Wien

Hitziger Gemeinderat um 1,1 Mrd. Euro Corona-Minus

Zwei Tage lang diskutiert der Gemeinderat den Rechnungsabschluss der Stadt für das Jahr 2020. Und das coronabedingte Defizit von 1,1 Milliarden Euro.

Louis Kraft
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    Die Coronakrise hinterlässt tiefe Spuren im Rechnungsabschluss der Stadt. Das Defizit steigt auf 1,1 Milliarden Euro, der Schuldenstand auf 7,8 Milliarden Euro. Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) verteidigte den Abschluss, aus seiner Sicht habe Wien trotz roter Zahlen den "Corona-Dauerstresstest" bestanden.
    Die Coronakrise hinterlässt tiefe Spuren im Rechnungsabschluss der Stadt. Das Defizit steigt auf 1,1 Milliarden Euro, der Schuldenstand auf 7,8 Milliarden Euro. Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) verteidigte den Abschluss, aus seiner Sicht habe Wien trotz roter Zahlen den "Corona-Dauerstresstest" bestanden.
    Helmut Graf

    Für hitzige Stimmung sorgt heute, Montag, nicht nur das Wetter, sondern wohl auch die Debatten rund um den neuen Schuldenstand der Stadt. Zwei Tage lang diskutiert der Gemeinderat den Rechnungsabschluss für das Jahr 2020. Wie berichtet, hinterlässt die Coronakrise tiefe Spuren im Budget der Stadt. Nachdem Wien im Jahr 2019 das Nulldefizit schaffte, steigt dieses durch die Krise auf 1,1 Mrd. Euro. Der Schuldenstand der Stadt beträgt nun 7,8 Mrd. Euro – wir haben berichtet.

    Regierung sieht trotz Minus Stresstest als bestanden an

    Trotz dem "wohl herausforderndsten Jahr seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges", habe Wien den "Corona-Dauerstresstest" bestanden, wie Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) betonte. Im Corona-Jahr sei in Wien "Großes geleistet worden" – von den mehr als 4.000 Bediensteten der Energieversorgung, den 15.000 Pflegerinnen und Pflegern in den Pensionisten-Wohnheimen und den mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Spitälern und Kliniken des städtischen Gesundheitsverbundes. "Ohne Ihre Ausdauer, Ihre Solidarität und Ihren Einsatz wären wir nicht dort, wo wir heute sind", so Hanke. Ebenso dankte er den Wienerinnen und Wienern für ihre Disziplin bei der Arbeit im Home Office, beim Home-Schooling der Kinder und generell für das Mittragen der Schutzmaßnahmen.

    Aufhebung der Kurzparkzonen, etc. kostete Stadt 782 Mio. Euro

    Dennoch riss die Krise, deren Auswirkungen laut Stadt fünfmal so schlimm seien wie jene der Finanzkrise 2008, tiefe Löcher in das Geldbörsel der Stadt. So entgingen der Stadt etwa durch Gebührenstundungen oder das temporäre Aussetzen der Parkraumbewirtschaftung rund 782 Millionen Euro an Einnahmen. 

    Hanke sieht aber auch positives: So sei das Defizit mit 1,1 Milliarde Euro um 200 Millionen Euro geringer ausgefallen, als es prognostiziert wurde. Daneben seien die Rücklagen von 1,8 auf 1,9 Mrd. Euro gestiegen, die Investitionen der Stadt erreichten mit 2,2 Milliarden Euro sogar einen neuen Rekordwert.

    Dies sei wichtig, denn die Gesundheits– und Altenversorgung müsse unter allen Umständen aufrechterhalten werden. Lücken bei den Bundeshilfen müssten durch Angebote und Instrumente der Stadt aufgefüllt werden, denn "Einsparen in der Krise macht keinen Sinn – nicht zu handeln ist die teuerste Option", so Hanke.

    Hanke wischt das Mikro ab – und die Kritik der Opposition weg.
    Hanke wischt das Mikro ab – und die Kritik der Opposition weg.
    Helmut Graf

    FPÖ sieht "monströsen Defizitkurs" 

    Wenig Positives findet hingegen die Opposition. So kritisiert FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp den "historischen Schuldenstand" und sieht einen Ausbau des " monströsen Defizitkurses". Der Rechnungsabschluss 2020 gleiche einer Bankrotterklärung.  "Wenn man die Unternehmen der Stadt wie Wiener Wohnen, Wien Kanal oder Wiener Gesundheitsverbund mit dazu nimmt, würden weitere 4,8 Milliarden Schulden dazu kommen", rechnete er vor. Die Stadt werde in ein Schuldendilemma schlittern, dennoch würden "keine konkreten Maßnahmen und Schritte zum Abbau der Schulden genannt, sondern nur vollmundige Ankündigungen".

    ÖVP stellt erneut Antrag auf Aussetzung der Gebührenanpassung

    Für die ÖVP Wien dokumentierten "steigende Schulden und sinkende Investitionen" das "finanzpolitische Versagen der Stadtregierung". "Wir können nach der Krise nicht 'weiterwursteln' wie bisher, wir müssen jetzt die notwendigen Schritte setzen. Angefangen von Entlastungsmaßnahmen wie etwa die Streichung der 'Arbeitsplatzsteuer' und die Aussetzung der Gebühren-Valorisierung über professionelles Management, um die Misswirtschaft zu beenden und Einsparungen zu realisieren, so Klubchef Markus Wölbitsch. 

    Die Stadt-Türkisen bringen auch heuer wieder einen Antrag auf Aussetzung der Gebührenanpassung ein. Wie im Valorisierungsgesetz festgeschrieben, gleicht die Stadt damit die Preise für Müllabfuhr, Abwasser und Co. an die Inflation an. Es ist schon fast Tradition, das die Oppositionsparteien diesen Gebührenstopp im Rahmen der Debatte zum Rechnungsabschluss fordern, tatsächlich beschlossen wurde er bisher nicht.

    Der Rechnungsabschluss wird nun zwei Tage diskutiert und trotz aller Kritik voraussichtlich mit den Stimmen von SPÖ und Neos beschlossen.