Zerstört Freundlichkeit

Danke sagen schadet Umwelt: Wie uns ChatGPT verändert

Ein Leben lang wurde uns gelehrt, freundlich zu sein. Kürzlich die Nachricht: Wer "danke" und "bitte" zu ChatGPT sagt, verschwendet Geld und Energie.
20 Minuten
03.05.2025, 21:40

Die Kommunikation mit Chatbots wie ChatGPT, Perplexity oder Grok stellt viele Menschen vor ein moralisches Dilemma. Denn OpenAI-CEO Sam Altman erklärte kürzlich, dass die Freundlichkeit der Menschen gegenüber ChatGPT das Unternehmen Millionen koste. Der Grund: Wer mehr Wörter braucht, zwingt die KI zu mehr Rechenleistung. Das kostet nicht nur Geld, sondern verursacht auch einen höheren Energiebedarf. Sprich: Wer freundlich ist, wird zum Umweltsünder.

"Fürchte, dass wir zwischenmenschliche Kommunikation verlernen"

Das Dilemma treibt die Menschen seit dem Altman-Post auf X um. "Es ist irgendwie verrückt, oder? Menschlich gesehen ist Freundlichkeit absolut unbezahlbar, technisch gesehen kostet sie aber", kommentiert ein User einen entsprechenden Medienbeitrag. Jemand anderes schreibt: "Das regt mich zum Nachdenken an, wie viel durch sozial anerkannte und erwartete Umgangsformen verheizt wird."

Ein dritter User sieht bald Auswirkungen auf das "echte Leben" auf uns zukommen: "Für mich stellt sich allerdings auch die Frage, was das langfristig mit uns und der zwischenmenschlichen Kommunikation macht. Ich fürchte, dass wir ein höfliches Miteinander verlernen, wenn wir es täglich in der Kommunikation mit der KI weglassen."

Der Wirtschaftspsychologe Christian Fichter nennt vier Gründe, wieso wir trotzdem freundlich sein sollten zur Maschine:

Grund 1: Der Energieverbrauch wird überschätzt

Laut Fichter muss sich niemand Sorgen machen, dass wegen seiner Höflichkeit gegenüber ChatGPT Bäume abgeholzt werden oder das Klima weiter angeheizt wird: "Es stimmt zwar, dass längere Texte mehr Rechenleistung brauchen und dass die Rechenzentren der KI-Giganten insgesamt viel Energie brauchen. Doch auf die wenigen Worte, die es mehr braucht, um freundlich zu sein, kommt es kaum an. Und insgesamt ist die Energie in die KI-Modelle gut investiert, weil dank Produktivitätssteigerungen und guter Outputs andernorts sehr viel Energie gespart wird."

Grund 2: Unfreundlich zu sein, widerspricht unserer Natur

Tatsächlich hat der Mensch laut Fichter über Jahrtausende gelernt, dass es sich lohnt, empathisch zu sein. "Der Mensch ist von Natur aus freundlich, interessiert und neugierig. Das können wir darum auch im Umgang mit Maschinen nicht einfach ablegen oder wenn, dann nur gegen die eigene Natur."

Grund 3: Wie wir mit anderen umgehen, formt uns selber

Wie erkläre ich meinen Kindern, dass sie freundlich sein sollen zu einer Maschine? Laut Fichter so: "Man kann ihnen sagen, dass sie nicht für die Maschine freundlich sind, sondern weil sie selber höfliche Menschen sein wollen, egal wie sich das Gegenüber verhält. Sind wir dauernd unfreundlich zur Maschine, sind wir es irgendwann auch im echten Leben."

Grund 4: Wer weiß, ob wir einmal noch froh sein werden

Fichters letzter, heute noch scherzhaft gemeinter Rat, lässt sich mit einem Comic zusammenfassen:

"Ganz im Ernst", sagt der Psychologe: "Dass wir in ein paar Jahrzehnten eine allmächtige KI haben, die darüber entscheidet, welche Menschen leben und welche kompostiert werden, ist — Stand heute – nicht gänzlich auszuschließen. Und dann kann es sicher nicht schaden, wenn wir im Jahr 2025 freundlich gewesen sind."

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