Wien

Wegen Pandemie stand Wiener plötzlich auf der Straße

Erich T. stand fest im Arbeitsleben, reiste durch die ganze Welt. Doch nach einer Kündigung zu Pandemie-Beginn änderte sich plötzlich alles.

Yvonne Mresch
Erich T. (57) stand fest im Arbeitsleben. Die plötzliche Kündigung zog ihm den Boden unter den Füßen weg, er landete auf der Straße.
Erich T. (57) stand fest im Arbeitsleben. Die plötzliche Kündigung zog ihm den Boden unter den Füßen weg, er landete auf der Straße.
Denise Auer

"Es kann schneller passieren, als man denkt", heißt es häufig, wenn man mit Experten über das Thema Obdachlosigkeit spricht. Das weiß auch Erich T. (Name geändert) nur zu gut. Trotz schwieriger Kindheit in Heimen und ohne familiäre Stütze schaffte es der gebürtige Wiener zunächst, ein zufriedenes und erfolgreiches Leben zu führen. 

Kündigung und Ängste: "Verließ Wohnung nicht mehr"

Seine Arbeit im Gastgewerbe führte ihn häufig ins Ausland. "Ich war in Spanien, Portugal, der Schweiz oder Holland unterwegs, habe viel gesehen", erzählt er im Gespräch mit "Heute". Zwanzig Jahre lang arbeitete er hart, lernte auch jemanden kennen, wurde Vater eines Sohnes. "Mit 40 bin ich nach Wien zurückgekommen und habe hier einen guten Job gefunden."

Doch dann kam die Pandemie – und damit ein tiefer Einschnitt im Leben des 57-jährigen. "Im März 2020 wurden alle Mitarbeiter meiner Firma aufgrund der Corona-Lage gekündigt", erzählt er. Hinzu kam eine Angst aus vergangenen Zeiten, die Erich T. quälte: "Ich hatte als Kind einen Impfschaden von der Pocken-Impfung erlitten. Als Corona aufkam, hatte ich massive Ängste vor dem Virus und später auch vor der Impfung. Ich zog mich zurück und verließ meine Wohnung nicht mehr."

Wendepunkt: "So kann es nicht weitergehen"

Zwei Jahre sperrte Erich T. sich selbst ein, pflegte kaum Kontakt zur Außenwelt. "Ich litt an Panikattacken, beantragte auch kein AMS-Geld weil ich nicht raus kam", sagt er. Das Resultat: Das Ersparte wurde zusehends weniger. "Irgendwann hatte ich kaum mehr etwas und stand kurz vor dem Wohnungsverlust. Um keine Schulden zu machen, kündigte ich selbst die Wohnung." Vier Monate lang schlief T. auf der Donauinsel. "Weit hinten am Ölhafen, weil es da sicherer ist." 

Eine völlig neue Situation für den Wiener. "Es ist ein mulmiges Gefühl, plötzlich draußen zu schlafen, nachts die Tiere zu hören. Am schlimmsten aber war die Einsamkeit." Nebenbei half er in einem Lokal aus um ein wenig Geld zu verdienen. Besonders wichtig war Erich T. immer, gepflegt zu sein. "Ich habe nie obdachlos ausgesehen und mich auch nie für meine Situation geschämt." Bis der Wendepunkt kam: "Im Herbst habe ich dann gedacht, es kann so nicht weitergehen und habe mir Hilfe gesucht.

Notquartiere voll belegt

Heute lebt Erich T. im Notquartier der Johanniter in der Leopoldstadt. Dort finden Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, kurzfristig ein Dach über dem Kopf. Drei solcher Notschlafstellen mit insgesamt 330 Schlafplätzen betreiben die Johanniter in Wien. "Wir sind voll belegt und erhalten laufend weitere Anfragen", berichtet Leiterin Katharina Hörmann.

Die Folgen von Pandemie und Teuerungen wären stark zu spüren. "Familiäre Krisen, Jobverlust, dass man es zuhause nicht mehr aushält: Die Gründe warum Leute kommen sind vielfältig", erklärt sie. Und: "Das Publikum wird durchmischter. Den klassischen Obdachlosen Mitte 60 mit einem Alkoholproblem gibt es schon lange nicht mehr. Wir haben jetzt auch mehr junge Leute. Obdachlosigkeit passiert schneller, als man denkt."

Für Erich T. soll der Weg nun wieder raus aus der Wohnungslosigkeit führen. "Ab Februar bekomme ich eine Gemeindewohnung und hoffe dann auch, wieder einen Job in der Gastronomie zu finden", sagt er – Damit es endlich wieder bergauf geht. Die Johanniter sind neben der Grundversorgung auf Spenden angewiesen. Vor allem Kleidung für Männer wird derzeit dringend gesucht. Mehr Infos auf www.johanniter.at

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