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Darum wächst die Gefahr eines Atomkriegs weltweit

Laut einem Sicherheitsbericht werden Großmächte ihre Atomwaffenarsenale wegen derzeitiger Spannungen bald aufstocken. Eine ernstzunehmende Gefahr.

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Erstmals seit dem Kalten Krieg werden militärische Großmächte ihre Atomwaffenarsenale als Folge derzeitiger Spannungen wieder aufrüsten, so ein Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. (Symbolbild)
Erstmals seit dem Kalten Krieg werden militärische Großmächte ihre Atomwaffenarsenale als Folge derzeitiger Spannungen wieder aufrüsten, so ein Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. (Symbolbild)
REUTERS

Erstmals seit dem Kalten Krieg werden militärische Grossmächte ihre Atomwaffenarsenale als Folge derzeitiger Spannungen wieder aufrüsten. Damit rechnet das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in den nächsten zehn Jahren, wie es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht festhält. Diese Prognose wird durch die vielerorts angespannten Sicherheitslagen untermauert. Hier einige Beispiele von aktuellen Brandherden:

Südkorea hat aus Angst vor den atomaren Drohungen des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un massive Investitionen in die Landesverteidigung angekündigt.

Der Chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe sagt, dass China «bis zum bitteren Ende» kämpfen werde, um Taiwan zurückzuerobern. Seit Jahren erhebt Peking Anspruch auf Taiwan, obwohl dieses nie Teil Chinas gewesen war.

Russland hat im Verlauf des Ukraine-Kriegs wiederholt mit einem atomaren Schlag gegen den Westen gedroht.

Der Iran soll Medienberichten zufolge genügend Uran für den Bau einer Atomwaffe angereichert haben. Seit Jahren wird Teheran für seine atomaren Pläne sanktioniert. Experten befürchten, dass der seit Jahrzehnten bestehende Konflikt zwischen Israel und dem Iran nun eskalieren könnte.

In der umstrittenen Kaschmir-Region, die sowohl Indien als auch Pakistan für sich beanspruchen, kommt es immer wieder zu Konflikten. Seit Jahrzehnten rüsten beide Mächte deshalb ihr Atomarsenal auf.

"Wahrscheinlichkeit für Atomkrieg klar gestiegen"

Wie ernst ist die Lage und stehen wir kurz vor einer atomaren Eskalation? "Die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs ist klar gestiegen", sagt Marcel Berni, Strategieexperte von der Militärakademie an der ETH Zürich. Zu diesem Schluss komme auch das "Bulletin of Atomic Scientists", das jährlich die Gefahr einer atomaren Eskalation mit der sogenannten "Weltuntergangsuhr" einschätzt. "Mit dem Ukrainekrieg, den jüngsten Äußerungen Pekings und den sonstigen globalen Brandherden wird die Aufrüstung von Atomwaffen, die nukleare Teilhabe und das Streben nach der Zweitschlagskapazität zunehmen." Die Gefahr einer nuklearen Konfrontation sei jedoch weniger akut als während der Kubakrise 1962 (siehe Box). "Trotzdem bleiben Atomwaffen – wie im Kalten Krieg ebenfalls – eine Art Ultima Ratio und primär politische Instrumente, um Drohungen glaubhafter zu machen und die Regimestabilität zu sichern."»

Die Meinungen, was die weltweite atomare Aufrüstung für den Weltfrieden bedeutet, gehen laut Berni auseinander. "Einerseits können Atomwaffen aufgrund ihres Droh- und Abschreckungspotentials Großmächte zu Verhandlungen zwingen." Andererseits bringe eine wachsende globale Atomwaffenverbreitung auch große Risiken mit sich. "Die Drohung mit der Bombe wird salonfähiger und die Gefahr einer Eskalation nimmt zu."

Neue Großmächte fördern atomare Aufrüstung

Die Sicherheitslage spitze sich vielerorts zu, weil die internationale Ordnung multipolarer geworden sei, sagt Berni. "Mit China und Russland präsentieren zwei atomare Großmächte alternative Ordnungsvorstellungen zu den westlichen Demokratien. Sie sind dazu bereit, ihren Machtanspruch mit Gewalt durchzusetzen." Das heize den Rüstungswettlauf und insbesondere das atomare Aufrüsten an. "Man will im Ernstfall gewappnet sein und zurückschlagen können."

Eine Entschärfung der verschiedenen Brandherde sei schwierig, sagt Berni. "Am meisten Chancen hätten die Vereinten Nationen, sprich der Sicherheitsrat. Doch aufgrund des Vetorechts der ständigen Mitglieder ist dieses Gremium häufig blockiert." Auch zivilgesellschaftliche Bemühungen zur nuklearen Abrüstung hätten es aufgrund der aktuellen Bedrohungslage künftig schwieriger, so Berni.

Die Kuba-Krise 1962
Während des Kalten Kriegs versuchten die USA und die Sowjetunion, ihre Atomraketen möglichst nahe beim Gegner zu stationieren. Als die USA im April 1962 ihre Atomraketen in der Türkei platzierten, begann die UdSSR im Juli 1962 auf Kuba heimlich Atomraketen zu stationieren. Als die USA Wind davon bekamen, überschlugen sich die Dinge und es kam beinahe zu einer atomaren Eskalation. Während dieser 13 Tage stand die Welt laut Historikern kurz vor einem dritten Weltkrieg. Die beiden Weltmächte konnten das jedoch mit einer Vereinbarung verhindern: Die Sowjetunion zog ihre Atomraketen von Kuba ab und die USA ihre aus der Türkei.

    Immer wieder gibt es Gerüchte über schwere Erkrankungen von Wladimir Putin. Nun heißt es, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde.
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    via REUTERS
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