Heuer im Winter bläst uns der Wind weg. Gab es in der vorigen Kältesaison 2020/21 nur zwei Sturmtage mit Windgeschwindigkeiten von über 75 km/h, so waren es heuer bereits 13 Tage – ein neuer Rekord. Mit bis zu 102 km/h fegte der Wind am Donnerstag (17.2.) über Wien, so stark wie noch nie heuer. Die zwei verbliebenen Camps von Klimaaktivisten in der Hirschstettner Straße und in der Anfanggasse (Wien-Donaustadt) wurden regelrecht weggeblasen. Die höchste Windgeschwindigkeit wurde aber österreichweit am Feuerkogel (OÖ) gemessen – hier waren es 136 km/h.
"Wenn wir von Sturmböen sprechen, müssen die Windspitzen mindestens 75 km/h erreichen. In diesem Winter bisher (also beginnend mit dem 1.12.2021 bis inklusive heute) gab es an der Wetterstation Hohe Warte in Wien an 13 Tagen Sturmböen von 75 km/h oder mehr", erklärt Wette-Experte Konstantin Brandes von Ubimet.
Wien ist die Sturm-Hauptstadt Österreichs, in kaum einer anderen Stadt ist es so windig. Warum das so ist? "Die geografische Lage Wiens ist hierfür entscheidend", so Brandes. "Sturmböen gibt es in Wien in erster Linie im Winterhalbjahr zwischen Anfang Oktober und Ende März, sie können aber auch im warmen Halbjahr vereinzelt (z.B. mit Gewittern) auftreten. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle kommt der Sturm in Wien aus westlichen Richtungen – so auch am Donnerstag."
Der Wetterexperte erklärt, wie ein Sturm in Wien entsteht: "Damit es in Wien Sturmböen gibt, braucht es große Gegensätze beim Luftdruck über Europa." Dabe stehen einem Hoch über Süd- und Südwesteuropa kräftige Tiefdruckgebiete über dem nördlichen Mitteleuropa bzw. Nordeuropa gegenüber. "Österreich liegt dann in einer stürmischen Westströmung am Südrand der Tiefs."
Zur Besonderheit von Wien trage der Wienerwald bei. "Er verstärkt oft noch den Sturm an seinen Hängen hinab nach Wien." Das sei auch ein Grund, warum es im Westen der Stadt deutlich häufiger stürmt als in Wien-Floridsdorf und in der Donaustadt.
Auch der Klimawandel könnte etwas damit zu tun haben. "Die Veränderung von Stürmen hinsichtlich ihrer Anzahl und Intensität mit dem Klimawandel wird intensiv erforscht", so Brandes.
In Mitteleuropa gebe es langfristig keinen Trend zu mehr Stürmen, so der Wetterexperte. "Stattdessen ist sogar ein Rückgang gegenüber der stürmischeren Zeit um 1900 offensichtlich. In Mitteleuropa war das Sturmklima von den 1920er-Jahren bis in die 1970er-Jahre relativ ruhig. Danach stieg die Sturmtätigkeit bis Mitte der 1990er Jahre wieder leicht an, seither ist sie aber wieder rückläufig." Das habe eine Studie ergeben, so der Meteorologe.
Eine Analyse der Wintermonate Dezember, Jänner und Februar zeige nach neuesten Untersuchungen eine nur schwache Zunahme von weniger als 5 Prozent bei der mittleren Windgeschwindigkeit für Österreich in Zukunft. Klimaprojektionen über Extremwerte des Windes sind aber immer noch mit bedeutenden Unsicherheiten behaftet, in der Forschung sind noch viele Fragen unbeantwortet.
Soviele Sturmtage gab es in der Wintersaison bereits: Dezember 2021: 1 Tag, Jänner 2022: 7 Tage, Februar 2022 (bis inklusive 17.2.): 5 Tage. Im vorigen Winter gab es zwei Sturmtage im Jänner 2021.