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Brexit: Was Sie jetzt wissen müssen

Großbritannien hat sich gegen einen Verbleib in der EU ausgesprochen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Brexit.

Heute Redaktion
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Ist ein Austrittsreferendum auch für Österreich denkbar (Öxit)? Ein Dominoeffekt ist jetzt in jedem Land denkbar, also auch in Österreich. in einer ersten Reaktion: Auf Nachfrage zu den Auswirkungen des "Brexit" auf Österreich führte Bundeskanzler Kern an, dass er vor allem für die Rolle Europas in der Welt eine Schwächung erwarte. "Ich befürchte keinen Dominoeffekt, wir werden in Österreich mit Sicherheit kein Referendum ansetzen. Es geht jetzt vielmehr darum, wie wir es schaffen, dass das europäische Projekt bei den Menschen ankommt. Unsere Aufgabe ist es, aus dieser Entwicklung zu lernen und klare Konsequenzen zu ziehen", so der Bundeskanzler. Die FPÖ hingegen drohte am Freitag in einer Aussendung erneut mit einer Abstimmung, sollte die EU "an ihrer Reformunwilligkeit weiter erlahmen und auch noch Länder wie die Türkei hereinholen". Sollte FPÖ-Chef Strache tatsächlich Kanzler werden, so wäre ein solches Referendum in Österreich durchaus denkbar. Die FPÖ als strikter EU-Gegner hatte mit Verweis auf direkte Demokratie bereits oft mit einem Referendum gedroht. Sätze, wie: "Die Österreicher müssten die Möglichkeit haben, ein Plebiszit zu erzwingen", klingen heute schriller denn je. Wenn die EU sich "zu einem zentralistischen Superstaat" entwickele, würde als letzte Konsequenz für Österreich nur der EU-Austritt über bleiben, so Strache in einem Interview 2013. "Da wäre mir dann ein Bündnis mit der Schweiz lieber."
Wie sieht es mit Österreichs Handelsbeziehungen mit Großbritannien aus? Für Österreich ist mit leichten Export-Einbußen zu rechnen, immerhin zählt Großbritannien mit Rang 8 zu den Top-10 der wichtigsten Zielmärkten heimischer Exporteure, allerdings eher in Nischenmärkten. Auf lange Sicht werde der Schaden für die österreichische Volkswirtschaft allerdings wahrscheinlich gering ausfallen. Laut Schelling würde Österreich nun einen Assoziationsverträge mit Großbritannien für einen reibungslosen Warenaustausch unterschreiben müssen. 
Wie geht der Austrittsprozess jetzt vor sich? Einfach wird es nicht. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Vereinigte Königreich von Juli bis Dezember 2017 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen sollte.  Alle EU-Verträge bleiben bis zum Ende der Verhandlungen in Kraft. Premier David Cameron tritt im Oktober zurück.
Muss Österreich jetzt mehr in den EU-Topf einzahlen? Laut EU-Kommission zahlte Österreich 2014 durchschnittlich 146 Euro pro Kopf an die EU. Laut Expertenschätzungen kommt auf Österreich ein zusätzlicher jährlicher Mitgliedsbeitrag von bis zu 150 Millionen Euro zu, wenn die Nettozahlungen der Briten einfach aus dem EU-Topf gestrichen werden und EU-Staaten wie Griechenland und Kroatien endlich damit beginnen, ihre systematische Korruption zu bekämpfen. 
Werden Reisen nach Großbritannien jetzt billiger? Reisen nach Großbritannien für uns Österreicher jetzt so billig wie schon lange nicht mehr, weil der Pfund so tief wie lange nicht mehr gefallen ist. Man kann jetzt dort viel billiger einkaufen, etwa Computer oder andere Waren. Sollte das britische Pfund dauerhaft an Wert verlieren, dann werden Auslandsreisen für die Briten teurer. Rund 800.000 Briten machten im Vorjahr in Österreich Urlaub. Die Gefahr, dass die Besucherzahlen sinken könnten, ist realistisch. 
Was ändert sich bei Flügen auf die Insel? Britische Airlines können nicht mehr automatisch alle EU-Ziele anfliegen. Flugrouten müssen neu verhandelt werden. Ryanair- Flüge etwa könnten teurer werden. Die Lufthansa sieht "beherrschbare Auswirkungen."
Bleiben die Roaming-Gebühren in Großbritannien? Innerhalb der EU sollen die Roaming-Gebühren für Handys ja entfallen. Nach dem Brexit würde diese Regel nicht mehr für das Vereinigte Königreich gelten. 
Braucht man zum Einreisen nach Großbritannien künftig einen Pass? Grenzkontrollen gibt es auch bisher schon, denn Großbritannien gehört nicht zum Schengen-Raum. Österreichische Urlauber könnten nach dem Brexit  nicht mehr nur mit einem Personalausweis nach Großbritannien reisen, sondern brauchen wohl wieder einen Reisepass. Dass eine allgemeine Visums-Pflicht für EU-Bürger eingeführt wird, gilt als unwahrscheinlich - die bürokratischen Hürden wären zu hoch. 
Wie trifft der Brexit Österreicher in Großbritannien? Rund 25.000 Österreicher leben in Großbritannien. Ihre Arbeitserlaubnis ist vorerst nicht in Gefahr.
Was ändert sich für österreichische Studenten in Großbritannien? Pro Jahr nehmen rund 500 Studenten aus Österreich am Erasmus- Austauschprogramm teil. Dessen Zukunft entscheidet sich in Verhandlungen zwischen EU und Großbritannien. Plus: EU-Bürger zahlen max. 9.000 Pfund pro Jahr Studiengebühr. Nach dem Austritt wird sich dieser Betrag auf 17.712 Pfund verdoppeln.
Der Schweizer Franken ist im Hoch. Was heißt das für Fremdwährungskredite? Für Häuslbauer mit Frankenkrediten wird’s teurer. Die Schweizer Notenbank wird aber versuchen, durch Interventionen am Devisenmarkt den Kursanstieg zu bremsen, erwartet die Agenda Austria.
Bringt der Brexit den Euro in Gefahr? Spanien, Italien oder Frankreich und ihre Politik, die auf mehr Schuldenmachen setzt, bekommen ein deutlich größeres Gewicht.
Wird bei der EU weiter Englisch gesprochen? Englisch bleibt eine der 24 Amtssprachen. Mit Irland und Malta ist auch in zwei EU-Ländern Englisch Amtssprache.
Verlieren Serien wie "Game of Thrones" ihre EU-Förderungen? Der EU-Fonds für regionale Entwicklung hat die teils in Nordirland gedrehte US-Serie gefördert. Aber: In den vergangenen Staffeln sind keine Mittel daraus mehr geflossen.
Ändert die EU jetzt ihre Zwölf-Sterne-Fahne? Nein. Die zwölf gelben Sterne auf blauem Grund stehen nicht für die Mitgliedstaaten der EU, sondern gelten als Symbol der Vollkommenheit.
Gibt es durch den Wegfall der Briten Veränderungen in der Verteidigungspolitik? Die Briten haben stets eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik blockiert. Ohne sie könnte es deutlich einfacher werden, Zukunftsprojekte wie eine europäische Armee voranzubringen. Auch der von einigen Staaten angestrebte Ausbau der Wirtschafts- und Währungsunion könnte leichter verwirklicht werden.
Werden wir weniger Handel mit Dienstleistungen aus Großbritannien leben? Der Finanzplatz London lebt auch davon, dass dortige Finanzprodukte automatisch in der EU zugelassen sind und gehandelt werden können. Dieser Handel wird vom Brexit behindert. Einige Banken überlegen, ihr Geschäft auf der Insel zu verkleinern.     
Was passiert mit den Schotten? Die Schotten, die erst 2014 über ihren Verbleib im Vereinigten Königreich abgestimmt haben, wollen in der EU bleiben. Sie denken jetzt über eine erneute Unabhängigkeitswahl in Schottland nach.