Österreich

Bringt dubioser Kronzeuge "Drogen-Baron" Freiheit?

Heute Redaktion
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Das Verfahren gegen Boban J. (37) wird für die Behörden zum Pleiten-, Pech- und Pannenfall. Nach zu langsamen Ermittlungen gibt es nun auch noch Zweifel an der Zuverlässigkeit eines Kronzeugen.

"Heute"-Lesern ist der Fall des 37-jährigen gebürtigen Serben bereits gut bekannt: Mit Drogenhandel im allergrößten Stil soll sich der dreifache Familienvater seit März 2016 ein Millionenvermögen "erdealt" haben. In Ermittlerkreisen wird er gar als Österreich-Version des legendären Pablo Escobar tituliert. Im Jänner, dies erfuhr "Heute", müssen sich der Verdächtige und seine mutmaßlichen Bandenmitglieder einem Geschworenenprozess stellen. Doch die Anklage steht auf tönernen Beinen.

"Kronzeuge" ist zweifelhafte Person

Denn wie jetzt bekannt wurde, entwickelt sich der "Kronzeuge" in der Causa des Drogenbarons zu einer immer dubioseren Figur. Der Informant soll die Kripo auf die Spur des Verdächtigen gebracht und bei den Beamten angegeben haben, Boban J. soll es mit Cannabisverkauf zum Millionär gebracht haben. Erstaunlich ist, was in der Folge passierte: Der Mann wurde von der Polizei nicht als Zeuge einvernommen und als Vertrauensperson der Behören registriert. Wie die APA nun berichtet, geschah dies, da der Beamte den "Kronzeugen" schon länger kennt und ihn selbst als "nicht ausreichend zuverlässig" qualifizierte – dies hielt der Polizist sogar in einem Amtsvermerk fest.

Justiz schon im Februar blamiert

Dies ist nicht der erste Selbstfaller der Fahnder in der Causa Boban J. Bereits seit Ende September 2017 ermittelt die Kripo gegen ihn und seine Hintermänner. Im Juni 2018 klickten für den dringend tatverdächtigen Bandenboss die Handschellen. Seither saß er im Wiener "Landl" in einer Zelle. Anfang Februar dieses Jahres musste Boban J. – wie berichtet – völlig überraschend freigelassen werden. Sein Anwalt hat die Justiz damals mit einem juristischen Kunstkniff bis auf die Knochen blamiert. Für Menschen, die in U-Haft sitzen, sieht die Strafprozessordnung nämlich ein "Beschleunigungsgebot" vor.

So soll verhindert werden, dass Verdächtige, für die selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, zu lange mit Freiheitsentzug bestraft werden. Sie könnten ja völlig schuldlos sein. So ein Fall ist auch Boban J. Und das, obwohl ihm die Polizei die Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie Suchtgiftanbau und -schmuggel im allergrößten Stil anlastet. In einem Verschlussakt, der "Heute" vorliegt, ist von 3,7 Tonnen Marihuana die Rede.

Das Luxusleben des "Drogenbarons"

Damit soll die Bande um Boban J. stolze 18,77 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Alles nur blühende Phantasie? Unklar. Fakt ist: Der Hausarbeiter mit 2.000 Euro Nettolohn besitzt zwei Villen und eine 600.000 Euro teure Uhr. Er fährt Mercedes, Ferrari und Rolls-Royce. Für Elmar Kresbach, einen der beiden Verteidiger in dem Verfahren, dürfte genau dieses "Jetset-Leben" der Hintergrund für die Anschuldigungen sein, wie er der APA sagte: "Aus Neid, weil er einen Ferrari und einen Rolls Royce gehabt hat. Das ist ein aufgeblasener Akt." Er geht sogar so weit zu sagen, dass sich die "polizeilichen Berichte gezielt gegen eine Bevölkerungsgruppe gerichtet" hätten. Der Deckname lautete, wie "Heute" in Erfahrung bringen konnte, tatsächlich "Operation Roma".

Wie stichhaltig die Anschuldigung um die Haschisch-Deals tatsächlich sind, müssen Geschworene im Jänner beurteilen. Für Boban J. und seine Hintermänner gilt die Unschuldsvermutung.