wer Parteichef wird, entscheidet sich erst am 3. Juni in Linz, wenn sich Hans Peter Doskozil und Andi Babler in einer Kampfabstimmung gegenüberstehen. Die Zukunft der Partei liegt dann in der Hand der 609 Delegierten zum Sonderparteitag. 

Indes entsteht in der Partei ein nicht zu vernachlässigendes Vakuum, das Peter Filzmaier gegenüber "ORF.at" aufwirft. Da weder Doskozil noch Babler im Nationalrat sitzen, stellt sich die Frage, wer die durchaus relevante tägliche Parteiarbeit verrichten soll – planmäßig wird ja bekanntermaßen erst im Herbst nächsten Jahres wieder gewählt, bis dahin will die Partei vermutlich ihr wie auch immer geartetes Profil schärfen. Bis die Frage nach der Parteiführung geklärt ist, wird sich hier aber wohl nicht viel bewegen.

Gratis Medienpräsenz

Filzmaier betont die Wichtigkeit der unterbewerteten Rolle des Klubchefs: Klubobfrauen und -männer sind stets in die Gesetzgebung eingebunden, über ihre Tische gehen alle wichtigen Gesetzesvorhaben. Sie sind die zentralen Protagonisten der öffentlichkeitswirksamen Parlamentssitzungen und haben ständig Auftritte in den Medien. Somit sind sie meist auch das zweitwichtigste Gesicht der Partei. Sie sind außerdem dafür zuständig, die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Fraktion zusammenzuführen und einen möglichst konstruktiven Austausch mit den anderen Parteien zu koordinieren.

"Medienpräsenzen sind massiv bestimmt durch das parlamentarische Auftreten", so Filzmaier zu ORF.at. "Das sind Präsenzen, die man automatisch und quasi gratis bekommt. Umso wichtiger wäre es, Vertrauenspersonen als Klubvorsitzende zu haben."

Schwierige Entscheidung steht bevor

Vonseiten des Büros der scheidenden Parteivorsitzenden hieß es am Mittwoch gegenüber "ORF.at", dass unmittelbar nach dem Parteitag feststehen würde, wer den Klubvorsitz übernimmt. Doch wer könnte es sein? Laut Filzmaier ist diese Frage aktuell noch komplett offen: "Üblicherweise übernimmt den Sessel des Klubchefs der Parteichef oder die Parteichefin selbst, oder eine enge Vertrauensperson. Der oder die Klubvorsitzende wird aber vom Klub gewählt, da gibt es keine Nominierung."

In den Lagern der beiden Kontrahenten um den Parteivorsitz gibt es jeweils eine Reihe von Nationalratsabgeordneten. Doch aktuell scheint es schwer vorstellbar, dass sich der Klub auf eine Person einigen könnte, so der Politologe: "Bei Doskozil könnte das Max Lercher sein, doch er ist eine Art Feindbild der Anhänger Bablers geworden und polarisiert offenbar auch innerhalb des Klubs." Offen ist auch, in welchem Verhältnis die Bereichssprecher zu Doskozil bzw. Babler stehen. "Hinzu kommt, dass wir uns schon im Vorwahlkampf befinden, das bedeutet auch erhöhten Zeitdruck."

Dosko hat es nicht eilig

Doskozil scheint es nicht eilig zu haben, selbst in den Nationalrat zurückzukehren: Zumindest bis zu Beginn des Intensivwahlkampfs für die kommende Nationalratswahl wolle er Landeshauptmann bleiben. Er bekräftige am Donnerstag abermals, dass sich die beiden Funktionen, Partei- und Landeschef, problemlos unisono ausfüllen ließen. 

Babler hingegen sitzt zwar im Parlament, wurde er doch erst kürzlich in die zweite Kammer, den Bundesrat, entsandt. Theoretisch könnte er also Klubchef werden. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass er im Nationalrat nicht im Plenum vertreten wäre. Somit bleibt offen, wie die SPÖ im kommenden Jahr ihre parlamentarische Arbeit weiterführen will, wie die Oppositionspartei gemeinsame Entscheidungen, wie die aktuelle Blockade von Zweidrittelmaterien, treffen und vertreten will.

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    Nach dem für sie desaströsen Ausgang der SPÖ-Mitgliederbefragung schmeißt Parteichefin Pamela Rendi-Wagner alles hin.
    ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com