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Berührende Rede von Timoschenko im Rollstuhl

Heute Redaktion
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Die ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ist nach ihrer Freilassung unter gewaltigem Jubel auf dem Maidan in Kiew empfangen worden. Zehntausende Menschen feierten die frühere Regierungschefin am Abend auf dem Unabhängigkeitsplatz wie eine Volksheldin.

Die ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ist nach ihrer Freilassung unter gewaltigem Jubel auf dem Maidan in Kiew empfangen worden. Zehntausende Menschen feierten die frühere Regierungschefin am Samstagabend auf dem Unabhängigkeitsplatz wie eine Volksheldin.

"Ehre den Helden", waren ihre ersten bewegten Worte in Richtung der Demonstranten, die seit Wochen für eine Wende im Land auftreten, mit zitternder Stimme. Kurz versagte ihre Stimme unter Tränen. Mit den Tränen kämpften auch viele Menschen auf dem Platz. Timoschenko forderte die Regierungsgegner zum weiteren Kampf gegen Präsident Viktor Janukowitsch auf: "Kämpft bis zum Ende!"
"Wir müssen es vollenden"

"Ihr habt kein Recht, den Maidan zu verlassen. Hört noch nicht auf", rief die ehemalige Ministerpräsidentin. Während ihrer emotionalen Ansprache saß die rückenkranke Timoschenko in einem Rollstuhl, in dem sie davor auf die Bühne getragen worden war. "Ihr müsst bleiben bis zum Ende, bis Politiker gewählt sind, die das Vertrauen verdienen. Wir müssen es vollenden. Ihr habt ein neues Land verdient. Erlaubt ihnen nicht, ein Land aufzubauen, das ihr nicht wollt", so Timoschenko.

Der "toten Helden" gedenken

Sie forderte eine Bestrafung für die Verantwortlichen am Tod Dutzender Regierungsgegner. Es gelte, das Andenken der Menschen zu ehren, die für die Freiheit der Ukraine gestorben seien, so die 53-Jährige. Als erstes war sie in die Protestzone im Zentrum der Millionenstadt gefahren, um der "toten Helden" zu gedenken.

"Ihr habt alles verändert"

Wie in einer Wahlrede warb sie um Vertrauen. "Ich werde die Garantin dafür sein, dass Euch niemand verrät und niemand Hinterzimmerabsprachen trifft", sagte sie. Die Revolutionspolitikerin will bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 25. Mai kandidieren. "Ihr seid die Kraft, die Garantie dafür, dass es keinen Weg zurück gibt. Ihr habt alles verändert - nicht die Diplomaten, nicht die Welt." "Wir müssen Janukowitsch und den Abschaum um ihn herum auf den Maidan bringen", forderte sie mit sich überschlagender Stimme.

"Die Helden sterben nie!"

Die Politikerin würdigte die über 80 Toten der vergangenen Tage: "Diese Jungen haben das Ende der Diktatur erreicht", sagte sie. Die Täter müssten bestraft werden. "Die Helden sterben nie!", rief Timoschenko, und die Menge antwortete in Sprechchören. "Ich habe daran gedacht, wie unsere Kinder auf der Straße standen und bereit waren, ihr Leben zu geben. Als Scharfschützen ihre Kugeln in die Herzen unserer Jugend feuerten, trafen sie auch unsere Herzen, und dort werden diese Wunden immer bleiben."

Timoschenko will zur EU

Immer wieder warnte sie davor, den Maidan jetzt zu räumen. "Wenn irgendjemand Euch sagt, Ihr sollt nach Hause gehen, traut ihm nicht, geht bis zum letzten Schritt!", sagte die Politikerin. Unmittelbar nach ihrer Ankunft in Kiew hatte Timoschenko bereits einen direkten Kurs auf die EU gefordert: "Ich bin überzeugt, dass die Ukraine in nächster Zeit Mitglied der Europäischen Union sein und das alles ändern wird." Janukowitsch hatte auf Druck Russlands eine EU-Annäherung auf Eis gelegt.

Die Rede wurde live im Fernsehen übertragen. Die Reaktionen unter den Demonstranten waren gemischt: Während viele die Ansprache begrüßten, pfiffen andere.

Timoschenko hatte erst am Samstagnachmittag das Krankenhaus in der östlichen Industriestadt Charkow (Charkiw) verlassen, wo sie seit ihrer Verurteilung zu einer siebenjährigen Haftstrafe 2011 die meiste Zeit in Gewahrsam gehalten wurde. Timoschenko ist eine der Galionsfiguren der Orangen Revolution von 2004/05. Sie ist eine der schärfsten Widersacherinnen von Präsident Janukowitsch, den das Parlament am Samstag nahezu zeitgleich mit der Entlassung der 53-Jährigen abgesetzt hat.