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Damit sieht die Gamewelt plötzlich völlig anders aus

Die Zukunft des Gamens heißt Cloudgaming. Mit Stadia hat Google das Rennen um den besten Dienst eröffnet. Doch wird Google auch vorneweg fahren?

Heute Redaktion
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Die Ankündigung kam zum richtigen Zeitpunkt. Erfolgreich werden heute Filme, Serien und Musik über Netflix, Spotify und Co. konsumiert. Doch Gamestreaming, respektive Cloudgaming, kam bisher kaum vom Fleck. Sony hat mit Playstation Now zwar einen funktionierenden Streaming-Dienst am Laufen, Nvidia befindet sich mit Geforce Now seit längerem in der Betaphase und Microsoft will an der Gamemesse E3 Großes zu xCloud verraten. Ein Freudenfeuer hat Gamestreaming bisher aber nicht entfacht.

Die Präsentation des Cloudgaming-Diensts Stadia wirkte wie ein Weckruf: Plötzlich stand da einer, der das Geschäft aufzumischen droht. Eindrücklich erklärte Google, wie YouTube und Gamen ineinander übergehen sollen, wie Spiele sich mit einem Klick in wenigen Sekunden starten und über mehrere Plattformen spielen lassen. Wie aufwendige Games flüssig auf Geräten, auf denen sich Chrome installieren lässt, laufen. Wie Multiplayerspiele ohne eine Verzögerung (und ohne Cheater) laufen. Ein Heilsversprechen.

Flaschenhals Internet

Kann es erfüllt werden? Als das kalifornische Unternehmen OnLive vor zehn Jahren mit dem ersten Gamestreaming-Dienst vorpreschte, scheiterte der Dienst, weil die Internetleitungen zu langsam waren. Ruckler sind der Spaßkiller per se. Mittlerweile versprechen Glasfasernetze Datenübertragungen auch bei hohen Datenmengen. Entsprechend hat Google sein Netzwerk mit weltweit über 7.500 Zugangspunkten und die Zusammenarbeit mit Internet-Providern betont. Ein eigener Controller, der über WLAN direkt mit den Servern verbunden ist, soll die Reaktionszeit auf ein Minimum bringen. Gamen soll mit 4K und 60fps Bildwiederholungsrate möglich sein. Später sollen daraus 8K und 120fps werden.

Diese Zahlen beeindrucken. Sie täuschen aber über etwas hinweg, was selbst die coolste Präsentation nicht wegwischen kann: Nur ein verschwindend kleiner Teil der Menschen hat derzeit einen Internetanschluss, der diese Geschwindigkeiten auch bis in die eigene Stube trägt. Laut Engadget.com verfügen 70 Prozent in den USA über keinen Glasfaseranschluss.

Glaubwürdigkeit und Loyalität

Mit diesem Problem sehen sich alle Cloudgaming-Anbieter konfrontiert. Googles Gegenspieler – Playstation & Co. – haben dem Internetriesen jedoch anderes voraus: Erfahrung im Gamegeschäft, einen Gamekatalog und Glaubwürdigkeit. Viele Gamer sind im Grunde emotionale, loyale Sentimentalisten. Sie bleiben ihren Spielmarken treu. Sie bilden eng verknüpfte Communitys, die sich gegenseitig befeuern: Sie kommentieren, kritisieren – und kreieren. Zum Beispiel neue Gameinhalte aufgrund von Modifikationen.

Es half auf jeden Fall nicht, als Google-CEO Sundar Pichai an der Präsentation zugab, kein Gamer zu sein. Ob es deshalb reicht, gestandene Game-Profis wie Phil Harrison (Microsoft) und Jade Reynolds (Ubisoft) an Bord zu holen, ist auch nicht sicher. Dass Google ein eigenes Gamestudio ins Leben ruft, weist auf ein weiteres Problem hin: Publisher wie EA oder Activision werden es sich gut überlegen, ob sie ihre Spiele über Stadia laufen lassen und ihre Fans der Datensammelwut des Internetriesen aussetzen wollen.

Trotzdem: Mit Stadia hat Google eine kleine Bombe gezündet, die die andere Player ziemlich aufgeschreckt haben dürfte. Mit dem Resultat, dass diese ihren Effort wohl verstärken werden, um im Rennen ums Cloudgaming nicht ins Hintertreffen zu geraten.