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Bildung: Unsere Lehrer sind zu alt!

Heute Redaktion
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Bild: Picturedesk

Die OECD präsentierte am Dienstag in Paris die neue Studie "Bildung auf einen Blick 2014". Zu einem der wichtigsten Themen der Studie zählt die mangelnde Bildungsgerechtigkeit in Österreich. Diese Kritik wird seit Jahren laut - geändert hat sich nach Ansicht von Bildungsexperten noch zu wenig. Und: Unsere Lehrer sind im internationalen Vergleich zu alt.

Die OECD präsentierte am Dienstag in Paris die neue Studie "Bildung auf einen Blick 2014". Zu einem der wichtigsten Themen der Studie zählt die mangelnde Bildungsgerechtigkeit in Österreich. Diese Kritik wird seit Jahren laut - geändert hat sich nach Ansicht von Bildungsexperten noch zu wenig. Und: Unsere Lehrer sind im internationalen Vergleich zu alt.

Die Kritikpunkte der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa, sind keine Unbekannten: Eine , zu niedrige Schreib- und Lesekompetenzen bei Erwachsenen und überdurchschnittliche Lehrer-Gehälter bei geringer Unterrichtsverpflichtung.

Österreich holt bei Hochschul-Abschlussquoten auf

Österreich holt jedoch bei den Abschlussquoten im Hochschulbereich auf. Das zeigt die neue OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2014": Demnach werden hierzulande 39 Prozent eines Altersjahrgangs im Lauf ihres Lebens ein Studium abschließen - das liegt etwa im OECD-Schnitt. 1995 waren es in Österreich erst zehn Prozent (OECD: 20 Prozent). Die Akademikerquote bleibt indes vorerst weiter gering.

Grund für die unterschiedliche Entwicklung: Die Akademikerquote betrifft die 25- bis 64-Jährigen und zeigt den Anteil der Akademiker in dieser großen Altersgruppe. Bis die aktuellen Abschlussquoten auf die Akademikerrate durchschlagen, kann es Jahrzehnte dauern.

Der Anstieg der Abschlussquote im sogenannten Tertiärbereich A (Unis, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen) in Österreich (Daten aus 2012) dürfte auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein - etwa auf die Einführung der Fachhochschulen Mitte der 1990er Jahre sowie schnellere Studienabschlüsse (Bachelor) ab dem Beginn der 2000er Jahre. In allen anderen Staaten haben die Abschlussraten zwar ebenfalls zugenommen, allerdings (auch aufgrund des niedrigen Ausgangswertes in Österreich) meist nicht in gleichem Ausmaß.

Österreich muss in Bildung investieren

Kinder, die aus einem ökonomisch schwachen und bildungsfernen Haushalt kommen und noch dazu eine andere Erstsprache als Deutsch haben, haben die geringsten Chancen auf gute Bildung. Das würde Österreich mehr Geld kosten, als Investitionen in die Ausbildung von Jugendlichen.

Zwar liegt Österreich bei den Maturazahlen und Lehrabschlüssen traditionell über dem OECD-Schnitt, doch nur wenigen jungen Menschen gelingt es, einen höheren Schulabschluss als die eigenen Eltern zu erlangen. Ein Problem, von dem vor allem Frauen in Österreich betroffen sein dürften.

Lesen Sie weiter: Österreich als Land der alten Lehrer!

Zwischen 2002 und 2012 ist der Anteil von über 50-jährigen Lehrern im Sekundarbereich in Österreich im OECD-Raum am stärksten gestiegen. Laut der neuen Studie "Bildung auf einen Blick" gab es im Schnitt ein Plus von vier Prozentpunkten bei den Lehrern der Generation 50 Plus, in Österreich waren es 26.

Insgesamt waren 2012 in Österreich 45 Prozent der Sekundarlehrer 50 Jahre und älter, im Volksschulbereich waren es 36 Prozent. Zum Vergleich: Im OECD-Schnitt waren bei den Sekundarlehrern 36 Prozent über 50, im Primarbereich 30 Prozent.

Anreize schaffen

Es brauche "deutlich stärkere Anreize für junge Menschen", sich für den Lehrerberuf zu entscheiden, eine Erweiterung der Ausbildungsgänge für Lehrkräfte und erforderlichenfalls alternative Qualifizierungswege für Quereinsteiger.

Das hohe Alter einer steigenden Zahl der Pädagogen bringt dabei nicht nur Bedarf an mehr jungen Lehrern, die Abgänge ersetzen sollen, sondern hat auch Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte: So bestehe in den meisten Schulsystemen (so auch in Österreich) ein Zusammenhang zwischen den Gehältern der Lehrkräfte und der Anzahl der Berufsjahre. "Ein höherer Anteil älterer Lehrkräfte in der Lehrerschaft erhöht die Kosten der Schulbildung, was zu einer Beschränkung der Mittel führt, die für die Umsetzung anderer Initiativen auf Schulebene zur Verfügung stehen."

Gehälter größter Einzelposten

Lehrergehälter sind bei der formalen Bildung der größte Einzelposten bei den Kosten, gleichzeitig aber auch mit den Arbeitsbedingungen wichtige Faktoren zur Anwerbung kompetenter Lehrer. Die OECD warnt daher in der Studie vor weiteren Kürzungen der Gehälter, die seit der Finanzkrise 2008 im OECD-Schnitt über alle Bildungsbereiche im Schnitt um fünf Prozent zurückgegangen sind (Österreich war nicht von Kürzungen betroffen, Anm.).

So "sollte die Politik in ihrem Bemühen, sowohl die Qualität des Unterrichts als auch langfristig tragfähige Bildungshaushalte sicherzustellen, die Auswirkungen von Gehaltsveränderungen bei den Lehrkräften sorgsam abwägen".

Lesen Sie weiter: die Bildungsstudie im Detail!

Detailergebnisse für Österreich aus der veröffentlichten OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2014":

AKADEMIKERQUOTE: 2012 lag der Anteil der Hochschulabsolventen an der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren in Österreich bei 20 Prozent (OECD-Schnitt: 32 Prozent). Hinter Österreich liegen nur Türkei (15 Prozent), Italien (16), Chile, Mexiko (je 18) sowie Tschechien, Portugal und Slowakei (19). An der Spitze liegt Kanada (53 Prozent). (A1.3a)

AUSGABEN PRO SCHÜLER/STUDENT: In Österreich betrugen diese 2011 von der Volksschule bis zur Hochschule kaufkraftbereinigt pro Kopf durchschnittlich 13.116 US-Dollar (10.130 Euro) . Damit lagen sie weit über dem OECD-Schnitt von 9.487 Dollar. Gleiches gilt auch für die jeweiligen Einzelbereiche Kindergarten, Volksschule, Sekundarstufe und Hochschulen. (B1.1a)

BETREUUNGSVERHÄLTNIS: Vergleichsweise weniger Schüler als im OECD-Schnitt kommen in Österreich in der Volksschule und in der Sekundarstufe auf einen Lehrer. Im Primarbereich (Volksschule) treffen auf einen Pädagogen zwölf Schüler (OECD: 15), in der Sekundarstufe neun Jugendliche (OECD: 14). Lediglich im tertiären Bildungsbereich liegt das Verhältnis über dem Durchschnitt: Hierzulande kommen 17 Studenten auf einen Lehrenden (OECD: 14). (D2.2)

BILDUNGSAUSGABEN: Österreichs Bildungsausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung sind im Zehn-Jahres-Vergleich leicht gestiegen. Wurden 2000 noch 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildungseinrichtungen aufgewendet, waren es 2011 5,7 Prozent. Allerdings konnten die anderen OECD-Länder diesen Anteil wesentlich stärker steigern - im Schnitt von 5,4 Prozent 2000 auf 6,1 Prozent 2011. Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben hat sich in Österreich im gleichen Zeitraum ebenfalls leicht erhöht (von 10,7 auf 11,4 Prozent), liegt aber nach wie vor hinter dem OECD-Vergleichswert (2011: 12,9 Prozent). (B2.2. bzw. B4.2)

BILDUNGSMOBILITÄT: In Österreich gelingt ein sogenannter "Bildungsaufstieg" verhältnismäßig selten. Nur je 21 Prozent der 25-bis 34-jährigen Männer bzw. Frauen, die nicht mehr in Ausbildung sind, erreichten einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern - in der OECD sind es dagegen immerhin 28 Prozent der Männer und 36 Prozent der Frauen. (A4.4)

BILDUNGSNIVEAU: Der Anteil von Personen mit mindestens einem Abschluss der Sekundarstufe II (z.B. Matura, Lehre) an den 25- bis 64-Jährigen ist in Österreich seit 1997 von 74 Prozent (OECD: 64 Prozent) auf 83 Prozent im Jahr 2012 (OECD: 75 Prozent) gestiegen. Der Anstieg geht sowohl in Österreich als auch in der OECD auf das Konto der Hochschulen: Während der Anteil der Absolventen mit der Sekundarstufe II als höchstem Abschluss stagniert, ist der Anteil der Hochschulabsolventen stark gestiegen. (A1.2a bzw. A1.4.a)

HOCHSCHULABSCHLUSSQUOTE: Für Österreich prognostiziert die OECD, dass 51 Prozent eines Altersjahrgangs im Lauf ihres Lebens ein Hochschulstudium abschließen werden. Das ist leicht über dem OECD-Schnitt (48 Prozent). Betrachtet man nur die Hochschulen im engeren Sinn (Unis, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen), sind es 39 Prozent (OECD: 38 Prozent). (A3.2a)

INTERNATIONALE STUDENTEN: Mit 15 Prozent wies Österreich 2012 hinter Luxemburg (41 Prozent), Australien (18), Großbritannien (17), der Schweiz und Neuseeland (je 16) den sechsthöchsten Anteil internationaler Studenten an den eigenen Hochschulen auf (OECD: acht). Den Löwenanteil unter den ausländischen Studenten in Österreich machen Deutsche aus, deren Anteil im Vergleich zum Vorjahr erneut um einen Prozentpunkt auf 40,5 Prozent gestiegen ist. Zweitgrößte Gruppe sind die Italiener (10,3 Prozent). (C4.1, C4.3)

KLASSENGRÖSSE: 2012 saßen in Österreich im Schnitt in der Volksschule 18 Kinder in einer Klasse (OECD: 21), nur in Estland, Griechenland, Luxemburg, der Slowakei und Lettland waren es noch weniger. Im Sekundarbereich I (AHS-Unterstufe, Hauptschule/Neue Mittelschule) lag die durchschnittliche Klassengröße bei 21 Schülern (OECD: 24), damit liegt Österreich im Mittelfeld. (D2.1)

LEHRERGEHÄLTER: Pädagogen verdienen in Österreich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen mehr als im OECD-Schnitt. Lag 2012 bei Volksschullehrern schon das Einstiegsgehalt mit rund 32.600 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr über dem OECD-Schnitt (29.400), ist der Abstand beim Höchstgehalt mit rund 64.100 noch größer (OECD: 46.900). Ähnlich verhält es sich in der Sekundarstufe I (Ö: rund 34.100 Start-, rund 66.500 Endgehalt; OECD: 30.700 bzw. 48.900) und der Sekundarstufe II (Ö: 34.600 bzw. 69.400; OECD: 32.300 bzw. 51.700). Im Vergleich zu anderen Akademikern stehen Lehrer in Österreich dagegen nicht so gut da: So verdient ein Lehrer in der Volksschule gerade einmal 55 Prozent vom durchschnittlichen Akademiker-Gehalt, in der Sekundarstufe I sind es 60 und in der Sekundarstufe II 61 Prozent (OECD: 85 bzw. 88 und 92 Prozent). (D3.1, D3.2)

PRIVATE BILDUNGSAUSGABEN: Der Anteil der privaten Ausgaben für Bildungseinrichtungen liegt in Österreich trotz starker Steigerungen (2000: sechs Prozent) bei lediglich 8,9 Prozent (OECD: 16,1 Prozent). Dies ist vor allem auf den Hochschulsektor und das Fehlen von Studiengebühren zurückzuführen: 2011 betrug der Privatanteil im Tertiärbereich in Österreich 13,1 Prozent (2000: 3,7 Prozent), in der OECD dagegen 30,8 Prozent (2000: 24,7 Prozent). (B3.1, B3.2a, B3.2c)

SCHÜLER AN PRIVATSCHULEN: In allen Altersgruppen liegt der Anteil der Privatschüler in Österreich unter dem durchschnittlichen OECD-Niveau. Sechs Prozent der Volksschüler besuchten 2012 eine private Bildungseinrichtung (OECD: 11). Im Laufe der AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule (Sekundarbereich I) saßen neun Prozent in Privatschulen (OECD: 14), an Höheren Schulen (Sekundarbereich II) waren es zehn Prozent (OECD: 19). (C7.1)

STUDIENANFÄNGERQUOTE: 2012 begannen in Österreich 70 Prozent eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium (OECD: 76 Prozent). Betrachtet man nur die Hochschulbildung im engeren Sinn (Unis, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen), betragen die Anfängerquoten 53 (Österreich) bzw. 58 Prozent (OECD), ohne internationale Studenten sind es in Österreich 41 Prozent. (C3.1)

UNTERRICHTSZEIT - LEHRER: Österreichs Pädagogen müssen weniger Stunden im Jahr unterrichten als im OECD-Schnitt: Im Primarbereich ist der Unterschied noch verhältnismäßig gering (Ö: 779 Stunden, OECD: 782), im Sekundarbereich I beträgt er hingegen 87 Stunden (Ö: 607, OECD: 694), in der AHS-Oberstufe sind es 66 Stunden (Ö: 589, OECD: 655). Die Zahl der Arbeitstage liegt in Österreich mit 180 in allen Schulformen ebenfalls etwas unter dem OECD-Schnitt (183 im Primarbereich, 182 in der Sekundarstufe I und 180 in der AHS-Oberstufe), die nur für Pflichtschullehrer definierte Jahresarbeitszeit indes darüber (Ö: 1.776; OECD: 1.649 für Volksschule und Sekundarstufe I, 1.643 für Sekundarstufe II). (D4.1, D4.2)