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Darum hat es TikTok drauf, dich reinzuziehen

Warum kennt TikTok seine User so gut? Das Wall Street Journal ist dieser Frage in einer großen Recherche nachgegangen. Erstaunend und beängstigend.

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    TikTok scheint seine Userinnen und User besser zu kennen als andere Social Media-Anbieter. Das "Wall Street Journal" ist der Frage nachgegangen, wie das möglich ist.
    TikTok scheint seine Userinnen und User besser zu kennen als andere Social Media-Anbieter. Das "Wall Street Journal" ist der Frage nachgegangen, wie das möglich ist.
    REUTERS

    Darum gehts
    Mit 100 eigens generierten Nutzerkonten ergründete das Wall Street Journal, wie der Algorithmus von TikTok seine Nutzerinnen und Nutzer steuert.

    Dieser beobachtet das Verhalten der Userinnen und User genau und braucht nur Stunden, um diese zu analysieren.
    Laut einem Experten schafft es TikTok dadurch viel besser, die verletzlichen Seiten eines Nutzers oder einer Nutzerin zu erkennen und ihn oder sie in den Kaninchenbau zu locken.

    Warum ist TikTok so erfolgreich? Ein Rechercheteam des "Wall Street Journal" ist in einer umfangreichen Recherche dieser Frage nachgegangen, wie der "Tagesanzeiger" berichtet. Sie wollten wissen, wie der Algorithmus der App funktioniert und erstellten dafür 100 automatisiere Nutzerkonten und wiesen diesen Interessen zu. Die Bots agierten nun gleich wie normale Nutzerinnen und Nutzer.

    Verhalten wird enttarnt

    Die Analyse zeigt: TikTok screent weniger die Interessen oder Likes der Userinnen und User, sondern vielmehr wie lange und wie oft diese ein Video schauen. Der Algorithmus merkt sich auch, wie lange diese zögern, bis ein Video angeklickt wird. Dabei ist es egal, ob dies geschieht, weil der Nutzer oder die Nutzerin zuerst die Kommentare dazu liest, oder ob gezögert wird, weil der Inhalt möglicherweise auch verstören könnte.

    Guillaume Chaslot, ehemaliger Programmierer bei Google und YouTube, sagt gegenüber dem "WSJ": "TikToks Algorithmus erkennt so die verletzlichen Seiten ihrer Nutzerinnen und Nutzer viel schneller. Dafür braucht er nicht mehr als zwei Stunden."

    Ein konkretes Beispiel: Bot "Kentucky 96" interessiert sich für das Thema Depression. TikTok schlägt ihm erste Videos zum Thema vor, empfiehlt ihm aber auch zwischendurch Inhalte zum Thema Beziehung oder Lebenshilfe und beobachtet dabei sein Verhalten.

    Ins Tunnelsystem gelockt

    36 Minuten und 224 Videos später hat der Algorithmus die "Person" eingekreist. Ab jetzt dreht sich in über 90 Prozent der Inhalte alles um die Themen Melancholie, Traurigkeit oder Depression und die App hat somit den Nutzer quasi am Haken. Denn Ziel ist es, den User ins "Rabbit-Hole", den Kaninchenbau, zu locken. In ein unterirdisches System von einer Vielzahl an Gängen, aus dem es schwer einen Ausweg gibt.

    Chaslot meint dazu: "Der Algorithmus will dich dazu bringen, dass du mehr und mehr klickst und schaust, es ist ihm egal, ob du die Inhalte magst oder nicht."

    Zudem haben die Recherchen ergeben, dass der Algorithmus Nutzerinnen und Nutzer gerne mehr und mehr zu spezifischen Themen führt. Ein Bot mit Interesse für herzige Tierfilmchen landete durch die Empfehlungen bei einer Masse von Videos über französische Bulldoggen.

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