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BVT-Mitarbeiter nennt Vorwürfe "Schwachsinn"

Fakten, Vorwürfe und Hintergründe: Hier finden Sie alles, was Sie über den zweiten Verhandlungstag des BVT-U-Ausschusses wissen müssen.

Heute Redaktion
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Täglich erreichen neue Informationen über die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung das Licht der Öffentlichkeit.
Täglich erreichen neue Informationen über die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung das Licht der Öffentlichkeit.
Bild: picturedesk.com

Der Untersuchungsausschuss rund um die umstrittene Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ging am Mittwoch in seine zweite Runde. Geladen waren erneut mehrere BVT-Mitarbeiter, darunter auch die Rechtsbeauftragte, der IT-Fachmann des BVT und der mittlerweile entlassene Nachrichtendienstleiter des Geheimdienstes. Die Zeugen sparten bei ihren Befragungen nicht mit teilweise schwerwiegenden Vorwürfen in Richtung des Innenministeriums und der Staatsanwaltschaft.

Das brachte Tag 2 des BVT-U-Ausschusses

Der zweite Tag des Ausschusses startete mit der Einvernahme der Rechtsbeauftragten K. des BVT, die jedoch gleich zu Beginn der Befragung klarstellen ließ, dass sie aufgrund von Geheimhaltungsstufen und Sicherheitsbedenken über viele BVT interne Vorgänge nicht öffentlich sprechen könne.

Nichts desto trotz sprach die Rechtsbeauftragte dann relativ offen über die Vorgänge im BVT. Interessante Details: K. bestätigte, dass sich sowohl der Direktor des BVT, Peter Gridling, als auch dessen Stellvertreter zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung nicht im BVT befunden hatten. Auch sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt noch im Innenministerium gewesen, bis sie von der laufenden Hausdurchsuchung in ihrem Amt erfahren habe.

K. bestätigte ebenfalls, was bereits Zeugen am ersten Ausschusstag kritisiert hatten: Auf dem Hausdurchsuchungsbefehl fehlten sowohl die Unterschrift des Journalrichters, der die Razzia erst am Vorabend um 22:30 anscheinend ausschließlich mündlich (!) genehmigt hatte, als auch jene der Staatsanwältin. Eine Tatsache, die vor allem in Bezug auf die Staatsanwältin unverständlich wirkt, immerhin war diese während der gesamten Hausdurchsuchung vor Ort und hätte den Durchsuchungsbefehl also jederzeit unterfertigen können.

Ausschluss aus EU-Geheimdienst-Gruppe wurde debattiert

Die Befragung der Rechtsbeauftragten lieferte schließlich erneut pikante Details über das Nachspiel der BVT-Affäre. Peter Pilz ließ K. ein internes Mail des BVT Direktor Gridling vorlegen, in dem dieser eindringlich vor einer "drohenden Suspendierung" aus der sogenannten Berner-Gruppe (ein informeller Zusammenschluss der EU-Inlandsgeheimdienste inklusive Schweiz und Norwegen, Anm.) warnte. Gridling widerspricht damit aber seinen eigenen späteren Aussagen und jenen des Bundeskanzlers Sebastian Kurz (VP), wonach es nie zu einer Einschränkung in der Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten gekommen wäre.

K. wollte diese Befürchtungen Gridlings zwar nicht direkt kommentieren, die Hausdurchsuchung habe aber auch durchaus "negative Auswirkungen" und einen "Reputationsschaden des BVT" zur Folge gehabt. Aus ihrer Perspektive sei die Hausdurchsuchung im Hinblick auf die Vorwürfe sowieso "überschießend" gewesen, auch weil die Vorwürfe "alle schon alt" gewesen seien und in keinem Fall einen dringenden Tatverdacht ergeben hätten.

IT-Beauftragter: Vorwürfe sind "Schwachsinn"

In eine ähnliche Kerbe schlug kurz darauf auch der IT-Beauftragte des BVT, als er erklärte, dass für ihn der Verweis auf "Gefahr in Verzug" in Bezug auf die BVT-Razzia schlichtweg "schwachsinnig" sei. Zur Information: Die Staatsanwaltschaft hatte die plötzliche Hausdurchsuchung auch mit der Angst gerechtfertigt, dass das BVT "auf Knopfdruck" Daten löschen könne - selbst von außerhalb des Amtsgebäudes aus. Diesen Vorwurf will der IT-Beauftragte des Amtes aber nicht gelten lassen. Eine derartige Fernlöschung sei schlichtweg unmöglich, da auch diese sofort automatisch dokumentiert werden würde.

Der IT-Spezialist des BVT bekräftigte, was auch die Zeugen am ersten Tag des Ausschusses bereits anklingen hatten lassen: Die Hausdurchsuchung sei "nicht professionell durchgeführt" worden, außerdem hätten die ausführenden Beamten offensichtlich nicht einmal gewusst, was sie eigentlich hätten mitnehmen sollen.

Stattdessen hätte man "einfach alles mitgenommen" in der Hoffnung auf einen "Zufallsfund". Für den BVT-Mitarbeiter, der selbst schon bei mehreren Hausdurchsuchungen mitgewirkt hatte, ist dieses "schlampige" Vorgehen aber absolut unbegreiflich. Überhaupt hätte er nicht geglaubt, dass "so etwas (wie die Hausdurchsuchung, Anm.) in einem Rechtsstaat überhaupt möglich" sei.

Beschuldigter: "Anschuldigungen aus der Luft gegriffen"

Zum Abschluss des zweiten Tages wurde der inzwischen entlassene Ex-BVT-Beamte P. befragt. Gleich zu Beginn erhob auch dieser schwere Vorwürfe in Richtung der Staatsanwaltschaft. Jenes anonyme Anzeigen-Konvolut, welches letztlich zur Razzia geführt hatte, sei "vollkommen aus der Luft gegriffen". Auch wundere ihn die Tatsache, dass es jetzt so scheine, als ob nur noch gegen ihn ermittelt werde und das, obwohl er im Konvolut kaum vorkommen würde. "An mir sollte ein Exempel statuiert werden", mutmasst P. in diesem Zusammenhang. Im Großen und Ganzen will sich P. aber "korrekt verhalten" haben.

Wechselhafte Stimmung im Ausschusslokal

Grundsätzlich herrschte an beiden Verhandlungstagen ein eher entspanntes Arbeitsklima im Ausschusslokal, mitunter gab es sogar etwas zu lachen. Ein humoristisches Highlight des zweiten Ausschusstages: Ein Zeuge erklärte, dass die EGS-Beamten außer vereinzelten "Plastiksackerln" nichts dabei hatten, um die "Unmengen" an Datenträgern abzutransportieren, die man eigentlich hätte mitnehmen wollen. Beim Betreten des Serverraumes sei den EGS-Beamten dann aber "das Gesicht komplett eingeschlafen", als sie die Unmöglichkeit ihres Vorgehens begreifen mussten.

Verwirrung um "lauschende" Kickl-Mitarbeiterin

Ein ungewöhnlicher Gast des U-Ausschusses sorgte am zweiten Verhandlungstag für kurzzeitige Verwirrung bei den anwesenden Journalisten. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ließ nämlich kurzerhand Kabinettsmitarbeiterin Elke Nebenführ als "Journalistin" getarnt im Ausschusslokal "mithorchen". Eigentlich ist dies aber verboten. Die Sitzungen des Ausschusses sind nämlich nur "medienöffentlich", das bedeutet, dass nur mit gültigem Presseausweis Einlass gewährt werden sollte. Für die Opposition ist dieser Lauschangriff ein "absolut unzulässiger Vorgang", wie es Jan Krainer von der SPÖ beschrieb. Gemeinsam mit der Ausschussvorsitzenden und Nationalratspräsidenten Doris Bures will man jetzt die Zugangsregeln zum Ausschusslokal überarbeiten.

Opposition sieht Befürchtungen bestätigt

Für Stephanie Krisper von den Neos sind die ersten beiden Verhandlungstage aus Sicht der Opposition bislang ein voller Erfolg. „Die bisherigen Befragungen war sehr aufschlussreich, aber auch schockierend. Wir wurden darin bestätigt, dass die Hausdurchsuchung im BVT extrem stümperhaft verlaufen ist. Dadurch wurde die Arbeit des Geheimdienstes lahmgelegt und die Sicherheit in Österreich massiv gefährdet", so Krisper zu "Heute".

Auch Listengründer Peter Pilz zeigte sich mit den ersten beiden Ausschusstagen "sehr zufrieden". Seine Bilanz: "Was die Aufklärung betrifft, fällt sie erfreulich aus. Was die Erkenntnisse belangt, ist sie verheerend. Herbert Kickl hat es geschafft, dass die Staatsanwaltschaft politisch missbraucht und der Verfassungsschutz ruiniert worden sind. Das ist die schlechte Nachricht."

Morgen startet mit dem Eurofighter-Ausschuss bereits der zweite Untersuchungsausschuss der aktuellen Legislaturperiode. (mat)