Welt

CIA plante Entführung oder Tötung von Julian Assange

Weil Russland den Whistleblower aus London schmuggeln wollte, fürchtete die CIA ihn nie mehr in die Hände zu kriegen. Manche plädierten fürs Äußerste.

20 Minuten
Teilen
Julian Assange im Jahr 2017
Julian Assange im Jahr 2017
Bild: Reuters

In einem ausführlichen Bericht breitet Yahoo News einen Spionage-Krimi aus dem Jahr 2017 aus. Gemäß Informationen, die das Nachrichtenportal aus Gesprächen mit aktiven und ehemaligen ranghohen Sicherheits- und Regierungsmitarbeitern führte, schmiedete der amerikanische Geheimdienst CIA Pläne, wonach Agenten den Wikileaks-Gründer Julian Assange entführen oder gar töten sollten. Der damalige CIA-Direktor Mike Pompeo besprach die Angelegenheit offenbar direkt mit Präsident Donald Trump. So wäre die Tötung durch Gift eine Möglichkeit gewesen. Ausführlicher wurden jedoch spektakuläre Entführungspläne besprochen.

Vermeintliche Flucht aus London war Grund für Pläne

Im Frühjahr 2017 veröffentlichte Wikileaks mehrere geheime CIA-Dokumente mit dem Namen "Vault 7". Dabei handelte es sich um eine Sammlung von Dokumenten aus dem Innersten des US-Sicherheitsapparats. Es handelte sich gemäß eigenen Angaben um den größten Datenverlust der CIA-Geschichte. Die Veröffentlichung der Daten war den amerikanischen Spionen gemäß Insider-Angaben so peinlich, dass die Führungsriege zuerst nicht einmal den Präsidenten darüber informieren wollte. "Pompeo und seine Leute hatten Blut in den Augen. Die sahen nur noch rot, weil ihnen Vault 7 so peinlich war", erklärt ein ehemaliger Sicherheitsbeamter gegenüber Yahoo News.

Der Geheimdienst intensivierte daraufhin die Verfolgung von Wikileaks und seinen Unterstützern. Gemäß Angaben des Portals bekam die CIA Wind von Plänen der ecuadorianischen Regierung, Assange am Heiligen Abend 2017 aus der eigenen Botschaft in London nach Russland zu transportieren. Gemäß Angaben, die das Portal von Insidern aus der amerikanischen Regierung erhalten habe, war es im Vorlauf zur möglichen Exfiltration rund um die ecuadorianischen Botschaft in London zu Manövern der russischen Sicherheitsdienste gekommen. "(Die Flucht) wäre wie im Film gewesen" sagt ein ehemaliger ranghoher Regierungsmitarbeiter gegenüber der Newsplattform. Rund um die Botschaft wimmelte es offenbar von Spionen. "Es war aberwitzig. In einem Radius von drei Blocks arbeiteten alle für einen Spionagedienst: Straßenwischer, Polizeibeamte, Sicherheitsangestellte."

CIA befürchtete Verfolgungsjagden und Schießereien in London

Eine Flucht Assanges aus Großbritannien wollten die amerikanischen Spione auf jeden Fall verhindern. Mehrere Szenarien für eine Ergreifung des umstrittenen Whistleblowers seien daraufhin besprochen worden. Ein Angestellter einer beteiligten Sicherheitsfirma offerierte der CIA offenbar, Agenten Zugang zur Botschaft zu gewähren, damit diese Assange hätten kidnappen können. Gemäß Angaben aus einem spanischen Gerichtsfall arbeiteten die Amerikaner mit der spanischen Sicherheitsfirma zusammen und hatten daher Zugriff auf die Videoüberwachung der Botschaft.

Eine Entführung Assanges wäre für die Amerikaner wohl möglich, aber hoch riskant gewesen. Die CIA-verantwortlichen berücksichtigten spektakuläre Szenarien: Von Schlägereien ihrer Agenten mit ihren russischen Pendants bis hin zu Schießereien und Verfolgungsjagden im Zentrum Londons. Hätte es Assange bis auf ein Flugzeug geschafft, hätten die britischen Behörden mit Fahrzeugen die Rollbahn blockieren und aus einem Helikopter auf die Räder des Flugzeuges schießen sollen. Die Idee wurde schließlich aus mehreren Gründen verworfen. Unter anderem war unklar, wohin man Assange ohne rechtliche Basis für eine Anklage hätte bringen können.

Sorge wegen Rechtmäßigkeit der Aktion

Offenbar hatte es die Spionagebehörde unter der Führung von Trumps künftigem Außenminister Pompeo mehrfach versucht, dem Präsidenten einen Anschlag schmackhaft zu machen. Gemäß dem Nachrichtenportal setzten sich jedoch verschiedenen Fraktionen in der amerikanischen Regierung für eine rechtliche Verfolgung Assanges ein. Sie kamen zum Schluss, dass eine Entführung oder gar Tötung Assanges keine rechtliche Grundlage hatten.

Wie weit fortgeschritten die Pläne waren und es ob tatsächlich zu einer Tötung Assanges hätte kommen können, bleibt jedoch unklar. Ein Insider berichtet aus Gesprächen: "Die haben nur Ideen besprochen. Es war einfach typisch Trump." Mehrere Regierungsinsider bestreiten, dass die Vorschläge für die Ermordung Assanges es bis ins Weiße Haus geschafft haben. Auch der Ex-Präsident selbst streitet die Pläne gegenüber Yahoo News ab. "Das ist kompletter Unsinn. Im Gegenteil: Ich finde er (Assange) wurde sehr schlecht behandelt."

Auslieferung Assanges an die USA weiterhin möglich

Neben Assange verfolgten die Amerikaner auch verschiedene Mitglieder von Wikileaks. Verschiedene Pläne sahen die Infiltration der Organisation oder großflächige Angriffe auf deren IT-Infrastruktur vor. Wikileaks war 2006 von Julian Assange gegründet worden. Der Australier und seine Mitstreiter hatten 2010 Berühmtheit erlangt, als sie Aufnahmen von amerikanischen Kampfflugzeugen aus dem Jahr 2007 zeigten. Darauf waren Piloten zu hören, die einen Angriff bejubelten, bei dem auch Zivilisten sowie Fotografen der Nachrichtenagentur Reuters zu Tode kamen. Die Aufnahmen stammten vom US-Militärangestellten Bradley Manning (heute Chelsea Manning), der von der US-Regierung in einem Gerichtsverfahren 2013 zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

Assange flüchtete aus Angst vor einer Auslieferung in die USA im Rahmen einer schwedischen Anklage 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London, wo er insgesamt sieben Jahre lang blieb. Offenbar befürchtete der Wikileaks-Gründer in den Jahren danach einen Anschlag auf sein Leben. Gemäß Yahoo News instruierte er Gefährten, dass sie weitere Dokumente veröffentlichen sollten, sollte er ums Leben kommen.

Noch am selben Tag, an dem die neue ecuadorianische Regierung im April 2019 Assange das Asyl in der eigenen Botschaft in London entzog und die britischen Behörden Zugriff auf den Gesuchten erhielten, deponierten die amerikanischen Behörden ihre Klage gegen Assange. Im Januar diesen Jahres erklärte ein britischer Richter jedoch, dass Assange nicht an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden kann. Zur Zeit ist ein Einspruch der US-Regierung gegen diesen Entscheid hängig. Der Anwalt von Julian Assange drückte gegenüber Yahoo News seine Hoffnung aus, dass die britische Justiz die neuen Veröffentlichungen berücksichtigen würde.

1/62
Gehe zur Galerie
    <strong>24.04.2024: 365-€-Jahreskarte: Finanzstadtrat macht Preisansage.</strong> Wiens Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SP) gibt in <em>"Heute"</em> ein Versprechen ab: Die Jahreskarte der Wiener Linien wird auch 2025 um 365 Euro zu haben sein. <a data-li-document-ref="120032997" href="https://www.heute.at/s/365-jahreskarte-finanzstadtrat-macht-preisansage-120032997">Das ganze Interview &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120032711" href="https://www.heute.at/s/dieser-milliardaer-brachte-rene-benko-zu-fall-120032711"></a>
    24.04.2024: 365-€-Jahreskarte: Finanzstadtrat macht Preisansage. Wiens Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SP) gibt in "Heute" ein Versprechen ab: Die Jahreskarte der Wiener Linien wird auch 2025 um 365 Euro zu haben sein. Das ganze Interview >>>
    Denise Auer