Welt

Bis 150 Männer gefressen – tödlichste Haiattacke jemals

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs wurde die USS Indianapolis von japanischen Torpedos getroffen. 900 Mann überlebten. Dann kamen die Haie.

Von der Explosion und dem Blutgeruch angelockt erschienen Hunderte Haie an der Unglücksstelle.
Von der Explosion und dem Blutgeruch angelockt erschienen Hunderte Haie an der Unglücksstelle.
REUTERS

Haiattacken auf Menschen sind extrem selten. Doch wenn sie passieren, sorgt das meist weltweit für Schlagzeilen. Meist sind es Einzelpersonen, die von einem einzigen Hai angegriffen werden. Das liegt daran, dass Haie für gewöhnlich Einzelgänger sind, die auch alleine jagen. Doch wenn sich die Gelegenheit bietet, tauchen Haie auch im Rudel auf, was einen fatalen Fressrausch zur Folge haben kann.

So geschah es in den Stunden und Tagen nach dem Sinken der USS Indianapolis Ende Juli 1945 im Pazifik. Das Kriegsschiff der United States Navy hatte kurz zuvor Uran und anderes Material für den Bau der ersten in einem Krieg verwendeten Atombombe auf die Insel Tinian geliefert. Die Little Boy genannte Bombe wurde später auf Hiroshima abgeworfen. Nach ihrem Auftrag befand sich die Indianapolis auf dem Weg zu den Philippinen.

Überraschender Angriff auf die USS Indianapolis

Dann trafen kurz nach Mitternacht am 30. Juli zwei Torpedos des japanischen U-Bootes I-58 die Indianapolis und beschädigten sie so schwer, dass sie in nur zwölf Minuten sank. Von 1195 Mann an Bord wurden rund 300 mit ihr in die Tiefe gerissen. Etwa 900 Marineangehörige blieben im Pazifik zurück. Da kaum Rettungsboote den Untergang der Indianapolis überstanden, trieben die meisten von ihnen im offenen Meer.

Hunderte Männer, die mitten im Ozean verzweifelt versuchten, sich über Wasser zu halten, waren leichte Beute für Haie. Zuerst machten sich die Raubtiere über die Toten und Verletzten her. Und von denen gab es zunehmend mehr. Denn es gab kein Trinkwasser und kaum etwas zu essen, außer einigen Portionen Dosenfleisch und Biskuits. Manche, die aus lauter Hilflosigkeit Salzwasser tranken, starben an Hypernatriämie, also an zu viel Salz im Blut. Wer nicht trank, lief Gefahr zu verdursten. Und während es tagsüber brütend heiß war, starben viele in der Nacht an Unterkühlung.

Erinnerung an markerschütternde Schreie

Überlebende berichteten, dass ihre Kameraden direkt an der Wasseroberfläche von Haien angegriffen wurden, weshalb man davon ausgeht, dass es sich bei den Angreifern um Weißspitzen-Hochseehaie gehandelt haben dürfte, die sich bevorzugt in den warmen Wasserschichten nahe der Oberfläche aufhalten. Einige der Seeleute könnten auch von Tigerhaien attackiert worden sein.

"Schon am ersten Morgen hatten wir Haie", erzählte einer der Überlebenden, Corporal Edgar Harrell, 2014 dem "Indianapolis Star": "Wenn Männer von der Gruppe abgetrieben wurden, nahmen sie die Haie ins Visier. Du hörst einen markerschütternden Schrei, dann verschwindet der Körper im Wasser und etwas später poppt die Schwimmweste wieder auf." Die Haie steigerten sich angesichts der reichen Beute in einen regelrechten Fressrausch.

    Der Fischer selbst glaubt, es handle sich um einen "Zigarrenhai".
    Der Fischer selbst glaubt, es handle sich um einen "Zigarrenhai".
    ©Wikipedia

    "In einen Fressrausch verfallen Haie typischerweise, wenn es plötzlich einen Überfluss an Nahrung gibt, etwa wenn ein Fischschwarm in einem kleinen Bereich gefangen ist", erklärte Nico Booyens, Meeresbiologe und Forschungsleiter der Shark Research Unit in Südafrika, auf Livescience.com. "Der Geruch von Blut und das wilde Herumschlagen der Beute können den Fressrausch auslösen." Dabei würden Haie aus allen Richtungen herbeiströmen, sehr aggressiv werden und sich auch gegenseitig attackieren. Unter diesen Umständen hatten die Seeleute der USS Indianapolis keine Chance gegen die über drei Meter langen Weißspitzen-Hochseehaie. Gegen 150 Mann wurden von den Haien gefressen, wobei einige zu diesem Zeitpunkt wohl schon tot waren.

    316 Mann von der USS Indianapolis überlebten

    Die Attacken der Haie dauerten vier Tage an. So lange brauchte es, bis Flugzeuge der U.S. Navy die Schiffbrüchigen entdeckten. Zwar hatte die Crew der Indianapolis noch einen Notruf abgesetzt, die Verantwortlichen hielten diesen allerdings für eine Falle der Japaner. In der Folge wurden Nahrung, Wasser und Rettungsflossen für die Überlebenden abgeworfen, wobei ein Floss kaputtging und andere viel zu weit von den Überlebenden ins Wasser fielen.

      An der Küste der irischen Grafschaft Wexford wurde ein seltener Hai angespült. Von einem Schweizer Touristen gefunden, reisten mehrere Biologen (im Bild) schnellstmöglich an, um das Tier zu suchen.
      An der Küste der irischen Grafschaft Wexford wurde ein seltener Hai angespült. Von einem Schweizer Touristen gefunden, reisten mehrere Biologen (im Bild) schnellstmöglich an, um das Tier zu suchen.
      Twitter/Jenny Bortoluzzi/Kevin Purves

      Schließlich landete ein Pilot gegen die Vorschrift in den hohen Wellen des Pazifik sein Wasserflugzeug und holte so viele Überlebende an Bord, wie im Flugzeug Platz hatten. Weitere wurden auf die Flügel gebracht und dort mit Fallschirmschnur festgezurrt. Insgesamt 59 Männer konnten so den Haien entkommen, auch wenn das Flugzeug so nicht mehr starten konnte. Sie wurden schließlich, wie die restlichen Überlebenden, von der USS Cecil J. Doyle aufgenommen. Am Ende waren es noch 316 Mann.

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