Ukraine

"Dann fällt die Krim" – Prigoschin droht Wladimir Putin

Jewgeni Prigoschin und seine Wagner-Söldner sind federführend in der Schlacht um Bachmut. In einer Video-Botschaft droht er unverhohlen dem Kreml.

Roman Palman
Jewgeni Prigoschin posiert vor Leichensäcken und Särgen während einer Videobotschaft vom 4. März 2023.
Jewgeni Prigoschin posiert vor Leichensäcken und Särgen während einer Videobotschaft vom 4. März 2023.
Screenshot Telegram

Das russische Militär und die Söldner der Gruppe Wagner setzten weiter alles daran, die beinahe vollständig eingekesselte Stadt Bachmut im Osten der Ukraine zu erobern. "Sie hören nicht auf, gegen Bachmut und die umliegenden Siedlungen anzustürmen", meldet der ukrainische Generalstab in Kiew Sonntagabend.

Lediglich das Stadtzentrum und eine wichtige Straße im Westen stehen noch unter ukrainischer Kontrolle, letztere befindet sich aber bereits in Schussweite der Belagerer. Von einem Rückzug der ukrainischen Truppen ist in dem Lagebericht derweil offiziell noch nichts zu lesen.

Bachmut vor dem Fall

Die russischen Truppen beißen sich schon seit Monaten an der zur Festung erklärten Stadt im Donbass die Zähne aus. Dennoch: jetzt könnte der Fall bald bevorstehen. Federführend dabei war vor allem Jewgeni Prigoschin, der Chef der Wagner-Söldner.

Über Jewgeni Prigoschin
Jewgeni Prigoschin (61) wurde durch Wladimir Putin zum Milliardär. Doch die zugeschanzten Staatsaufträge haben einen Preis: Erst zog Putins Intimus aus St. Petersburg für ihn an der Spitze einer Horde Internet-Trolle in den digitalen Propaganda-Kampf, doch mittlerweile führt er mit seiner Söldner-Truppe "Wagner" den Krieg gegen die Ukraine an vorderster Front.

Er hatte zehntausende Häftlinge aus den russischen Gefängnissen rekrutiert und sie in blutigen Wellenangriffen bei Bachmut an die Front geworfen, um ukrainische Stellungen aufzudecken und die Verteidigung zu testen. Entdeckte Schwächen wurden dann von der nachrückenden, kampferfahrenen Kerntruppe aufgebrochen. So wurde jeder Meter Fortschritt mit viel Blut erkauft.

Machtkampf lähmt russische Offensive

Während der 61-Jährige mit seinen Waffen aber auf die Ukrainer zielen lässt, schießt er selbst verbal heftig gegen die reguläre russische Armee – wohl um selbst politisches Kapital daraus zu schlagen. "Ich denke, wir hätten Bachmut [bereits] eingenommen, wenn es nicht diese monströse Militärbürokratie gäbe und wenn man uns nicht jeden Tag Steine in den Weg legen würde", hatte der Söldner-Boss noch Mitte Februar geklagt.

Mittlerweile regelmäßig schimpft Prigoschin nicht nur gegen eine gesichtslose Generalität, sondern auch direkt gegen Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Denn nicht nur, dass es ihm mittlerweile untersagt wurde, weiter Freiwillige in den Gefängnissen zu rekrutieren, es sollen auch dringend benötigte Muntionslieferungen ausgeblieben sein. In Folge unterstellte er Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow sogar "Hochverrat".

Der Hintergrund des heftig Streits in den Reihen der Russen ist politischer Natur. Die Wagner-Offensive auf die Stadt Bachmut war lange Zeit der einzige Abschnitt der Front an dem die russischen Invasoren noch die Initiative hatten und auch Fortschritte verbuchen konnten.

Diese reklamierte Prigoschin fast zur Gänze für sich und seine, nach russischem Gesetz eigentlich illegale Söldner-Gruppe – eine fortlaufende Demütigung für die russische Armee-Führung, die selbst dringend Erfolge auf dem Schlachtfeld vorweisen muss.

Wagner-Chef droht dem Kreml mit Krim

Bisher hatte der Wagner-Chef bei seinem Machtkampf mit der Militärführung aber peinlich genau darauf geachtet, das Ansehen seines Gönners Wladimir Putin (70) selbst nicht anzupatzen. Doch mit seiner jüngsten Drohung im Streit um Munition hat er am Ende doch dem Kreml-Despoten selbst ans Bein gepinkelt.

"Wenn Wagner sich jetzt aus Bachmut zurückzieht, wird die gesamte Front zusammenbrechen. Vielleicht bis zur Grenze Russlands, vielleicht noch weiter", sagte Prigoschin in einem am Wochenende auf Telegram veröffentlichten Video. Seine Söldner würden derzeit die gesamte Aufmerksamkeit und Kraft der ukrainischen Armee binden.

Eine militärische Niederlage im Donbass wäre das eine, doch "Putins Koch" droht mit Folgen, die weit jenseits aller bisher gezogenen roten Linien wäre: "Dann fällt die Krim", warnt er. Damit setzt er den Kreml massiv unter Druck, etwas das sich Wladimir Putin wohl nicht gerne gefallen lässt.

Prigoschin wird Kreml zu mächtig

Dass der russische Präsident nämlich weiter zu seinem langjährigen Verteidigungsminister und seinem Generalstabschef – beide sind bereits seit 2012 im Amt – hält, zeigt simpel, dass beide trotz der massiven Probleme bei der "militärischen Spezialoperation" immer noch fest im Sattel zu sitzen scheinen. Unangezweifelte Treue gegenüber Putin bleibt im Kreml weiterhin eines der wichtigsten Güter.

Dagegen hat Prigoschin, der eigentlich sonst auch keinen institutionellen Rückhalt hat, einen schweren Stand. Die Abberufung des russischen Oberkommandierenden in der Ukraine, "General Armageddon" Sergej Surowikin, im Jänner gilt als weiterer Fingerzeig, dass der Kreml den sich immer wichtiger nehmenden Wagner-Chef etwas zurechtstutzen will. Mit Surowikin verlor der 61-Jährige einen wichtigen Unterstützer.

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