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Über 400 Verletzte bei Massenprotesten

In Rumänien haben Zehntausende gegen Korruption demonstriert. Es kam zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei.

Heute Redaktion
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Bei regierungskritischen Massenprotesten sind in Rumänien mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße gegangen. Die Menge rief Parolen wie "Gerechtigkeit statt Korruption!" und verlangte den Rücktritt der von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung.

Außerdem forderten sie die Rücknahme jüngst beschlossener Gesetze, die prominente Politiker vor Strafverfolgung wegen Korruption schützen sollen.

Zu den Märschen aufgerufen hatten erstmals Auslandsrumänen, von denen viele den Sommer in der Heimat verbringen. Es waren die seit Monaten massivsten Proteste gegen die sozialliberale Regierung, die aus Sicht der Demonstranten bis ins Mark korrupt ist.

Am Rande der Demonstration in der Hauptstadt Bukarest kam es am Freitagabend zu Zusammenstössen mit der Polizei, die Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Mindestens 440 Menschen mussten ärztlich versorgt werden, 65 von ihnen in Krankenhäusern.

Ein paar Dutzend Vermummte versuchten abends, den Regierungssitz zu stürmen - worauf die Polizei gegen die Demonstranten vorging. Unter den Verletzten waren auch 24 Polizisten. Die Polizei nahm 33 Personen fest und erstattete gegen acht von ihnen Strafanzeige.

Korrupte Politiker

Anfang Juli war die angesehene Sonderstaatsanwältin Laura Kövesi auf Betreiben der Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila entlassen worden. Kövesi hatte zahlreiche Politiker der Korruption überführt und ins Gefängnis gebracht.

Dancila gilt wiederum als Marionette des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea. Er kann derzeit nicht selbst Regierungschef werden, weil er wegen der Manipulation von Wahlen vorbestraft ist. Er ist zudem in erster Instanz wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch verurteilt worden.

Seit Februar 2017, als die PSD-Regierung mit einer ersten Eilverordnung die Korruptionsbekämpfung erschweren wollte, gehen Rumäniens Bürger immer wieder in großer Zahl auf die Straße. Zuletzt war aber die Protestbewegung abgeflaut. Die Kundgebungen am Freitag waren die größten seit Monaten.

In die Zusammenstöße geriet auch ein Kamerateam des österreichischen Fernsehens ORF. Wie der vor Ort anwesende Korrespondent Ernst Gelegs in der Nachrichtensendung "ZIB 24" berichtete, misshandelten Polizisten seinen Kameramann mit Schlagstöcken. Ihn selbst drückten Beamte mit Schutzschildern gegen eine Mauer.

"Völlig unverhältnismäßig"

Staatspräsident Klaus Iohannis verurteilte Polizeigewalt. "In einer echten Demokratie hat jeder das Recht zu demonstrieren, doch ist Gewalt – unabhängig von den politischen Ansichten – inakzeptabel", schrieb der bürgerliche Politiker in der Nacht zum Samstag auf seiner Facebook-Seite.

Das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten in Bukarest sei "gemessen am Verhalten der Mehrheit der Demonstranten völlig unverhältnismäßig" gewesen. (red)