Wien

Chats, Geld, noch mehr Täter: Impf-Skandal immer größer

Vier weitere Beschuldigte, der mutmaßliche Betrug seit Mai bekannt: Die Polizei-Akte "Austria Center" offenbart nun das ganze Ausmaß des Impf-Krimis.

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Impf-Skandal im Austria Center Vienna: Mehr Personen beteiligt, ermittelt wird seit Mai.
Impf-Skandal im Austria Center Vienna: Mehr Personen beteiligt, ermittelt wird seit Mai.
apa/picturedesk/iStock-Symbolfotos/ "Heute"-Montage

Jetzt kommt langsam das komplette Ausmaß des Impfbetrugs im Wiener Austria Center (ACV) ans Tageslicht. Wie von "Heute" berichtet, wurden Mitarbeiter im Dezember fristlos gekündigt, da sie Impfgegner gegen Geld und ohne Jaukerl ins EDV-System eingetragen haben sollen. Ein Ermittlungsakt, der "Heute" vorliegt, belegt, dass die Polizei bereits seit Mai wegen mutmaßlich krimineller Machenschaften im Austria Center ermittelt und zumindest vier Beschuldigte im Visier hat.

"Mitarbeiter verkaufen gefälschte Impfpässe"

In einem entsprechenden Polizei-Bericht nach einem Einsatz im ACV ("Mitarbeiter verkaufen gefälschte Impfpässe") im Mai ist vermerkt: "Es konnte eruiert werden, dass mehrere Blankoimpfpässe (abgestempelt und anschließend mit Chargenaufklebern einer Covid-19-Schutzimpfung versehen) entwendet wurden und laut Zeugen in weiterer Folge ohne dem Erhalt einer solchen Impfung verkauft wurden." 

"Größerer Kreis an Tätern"

Zu welchem Preis, konnten die Fahnder nicht mehr feststellen. Sie sind aber sicher: "Es ist anzunehmen, dass es sich um einen größeren Kreis an Tätern handelt." Im Zuge umfangreicher Einvernahmen kam später heraus, dass eine Mitarbeiterin gegenüber dem Leiter der Impfstraße zugegeben hatte, circa zehn Impfpässe samt Chargennummer und Stempel an sich genommen zu haben. Die Verdächtige behauptete aber, diese am Weg zur U-Bahn im Müll entsorgt zu haben – für die Polizei wenig glaubwürdig. 

"Es hat funktioniert, du bist im System"

Eine Mitarbeiterin, die Geimpfte ins EDV-System eintrug, gestand gegenüber den Ermittlern: "Frau K. sagte zu mir, dass man die Impfpässe verkaufen kann und dies einfach sei." Doch nicht nur Fremde kamen – mutmaßlich gegen Entgelt – in den Genuss eines Immunisierten-Status. Impfgegner unter dem ACV-Personal (sie waren sogar in einer Beziehung) trugen sich gegenseitig Fake-Stiche ein und whatsappten sich danach: "Es hat funktioniert, du bist im System."

Der Ablauf des Betrugs

Mitarbeiter im Austria Center hatten leichtes Spiel: Sie mussten den Impfstoff und die dazugehörige Chargennummer in den Impfpass der geimpften Person eintragen. Falls keine Blankoimpfpässe mehr am Tisch lagen, konnten sie neue selbst holen – die Dokumente waren nicht abgezählt; sie hatten also einen einfachen Zugriff. Dies alles passierte noch vor der tatsächlichen Impfung durch einen Arzt oder Pflegepersonal. Zum Schluss trugen sie diese Informationen auch in ein EDV-System ein, wo ihnen ein "Gemeinschafts-User" zur Verfügung stand. Nachweisbar war das alles also nicht... 

Anwalt Nikolaus Rast
Anwalt Nikolaus Rast
Denise Auer

Rast: "Es hat sich nichts geändert"

Der Wiener Star-Anwalt Nikolaus Rast vertritt zwei der Verdächtigen. Sie bestreiten die schweren Vorwürfe (Verdacht auf Urkundenfälschung, Verdacht auf schwerer Betrug). Gegenüber "Heute" schüttelt Rast den Kopf: "Was die Rolle meiner Klienten anlangt, bin ich davon überzeugt, dass die weiteren Ermittlungen Klarheit bringen werden. Was ich allerdings nicht nachvollziehen kann: Seit Mai sind vermeintliche Missstände im Austria Center aktenkundig und es hat sich seither nichts geändert? Wie kann das sein?" Der Jurist ist sicher: "Hätte man damals in diesem hochsensiblen Umfeld etwas geändert, wäre es jetzt nicht zu den neuen Vorfällen gekommen."

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.