Umdenken gefordert

Darin sieht Forscher eine Gefahr für die Demokratie

Die Gesellschaft ist gar nicht so gespalten, wie es den Anschein macht, sagt ein Forscher. Gefährlich seien aber jene, die sie zu spalten versuchen.

Newsdesk Heute
Darin sieht Forscher eine Gefahr für die Demokratie
Soziologe und Protestforscher Steffen Mau am späten Montagabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Links gegen Rechts, Impfverweigerung, Wissenschaftsfeindlichkeit, Corona-Leugnung, Klimawandel-Verweigerung, Hass auf Flüchtlinge – noch nie, so scheint es, war die Gesellschaft in Österreich so gespalten. Doch alles nicht so schlimm, sagt eine neue Studie namens "Triggerpunkte" – und einer ihrer Autoren am späten Montagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. Der Soziologe und Protestforscher Steffen Mau sprach dabei von einer "gefühlten" statt tatsächlichen Polarisierung, die gerade in Österreich wahrnehmbar sei.

Beobachter würden von einer "Kamelgesellschaft" sprechen, zwei "Höcker", die von einem Tal dazwischen getrennt seien. Wenn man sich Daten zu den Einstellungen der Bürger ansehe, dann sehe man aber, dass "wir eher eine Dromedar- als eine Kamelgesellschaft sind". Heißt: Die Reizthemen würden überbetont, so Mau, die Einstellungen der Bürger würden sich dennoch großteils gleichen. Man müsse aber zwei Ebenen unterscheiden, so Mau, "den politischen Konfliktraum" und "die Gesellschaft". Politische Akteure würden bestimmte Konflikte stark ansprechen, was in der Gesellschaft entstehe, sei eine Reaktion darauf.

"Da ziehen die Leute oft eine rote Linie"

So würden die meisten Personen nicht von vorneherein erklären, für eine bestimmte Partei wie die Grünen oder die FPÖ zu stehen, aber am Wahltag dann doch die eine oder andere Partei wählen, so der Forscher. Auf manche Themen würden die Bürger auch "allergisch, fast reaktiv reagieren", etwa auf das Thema Klimakleber, so Mau. "Da ziehen die Leute oft eine rote Linie", so der Forscher, das würde in "unversöhnliche Konflikte" kippen, in denen rationale Argumente kein je Chance mehr hätten. "Da wollen sich einige nicht daran gewöhnen", so Mau.

Etwa, wenn es um das Binnen-I gehe, sehe man dies auch. Viele Menschen würden sich dafür aussprechen, dass Frauen gleich wie Männer gezahlt werde, sprachlich aber tue man sich schwer mit Formulierungen, die Männer und Frauen gleichstellen würden. Bei der Migration wiederum hätten viele Bürger das Gefühl, dass die staatlichen Möglichkeiten, sie zu begrenzen, eingeschränkt seien. "Das ist natürlich etwas Bedrohliches", wenn von Begriffen wie "Migrationsflut" die Rede sei, so Mau. Die Reaktion sei, das abzuwehren.

Wut auf "die da oben" und "das System"

Da hätten rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien "eine Trumpfkarte in der Hand", so Mau. In gewisser Weise neu sei die Wut auf "die da oben", auf "das System", so der Forscher. "Durchaus ein großes Problem" sei, dass Menschen andere Kanäle konsumieren würden, in denen Fakten nicht so eine große Rolle spielen würden, attestierte Mau. Konflikte würden auch auf die Straße getragen, die Tendenz finde man in allen westlichen Ländern. Die Veränderung überfordere viele Menschen, es gebe eine Erschöpfung in der Wählerschaft, so Mau.

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    Wie die Politik damit umgehe, das sei die "1 Million Euro"-Frage. Die Politik versuche, Schäden zu minimieren, früher habe es einen klaren Fortschrittsbegriff gegeben, so Mau. Dadurch würden auch die Zustimmungsbereitschaften wegbrechen und der Politik eine Idee fehlen, so Mau. Es sei aber Aufgabe der Politik, eine solche zu entwickeln. "Ich glaube schon, dass das eine Gefahr für die Demokratie ist", so Mau dazu, dass sich Politiker anschauen würden, wo die "Triggerpunkte" in der Gesellschaft legen würden – und diese ausnutzen würden, um die Gesellschaft zu spalten zu versuchen.

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Studie "Triggerpunkte" argumentiert, dass die gesellschaftliche Spaltung in Österreich eher gefühlt als tatsächlich ist, und dass die Einstellungen der Bürger sich weitgehend ähneln
    • Jedoch warnt der Soziologe Steffen Mau vor einer Gefahr für die Demokratie, da politische Akteure die "Triggerpunkte" ausnutzen könnten, um die Gesellschaft weiter zu spalten
    red
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