Experteninterview

"Besser gebildete Menschen haben häufiger Allergien"

Experte im "Heute"-Talk darüber, wieso die Pollensaison immer früher beginnt und es immer mehr Allergiker gibt – und was Bildung damit zu tun hat.
Heute Life
08.02.2025, 11:00
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Früher waren weniger Pollen – vor allem im Winter. Das ist keine Einbildung, sondern eine Tatsache. Das bestätigt auch Primar Dr. Christian Posch, Vorstand der Dermatologischen Abteilung der Klinik Hietzing, die auch Allergieabklärungen durchführt, im "Heute"-Interview: "Durch den Klimawandel werden die Ruhephase der Vegetation, in der eigentlich keine Pollen produziert werden, immer kürzer. Das wiederum versetzt die Pflanzen in Stress, sodass sie mehr Pollen produzieren."

In Wien beginnt der Pollenflug der Hasel. Die ersten Pflanzen an sonnigen Standorten zeigen bereits ihre Blühbereitschaft. Der Pollenflug ist derzeit zwar noch lokal begrenzt, dennoch sollten Betroffene schon jetzt aktiv werden.

Steigende Tendenz bei Pollenallergikern

Aber nicht nur die Pollen werden mehr. Auch bei der Anzahl der Pollenallergiker zeigt die Tendenz nach oben. Dafür gibt es laut Posch mehrere Gründe. Einerseits ist die Diagnostik besser geworden, sodass mehr Allergiker entdeckt werden und auch die Wahrnehmung für Allergien ist in der Bevölkerung besser geworden. Das bedeutet, Menschen lassen ihre Beschwerden eher medizinisch abklären. Hinzu kommen die Umgebungsfaktoren – also die gestressten Bäume und Sträucher, die mehr Pollen produzieren. Das erhöht die statistische Wahrscheinlichkeit, mehr Allergiker zu triggern.

Stadt-Land-Gefälle

"Außerdem beobachten wir ein Stadt-Land-Gefälle, also mehr Allergiker in der Stadt als in ländlichen Gebieten", so Posch. Woran das liegt, kann nicht mit der einen Antwort beantwortet werden. "Darüber gibt es verschiedene Hypothesen." Die bekannteste ist die Hygienehypothese, laut der ein Mangel an früher Kindheitsexposition gegenüber infektiösen Erregern, Mikroorganismen und Parasiten das Risiko für Allergien und Autoimmunerkrankungen erhöht, indem es die Entwicklung des Immunsystems beeinträchtigt. Einfach ausgedrückt, ist eine übertrieben klinisch saubere Umgebung nicht gut für unser Immunsystem – gerade im Kindesalter. Denn Allergien entwickeln sich zum allergrößten Teil in dieser Lebensphase. Eine Studie hat gezeigt, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, seltener Allergien entwickeln als Stadtkinder.

Allergierisiko steigt mit Bildungsstand

Posch erläutert Ergebnisse einer neuen Studie aus Luxemburg, wonach das Allergierisiko mit dem Bildungsstand steigt. Warum das so ist, kann wiederum nur vermutet werden. Nach Poschs Interpretation sind sich jene Menschen eher hygienischen Risiken bewusst und setzen höhere hygienische Maßnahmen.

Allergien sind nicht vererbbar, aber die Veranlagung dazu

Der Mediziner hält fest: "Niemand kommt mit einer Allergie auf die Welt. Eine Allergie ist nicht genetisch vererbbar. Je nachdem, ob die Eltern Allergiker sind, ist ein höheres oder niedrigeres Risiko genetisch übertragbar. Aber auch dann muss die Allergie nicht zwangsläufig ausbrechen. Selbst wenn beide Eltern Nichtallergiker sind, haben die Kinder kein Null-Risiko, sondern eben ein niedrigeres als andere Menschen."
Damit sich eine potenzielle Allergie entwickelt, muss man zunächst mit einer Substanz in Kontakt kommen. Und auch der erstmalige Kontakt führt noch nicht zu einer Allergie. Erst nach mehrmaligem Kontakt kann sich eine Allergie entwickeln, muss aber nicht. Ist das jedoch der Fall, gibt es keine Heilung, sondern man muss lernen, damit zu leben.

Therapieoptionen

"Bei Lebensmittelallergie kann man entweder die betreffenden Lebensmittel, die das betreffende Allergen enthalten, aus der Ernährung streichen oder mittels einer Desensibilisierungstherapie versuchen, die Toleranz des Körpers auf dieses Allergen zu erhöhen. Auch bei Pollen- und Gräser-Allergien werden häufig Desensibilisierungen gemacht – entweder mit Tabletten oder in Spritzenform."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 08.02.2025, 15:04, 08.02.2025, 11:00
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