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Bachmann: "Plötzlich stand Elton John in der Kabine"

Den Namen Daniel Bachmann sollte man sich merken. Ab Sommer kickt der Tormann in der Premier League – davor hütet er womöglich das ÖFB-Tor bei der EM.

Erich Elsigan
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ÖFB-Tormann Daniel Bachmann steigt in die Premier League auf.
ÖFB-Tormann Daniel Bachmann steigt in die Premier League auf.
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1. Jänner 2003. Sunderland kassiert gegen Manchester United eine 1:2-Pleite. Aus rot-weiß-roter Sicht eine historische Partie. Denn zum letzten Mal hütet Jürgen Macho das Tor des Außenseiters. Was er damals noch nicht wusste: Er sollte für 18 (!) Jahre der letzte ÖFB-Goalie in einem Premier-League-Spiel sein.  

Zu Beginn der Saison 2021/22 tritt Daniel Bachmann in seine Fußstapfen. Dem Niederösterreicher gelang mit Watford der Aufstieg. Der 26-Jährige ist seit Jänner die Nummer eins bei den "Hornets", hatte mit seinen Glanzparaden einen großen Anteil am Erfolg.

Bevor der zweifache Familienvater die laut Eigenaussage "beste Liga der Welt" rockt, steht – so es Teamchef Franco Foda will – die EM auf dem Programm. Im "Heute"-Gespräch lässt Bachmann die vergangenen Wochen Revue passieren und blickt in die Zukunft. 

"Heute": Herr Bachmann, haben Sie schon realisiert, welches Kunststück Ihnen gelungen ist?

Daniel Bachmann: "Mittlerweile habe ich realisiert, dass ich ab sofort ein Premier-League-Spieler bin. Mein Traum erfüllt sich. Die ersten 48 Stunden nach der entscheidenden Partie waren aber unglaublich. Es war ein ganz eigenes Gefühl. Als der Schiedsrichter abgepfiffen hat und der Aufstieg feststand, ist ein enormer Druck abgefallen. Die Emotionen waren gigantisch, die kann man schwer beschreiben."

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    Wer die zweite englische Liga nicht verfolgt, wird Sie vermutlich noch nicht kennen. Was muss man über Sie wissen?

    "Ich bin seit zehn Jahren in England, bin zweifacher Familienvater und jetzt Premier-League-Spieler. Ich verstehe, dass die Championship in Österreich nicht so verfolgt wird. International ist sie aber unter den Top-Sieben-Ligen. Finanziell sogar vor Frankreich, abgesehen von Paris vielleicht. Es ist absolut eine Top-Liga – aber eben 'nur' eine zweite. Deshalb wird sie in Zentraleuropa nicht so hoch angesehen. Ich werde mich bei den Österreichern in den nächsten Wochen sicher noch besser vorstellen."

    Sie sind der erste ÖFB-Tormann in der Premier League seit Jürgen Macho vor 18 Jahren. Welche Aussagekraft hat das?

    "Die Premier League ist mit Abstand die beste Liga der Welt. Und klar, gerade bei Tormännern gibt es ein extrem strenges Auswahlverfahren. Das Niveau muss so hoch sein, weil einfach so viel Geld im Spiel ist. Deshalb bin ich da schon stolz auf mich, der erste seit Jürgen Macho zu sein."

    Sie haben im Jänner bei Watford im Tor Ben Foster abgelöst, der sich verletzt hat. Als er fit wurde, sind Sie trotzdem Nummer eins geblieben. Wie hat sich das angefühlt?

    "Ben Foster ist ja nicht nur eine Watford-Legende, sondern allgemein im englischen Fußball. Der hat 400 Premier-League-Spiele bestritten, hält noch immer den Rekord für die meisten Saves. Er war mit England bei zwei Weltmeisterschaften dabei, das ist nicht irgendwer. Der hat 2005 bei Watford debütiert, da war ich zehn oder elf Jahre alt. Es ist nicht ohne. Das macht es noch ein bisschen schwerer, ins Tor zu kommen. Und so einen Spieler hinter sich zu lassen, fühlt sich schon gut an."

    Haben Sie ein Tormann-Vorbild?

    "Vorbild nicht wirklich. Als Teenager hat mir Buffon am meisten getaugt. Aber abgeschaut habe ich mir nicht wirklich was von ihm. Ich habe meist von meinen Kollegen gelernt, vor allem im mentalen Bereich. Wie geht man mit Druck um. Der ist hier enorm, weil einfach so viel Geld im Spiel ist. Als ich im Jänner in die Mannschaft gekommen bin, waren wir neun Punkte hinter einem Aufstiegsplatz. Das heißt, wir durften es uns nicht mehr erlauben, Punkte liegen zu lassen. Du gehst ins Spiel rein und weißt: Wir müssen gewinnen. Da baut sich über den langen Zeitraum ein enormer Druck auf."

    Ehrenpräsident von Watford ist Popstar Elton John. Haben Sie ihn schon mal getroffen?

    "Ja, er war mal vor ein, zwei Jahren bei uns in der Kabine, hat jedem die Hand gegeben. Ein cooler Moment. Weil Elton John ist Elton John, jeder kennt ihn. Eine absolute Legende. Cool, so jemanden im Hintergrund im Verein zu haben."

    Gabs ein Ständchen zum Aufstieg?

    "Ich habe noch nichts gesehen, aber es hat sich mit dem Oscars-Wochenende überschnitten und er hat dort eine After-Party gehostet."

    Sie sind seit mittlerweile zehn Jahren auf der Insel daheim. Wie britisch sind Sie schon in Ihrem Denken?

    "Wenn ich Liegestütz mache, zähle ich zum Beispiel auf Englisch. Träumen tu ich meistens auf Deutsch. Ich bin natürlich nach wie vor Österreicher. Meine Frau ist Engländerin, mit ihr rede ich natürlich Englisch. Mit den Kindern versuche ich, so gut es geht Deutsch zu sprechen."

    Haben Sie die österreichische Liga am Radar, oder interessiert Sie die weniger?

    "Die Ergebnisse schaue ich mir schon an, ab und zu auch Highlights, wenn ich Zeit habe."

    Für wen drücken Sie die Daumen? Sie waren ja im Rapid- und Austria-Nachwuchs.

    "Ich schaue auf keinen speziellen Verein. Ich schau auf die Tabelle, aber da ist meistens eh alles klar, geht es in Wahrheit um den zweiten Platz. Sehr komisch finde ich das System mit der Punkteteilung. Das verfälscht meiner Meinung nach den Wettbewerb. Salzburg hat sagen wir 20 Punkte Vorsprung nach dem Grunddurchgang, weil sie sich 20 Punkte Vorsprung durch Leistung erobert haben. Plötzlich nimmt man ihnen zehn Punkte wieder weg? Beim Abstieg ist es ja gleich. Da gibt es Mannschaften, die sich einen gewissen Polster herausspielen, der dann plötzlich über Nacht weg ist. Ich verstehe den Gedanken dahinter, aber halte es für grob fragwürdig.

    Watford ist vermutlich nicht das Ende der Fahnenstange. Wo soll Ihre Reise im Idealfall noch hingehen?

    "Das ultimative Ziel ist die Premier League, da geht nichts drüber. Klar, sag niemals nie. Wenn Real Madrid kommt, würde ich es mir auch überlegen. Grundlegend arbeite ich aber seit Jahren auf die Premier League hin – und jetzt ist es endlich so weit. Viele werden sich schon gedacht haben: 'Was will der Bachmann in England, der spielt ja nie, ist nur wegen des Geldes dort.' Ich wusste einfach, ich muss einfach auf meine Chance warten. Die habe ich jetzt bekommen und genutzt."

    Hoch gepokert und alles gewonnen?

    "Von außen schaut es so aus, weil ich nicht gespielt habe. Ich persönlich habe immer an mich geglaubt und wusste, dass ich gut genug bin."

    Die EM naht in großen Schritten. Drei Tormänner dürfen mit. Rechnen Sie mit einer Einberufung?

    "Ich habe meinen Teil abgeliefert. Ich bin jetzt Premier-League-Tormann. Ich will bei der Euro spielen, das ist ganz klar. Sonst wäre ich im falschen Job. Das wäre überragend. Ich bin gespannt, was sich ergibt. Wir werden es bald erfahren."

    Zuletzt stand Alexander Schlager im Tor, dem jedoch einige Schnitzer unterlaufen sind. Beobachten Sie, was die Konkurrenten machen?

    "Nicht wirklich. Die Länderspiele habe ich natürlich gesehen, dann habe ich vom LASK aber nicht viel mitbekommen. Im Endeffekt entscheidet der Trainer. Es gibt einen Pool von fünf, sechs Torhütern, die in Frage kommen. Ich bin einer davon, habe eine starke Saison gespielt."