Politik

Bei Raucherdebatte ging es um "Leben oder Tod"

Der Streit um das Rauchverbot im Parlament war laut. Es ging um "Leben und Tod", die Regierung sei ein "Bondage-Club".

Heute Redaktion
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Ein verkühlter Strache kämpfte für sein "Zigaretterl".
Ein verkühlter Strache kämpfte für sein "Zigaretterl".
Bild: picturedesk.com

Dicke Luft herrschte am Mittwoch im Nationalrat: Die Debatte zur geplanten Aufhebung des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie verlief äußerst laut und untergriffig.

Die ÖVP warf der SPÖ vor, eine Show abzuziehen, weil die Genossen eine Dringliche Anfrage zum Rauchverbot gestellt hatten. "Sie haben den Gastwirten ihre Gastfreundlichkeit verboten", antwortete FP-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, die von einem "grauslichen Gesetz" sprach.

"Erbärmlich, was hier abgeht"

Den ersten emotionalen Auftritt legte der SPÖ-Abgeordnete Philip Kucher aus Kärnten hin, wo am Sonntag Landtagswahlen stattfinden: Jene 28 ÖVP-Abgeordneten, die eigentlich schon genau das Gegenteil beschlossen hatten – nämlich das komplette Rauchverbot in der Gastronomie - und dieses nun wieder aufheben sollen, täten ihm leid. "Das ist ja erbärmlich, was hier abgeht", echauffierte sich Kucher. "Wo ist denn die direkte Demokratie?", fragte er die Regierungsparteien aufgebracht. "Beenden wir diese peinliche Debatte. Lassen wir die Bevölkerung abstimmen!"

"Polemische Rede"



ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer warf dem SPÖ-Abgeordneten eine "polemische Rede" vor, rieb ihm aber im selben Atemzug auch unter die Nase, "dass Du ab und an gern rauchst". Es werde hier ein falscher Eindruck erweckt: Es bleibe ja eigentlich das Rauchverbot in der Gastronomie, ausgenommen in Extra-Räumen, bestehen. Zudem werde der Nichtraucherschutz gestärkt, denn man mache erstmals klar, "dass Jugendschutz vorgeht", argumentierte Nehammer.

"Wollen Sie das totale Rauchverbot?"



"Da wird bewusst sehr viel Propaganda betrieben", sprang Peter Wurm, Konsumentenschutzsprecher der FPÖ, seinem blauen Kollegen bei. Es gebe ja seit zehn Jahren ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, aber man habe eben eine Lösung gefunden "für ein friedliches und tolerantes Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern", verwies er auf die Ausnahmen – die laut Regierungsplänen nun weiter bestehen sollen. Die vorige Regierung habe ein "totales Rauchverbot" beschlossen, so Wurm: "Allein der Begriff ist schon sehr brutal. Ich frage Sie: wollen Sie ein totales Rauchverbot in Österreich haben?"



"Um Leben und Tod"


Bei der Debatte gehe es "um Leben und Tod", entgegnete NEOS-Klubchef Matthias Strolz, der wie immer auf 180 war. "Frau Gesundheitsministerin, was ist mit Ihnen? Sie sind für die Gesundheit verantwortlich", gab er sich fassungslos. "HC Strache und ich haben auch schon gemeinsam eine Zigarette geraucht", ließ Strolz wissen. "Aber ich bin verdammt noch mal hier ein Politiker und trage Verantwortung." Es sei "beklemmend, erbärmlich und verantwortungslos", was die Regierungsparteien machen: "Sie stellen parteipolitische Taktik über den Tod von zwei bis drei Passivrauchern in Österreich pro Tag."

"Habt's keine Cojones?"



Die Gegner der Aufhebung des Rauchverbots in den Reihen der ÖVP forderte Strolz etwas deftig auf, einen Aufstand im Klub zu machen und nicht mitzustimmen: "Habt's ihr cojones (Spanisch für Hoden, Anm.) oder nicht?" Die Regierung bezeichnete er als "Bondage-Klub", weil sich VP und FP gegenseitig in Sachen Volksabstimmung blockieren würden.



"Zigaretterl beim Wirt'n"


Schließlich musste sich Vizekanzler Strache trotz Verkühlung für die Rücknahme des Rauchverbotes in die Bresche werfen. „Wo bleibt die Freiheit des Einzelnen?" fragte Strache mit heiserer Stimme. Diese Freiheit gelte es zu verteidigen. „Man vergönnt vielen nicht einmal mehr das Zigaretterl beim Wirt'n nach der Arbeit", klagte der bekennende blaue Kettenraucher. Parteifreund Hans-Jörg Jenewein kassierte einen Ordnungsruf, weil er der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures sinngemäß riet, den Mund zu halten. Robert Lugar (FP) warf den Rauchgegnern "Kommunismus" vor, ohne die Attacke näher zu erklären.

"Die Blederen samma auch"

Auch Franz Schellhorn von den Neos rüttelte am Baum der Ordungsrufe. In Richtung ÖVP zitierte der Hotelier den bayrischen Schriftsteller Ludwig Thoma: „Die Mehrheit hamma, die Bledern samma auch". Die Regierungsbank reagierte empört, Schellhorn steckte zurück.



Die Opposition versuchte es natürlich auch mit Anträgen, die aber keine Aussicht auf Erfolg haben: Die NEOS beantragten eine Volksbefragung, die SPÖ brachte einen Entschließungsantrag gegen eine Aufweichung des Rauchverbots ein.

(GP)