Wintersport

Bagger am Gletscher! Jetzt wehrt sich der Ski-Boss

Bagger auf dem Gletscher sollen das Weltcup-Rennen am Matterhorn sichern. Jetzt wehrt sich der Ski-Boss gegen Umwelt-Vorwürfe.

20 Minuten
Bagger zermalmen Gletscher
Bagger zermalmen Gletscher
20min/Sébastien Anex

Auf dem Theodulgletscher arbeiteten zuletzt Bagger im Eis. Mitte November sollen bei Zermatt/Cervinia Ski-Weltcuprennen der Männer und Frauen stattfinden.

Die Arbeiten geben jedoch Gesprächsstoff, denn sie sollen sich ausgeweitet haben und in mehreren Bereichen über das im kommunalen Nutzungsplan vorgesehene Programm hinausgehen.

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    Hier sollen in wenigen Wochen die Ski-Stars um Bestzeiten fahren.
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    20min/Sébastien Anex

    20 Minuten konfrontiert den Zermatter OK-Chef Franz Julen mit den Vorwürfen. "Wir haben nichts zum Verbergen. Wenn die Behörden die Situation anschauen wollen, können sie das gerne machen. Wir weisen alle Vorwürfe entschieden zurück. Wir wurden mit Pistenplänen und Streckenrückführungen konfrontiert, die nicht der Realität entsprechen", erklärt er. Es verstehe sich von selbst, dass sie alle Genehmigungen von allen Behörden und Verbänden in beiden Ländern für die Arbeit eingeholt hätten.

    Dass Fotos von Baggerarbeiten auf dem Gletscher die Gemüter erhitzen, kann Julen verstehen. Er hält aber auch fest: "Niemand kennt das Gletschersterben so gut wie wir in Zermatt. Wir wissen, um was es geht und nehmen dieses sensible Thema ernst." Ihnen sei vorgeworfen worden, dass sie den Gletscher abbrechen würden. "Das ist falsch", so Julen. "Drei Bagger haben während drei Wochen auf dem Gletscher gearbeitet. Diese haben jedoch nichts abgebrochen, sondern Spalten mit Eis und Schnee gefüllt und gesichert."

    Der Zermatter OK-Chef versteht zwar die Emotionen, doch er fühlt sich auch ungerecht behandelt. "Man macht uns zum Sündenbock! Wo ist die Verhältnismäßigkeit?" Für Olympia in China seien ganze Skigebiete aus dem Boden gestampft und in Katar neue Fußballstadien gebaut und hinunter klimatisiert worden. "Und da sagt niemand was, aber auf uns hackt man herum?" Julen erklärt weiter, dass das Gletscherskifahren ein Millionen-Verlustgeschäft für die Zermatt Bergbahnen sei. Vorwürfe, dass es nur um Kommerz geht, weist Julen zurück.

    Und was ist mit der Kritik, die mögliche Umweltschäden am Gletscher anspricht? Sie würden seit 50 Jahren auf dem Gletscher Ski fahren, so Julen: "Und dort, wo wir fahren, schmilzt der Schnee viel weniger schnell. Die Gletscherhöhe ist im Pistenbereich stets eineinhalb bis zwei Meter höher. Wir schützen den Gletscher durch das Präparieren der Piste."

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      Matthias Huss, Gletscherforscher an der ETH Zürich, meint auf Anfrage: "Die Gletscher in der Region Zermatt stehen seit Jahren unter intensiver Nutzung und sind nicht mehr unberührt. Bauarbeiten durch Baumaschinen haben zwar einen lokalen Einfluss auf die Eisdicke, aber sind insofern nicht schädlicher für den Gletscher als der normale Skibetrieb." Der Gletscher-Experte hält fest, dass Skipisten auf dem Gletscher als solche den Rückgang des Eises nicht beschleunigen. "Sie reduzieren die Schmelze aber auch nicht."

      Aber klar, durch den Bau von Skipisten auf dem Gletscher sei der Eingriff in die Natur stark, so Huss: "Grundsätzlich muss der Umwelt-Einfluss des Skitourismus im Hochgebirge natürlich kritisch betrachtet werden, da viel Infrastruktur in sonst unberührter und sensibler Natur besteht und der Betrieb Emissionen und lokale Verschmutzung verursacht." Aber er glaube, dass man versuchen könne, die nötigen Eingriffe in die Natur auf ein Minimum zu beschränken. "Bei einem Event im Herbst, wo noch wenig Schnee auf den Gletschern liegt, ist das natürlich viel schwieriger."

      Der Gletscher ist derweil bereit und im unteren Teil gehen die Arbeiten dank den kalten Temperaturen planmäßig voran. Julen rechnet in den nächsten Tagen mit natürlichem Schneefall. Hinsichtlich der Rennen im November ist er positiv gestimmt. Er freut sich und meint zum Abschluss des Gesprächs: "Zwei Drittel von der Piste haben wir Naturschnee. Ich kenne kein anderes Skirennen, wo nur ein Drittel künstlichen Schnee hat."