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Darum posten TikTok-User jetzt ihren Schuldenstand

Auf TikTok gibts einen neuen Trend: Schulden offenlegen. Mit Kauf auf Rechnung bei der Bezahl-App Klarna haben einige hohe Schuldenberge angehäuft.

20 Minuten
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Auf TikTok posten nun viele Videos mit Screenshots ihrer Schulden.
Auf TikTok posten nun viele Videos mit Screenshots ihrer Schulden.
Screenshot TikTok

Auf TikTok trendet der Hashtag #klarnaschulden. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer posten Videos mit Screenshots ihrer Kontostände von der App des Zahlungsdienstleisters Klarna. Völlig offen sprechen sie über das Tabuthema Schulden und überbieten sich dabei. "Ich wette, niemand kann unsere Klarna-Schulden toppen", schreibt Nutzerin "Y_atdg". Manche sind mit vierstelligen Beträgen im Minus.

Bei manchen sinds noch mehr, allerdings ist nicht klar, ob das auch stimmt. Bei Userin "lizi.nm" sinds nur etwas über 300 Euro. Trotzdem schreibt sie: "Komplett broke, erstmal Zahlungsziel verlängern. Man kennts, oder?" Ist die besonders fürs Onlineshopping beliebte Klarna-App eine Schuldenfalle? Der schwedische Bezahldienstleister bietet Käufe auf Rechnung an. Bezahlt wird also erst 30 Tage nach dem Kauf, manchmal auch erst mehrere Monate später in Raten.

Experten warnen

Bei vielen Bestellungen kann sich das dann schnell zusammenläppern. Allein Verzugszinsen können bis zu 15 Prozent oder mehr des Kaufpreises betragen. Experten und Expertinnen warnen, dass solche "Buy Now, Pay Later"-Modelle zur Mahnfalle werden könnten. In Großbritannien soll nun die Finanzaufsicht solche Anbieter stärker regulieren, um zu verhindern, dass sich Nutzerinnen und Nutzer verschulden.

Spartipps aus der Community

Für viele geht es bei den Videos darum, zu zeigen, wie viel Lifestyle man sich gönnt. Egal, ob man es sich leisten kann oder nicht, wie Thomas Brandon Kovacs, in sozialen Medien bekannt als "Sparkojote", zu "20 Minuten" sagt: "Dieser Trend hilft niemandem." 

Warum gibt es einen Hype um den Schuldenstand ?

"Es geht in erster Linie darum, wie viel Lifestyle man sich gönnt. Hierbei ist es egal, ob man es sich leisten kann oder eben nicht. Mehr Schulden ergibt einen besseren oder höheren Lifestyle. Es wird also suggeriert, es wäre cool, Schulden zu machen."

Was könnte das für Folgen haben?

"Das ist kein Trend, der Leuten hilft oder sich positiv auswirkt. Besonders bei jungen Menschen könnte das problematisch werden, wenn sie ihre TikTok-Vorbilder sehen und nicht wissen, ob die TikToker wirklich solche Schulden haben, oder ob es nur gestellt ist."

Wie entgeht man der Schuldenfalle bei Käufen auf Rechnung?

"Man sollte sich eher von Konsumschulden fern halten, um nicht in prekäre Situationen zu geraten. Bei der steigenden Inflation kann es aber auch sinnvoll sein, einen Fernseher über zwölf Monate in Raten abzuzahlen, wenn keine Gebühren und Zinsen anfallen. Denn wenn man ihn erst in einem Jahr kauft, ist der Preis gestiegen."

Nicht alles ist negativ

Experten wie Aldo Gnocchi, Social-Media-Experte und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), sehen die Videos aber nicht gänzlich negativ. Mit den Videos und Kommentaren könnten sich junge Menschen informieren und auch Tipps zum Schuldenabbau austauschen, sagt er. Es gebe aber wohl auch viele, die nicht groß darüber nachdenken und einfach mit eigenen Videos auf den Trend aufspringen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Gnocchi fände es gut, wenn Klarna sich mit eigenen TikTok-Videos direkt bei der Zielgruppe einbringt und einen Beitrag zur Schuldenprävention leistet. So könne Klarna vom Momentum profitieren. Vorgängig müsste das Unternehmen aber eine Risikoabschätzung machen, damit daraus kein Shitstorm entsteht.

Klarna plant Aufklärungskampagne

Bei Klarna heißt es auf Anfrage, dass man den TikTok-Trend mit Sorge beobachtet. "Weder möchten wir zu unverhältnismäßigen Ausgaben animieren, noch schlagen wir Profit aus dem Mahnprozess", sagt eine Sprecherin zu "20 Minuten".

    Altkanzler Sebastian Kurz und sein neuer Arbeitgeber Peter Thiel im Jahr 2017.
    Altkanzler Sebastian Kurz und sein neuer Arbeitgeber Peter Thiel im Jahr 2017.
    Twitter/Sebastian Kurz

    Eine fixe Kredit-Obergrenze gibt es nicht bei Klarna. Das Unternehmen legt mit Bonitätsprüfungen individuelle Beträge pro Kundin und Kunde fest. Die Bonität werde vor jedem Kauf geprüft. Dadurch sei die weltweite Ausfallquote unter einem Prozent. Bei einer verpassten Zahlungsfrist würden künftige Zahlungen gesperrt.

    Außerdem biete Klarna Hilfe bei Zahlungsplänen und Schulungen zum Mahnwesen an. Zudem gebe es auch andere Zahlungsoptionen. In Zukunft will das Unternehmen aber speziell die jüngere Zielgruppe besser über die Produktnutzung und die finanzielle Verantwortung informieren. In welcher Form das geschieht, ob auch in TikTok-Videos, sei noch nicht entschieden.

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