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Daheim bei der ZIB-Lady: Ein Thema war tabu

Die ORF-Moderatorin öffnet ihre Türe in der Wiener City und gewährt Einblick in ihre Wohnung. Nur ein Thema war dabei tabu.

Heute Redaktion
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In Wiens innerster Stadt findet man Nadja Bernard nicht ohne Anleitung per Handy: „In den Hof hinein, dann die zweite Haustüre links, dort dann über eine steinerne Wendeltreppe nach oben in den vierten Stock." Im Stiegenhaus hallt schon die landesweit bekannte Stimme: „Hier oben bin ich!" Und es bellt ein Hund.

"Sternchen gesehen"

„Die Treppe erspart mir das Fitnesscenter. Kommt herein!" Nadja Bernhard, bekannt von der ZiB1 und ihrem Teaser um 17.00 Uhr erscheint in gewohnt perfektem Gewand. Zuhause allerdings casual: Eine luftige Bluse, eine schmalschnittige schwarze Lederhose und flache Schlüpfer. Bei 1,74 Zentimetern Körpergröße kann sie auf High-Heels verzichten.

Tief hängt der wuchtige Holzbalken in der kleinen Küche, von der aus man ins Wohnzimmer kommt. „Da haben schon einige Leute ganz ordentlich die Sternchen gesehen." Denn die Wohnung befindet sich im Dachgeschoß eines Stadtpalais, ehemals wohl vom Gesinde des adeligen Hauses frequentiert. Kein aufgesetzter Glasplast mit Terrasse und Blick über Wien, kein technischer Schnick-Schnack wie etwa elektronisch gesteuerte Jalousien, nicht einmal eine Heizung.

Bernhard wärmt sich in eisigen Jännernächten an ihrem opulenten historischen Kachelofen, wenn das nicht ausreicht, wird der elektrische Lüfter zugeschaltet. Und es wäre nicht Nadja Bernhard, hätte die Wohnung nicht auch eine politische Geschichte: Gemeinsam mit Journalistenkollegen traf man sich hier Ende der 1980er-Jahre zum Brainstorming über Proteste gegen den damaligen Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim wegen seiner Vergangenheit bei der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

"Noch niemanden gebissen"

Auf rund 80 Quadratmeter hat die Queen of the ZiB-Stream nun alles, was sie vor und nach der Arbeit am Küniglberg braucht. Küche, Wohnzimmer, Schlafraum sowie Bad und Toilette. Die nunmehr 41Jährige – wo zeigen sich die eigentlich? – pendelt in Dienstzeiten täglich um 13.00 Uhr zum Küniglberg, um 20.30 Uhr ist sie wieder daheim, wenn nicht das eine oder andere Event lockt.

Symi, ein amerikanische Jagdhund aus dem Tierheim, beknurrt die Eindringlinge. „Sie passt immer auf mich auf, aber gebissen hat sie meines Wissens noch niemanden." Wie wahr: Am Anfang des Gesprächs platziert sich das treue Tier genau zwischen Interviewer und Frauchen, entspannt sich später aber dann doch auf der opulenten Couch im Wohnzimmer.

Waschechte Steirerin

Man blickt sich um: Unübersehbar die Liebe zum Detail bei den Teilen, die perfekt angeordnet sind. „Ich habe hier Möbel und Stücke aus vier Mode-Jahrzehnten, von den Sechzigern bis knapp zur Jahrtausendwende." Und darüberhinaus zwei opulente Flatsscreens, einer im Wohn- der andere im Schlafzimmer. Irgendwie logisch.

Es beginnt mit einem zur Vitrine umfunktionierten Büroschrank aus schmucklosem grauem Blech, ein kultiger Teil mit Ursprung in den USA, wo Bernhard auch einige Zeit gebracht hatte. Im zarten Alter von acht Jahren übersiedelten die Eltern von Windsor in Südkanada zurück über den Teich in ihre frühere Heimat, der Steiermark.

Nach der Matura in Leibnitz und dem Publizistikstudium in Wien folgte ein Gastsemester an der italienische Universität von La Sapienza. Dort zog es sie dann nach einem Praktikum beim ORF – sie synchronisierte die Oscar-Verleihung – hin, wo sie von 2005 bis 2008 als zweite Korrespondentin im ewigen Rom werkte. Aber wieder holte sie Nordamerika ein, diesmal als ORF-Korrespondentin in Washington.

Dreisprachig

Dass sie ihre frühe Sprachschulung in Englisch erlebt hat, hört bei man jeder Moderation, wo perfekte englische Aussprache gefragt ist. „Ich bin bisher mit drei Sprachen beschäftigt gewesen und die kann ich glaube ich ganz gut." Nämlich Englisch, Deutsch und Italienisch.

Very american ist eben auch jener Servierwagen aus den Siebzigerjahren, zweistöckig, mit milden Spirituosen aller Art bestückt. „Der ist auch von drüben", sagt die Anglophile und rückt penibel zwei schräge Bilder an der Wand zurecht. Wir sehen ein Kaleidoskop aus materiellen und symbolischen Werten.

Etwa der Strampler aus ihrer Babyzeit, von der Mutter hinter Glas gesetzt und gerahmt. Gleich daneben zwei Vodoo-Darstellungen, als markante Erinnerung an ihre Reportagen aus dem vom Erdbeben schwer getroffenen Haiti und eine Protesttafel aus den Demonstrationen für den ägyptischen Frühling am Kairoer Tharir-Platz mit der damals verheißungsvollen Botschaft „Ägypten, wir lieben Dich!". Am ovalen Esstisch, stylisch samt Sesseln aus den 1970er-Jahren, steht eine Retro-Stehlampe, ebenfalls im Stil der Zeit.

Baujahr 1975

Wie überhaupt das meiste Interieur aus Stücken mit Alleinstellungsmerkmalen besteht. Etwa die Deckenlampe aus den Sechziger-Jahren, erstanden bei „Lichterloh" in der Gumpendorferstrasse, von der es laut Bernhard nur eine weitere gibt, die in Österreich verkauft wurde. Oder der knallgelbe Schreibtisch aus Plastikspritzguss, Baujahr 1975 wie Bernhard selbst, nicht minder jene noch nicht montierte Deckenleuchte für das Schlafzimmer, die auf einen freundlichen Elektromonteur wartet.

Jagdhund aus Tierheim

In einer Ecke des Wohnraumes befindet sich der Schlafplatz der treuen Hündin Symi, überhäuft mit einem Gemenge aus verschiedensten Qietsch-Spielzeugen. Was macht sie eigentlich mit ihrer Gefährtin, wenn sie tagsüber am Küniglberg werkt? „Ich bringe sie entweder zur Hundesitterin oder manchmal auch für mehrere Tage zu meiner Mutter in der Steiermark."

Als kleine Entschädigung hat die neunjährige Catahoula-Leopard-Dog-Mischlings-Dame (Ein nordamerikanischer Jagdhund; Anm.) ihren eigenen Platz auf der Fernsehcouch, einem wuchtigen IKEA-Sitzmöbel aus der Achtzigerjahren, gepimpt mit orangefarbenen Bezügen.

Hinten an der Wand im Wohnzimmer das Bücherregal. Bernhards Lieblingslektüre? Namensvetter Thomas, ja auch, aber sonst fast alles, von den Literaturklassikern bis zum Hundelexikon.

Was soll das Wollschaf?

Aber was treibt das fast lebensgroße Wollschaf auf der obersten Etage? „Während meiner Zeit in Rom hatte ich einen Freund, der mir dieses Schaf geschenkt hat. Er ist derzeit für die UNO im Jemen unterwegs." Der Fama nach, so Bernhard, gäbe es dort den Spruch, mann müsse einmal im Tag einem Schaf zuwinken, um Glück zu haben.

Dass bei Bernard fast jedes Stück ein Unikat ist, zeigt sich auch an den Kleinodien am Wohnzimmertisch: Eine zerbeulte Cola-Dose aus Porzellan, von einem namentlich entfallenen Künstler aus China, daneben ein täuschend echt aussehende Herz-Bube-Karte, bei haptischer Betrachtung ebenfalls aus Porzellan. Am Fenstersims eine silberne Ente mit Geldschlitz und Federboa, die Bernhard erfolglos ans Sparen erinnern soll.

Rund um den Couchtisch ein einziger „Wassyli-Stuhl" von Marcel Breuer, darüber an der Wand ein lebensgroßes Bild der geliebten Hündin. Die Liebe zeigt sich dann auch beim Doppelfoto auf der Couch, Nadja umarmt Symi, die bedankt sich mit einem Züngelein. Auffällig: Bernards Wohnungswände tragen zwar viele Bilder, jedoch keines ohne persönliche Bedeutung für die Besitzerin. Jedes eine Devotionalie irgendwie, jedes mit einer ganz speziellen Story.

Mama auf Besuch

Und so atmet die Wohnung den Spirit der Bewohnerin, die bis zu ihrer Bestimmung als Moderatorin der ZiB1, ab 2012 mit Eugen Freund, ab 2014 mit Rainer Hazivar und später auch mit Kollegen Tarek Leitner, viel in der Welt unterwegs war. Die Frau mit dem lupenreinen Hochdeutsch auf Sendung und im Interview zieht es im Kopf immer wieder zu ihren früheren Reportagen aus Haiti, Kairo oder Beiträgen aus Rom und Washington. „Das geht mir jetzt halt schon bisschen ab."

Wir gehen auch ab, Nadjas Mutter steht Ante Portas und fragen uns in der Nachbesprechung: Wieso hat der ORF keine Chefreporterin für das Ausland? Antonia Rados lässt Grüßen…