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Das Game, das Demenz im Frühstadium erkennt

Heute Redaktion
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Mit einem Videospiel wurden Daten über räumliche Orientierung erhoben. Forscher haben nun bestätigt, dass sich damit Demenz frühzeitig erkennen lässt.

Alzheimer gehört neben Krebs zu den größten medizinischen Geißeln der Menschheit. Weltweit leben derzeit rund 47 Millionen Menschen mit Demenz, bis 2050 könnten es über 130 Millionen sein. Laut dem letzten World Alzheimer Report belief sich der wirtschaftliche Schaden bis 2018 weltweit auf rund eine Billion US-Dollar. Obwohl die Forschung auf Hochtouren läuft, konnte bisher noch kein Heilmittel gefunden werden.

Ein kleiner, aber bedeutsamer Schritt vorwärts wurde nun aber durch das Videospiel "Sea Hero Quest" ermöglicht. In Auftrag gegeben wurde das Game von der Deutschen Telekom, entwickelt wurde es vom Studio Glitch zusammen mit Demenzforschern, Experten für räumliche Navigation und Datenspezialisten. 2016 ist "Sea Hero Quest" erschienen. Das Ziel: Spielerisch möglichst viele Daten in Bezug auf räumliche Orientierung im Spiel, aber auch Alter, Geschlecht und weitere Faktoren zu sammeln.

Orientierungsverlust als Zeichen

In "Sea Hero Quest" müssen sich Spieler anhand einer Karte den Weg durch mehrere Checkpoints merken. Danach geht es – ohne Karte – mit einem Boot auf die Fahrt. Möglichst ohne Umwege sollen die Checkpoints bis zum Ziel erreicht werden. Der Clou: Räumliche Navigation gilt als komplexe Aufgabe, denn das Hirn muss eine Vielzahl von Informationen wie landschaftliche Merkmale, Erinnerungen und die Selbstwahrnehmung des Körpers verarbeiten. Ein Orientierungsverlust kann ein frühes Zeichen beim Erkennen von Demenz sein.

Neben dem Erfolg bei der Navigation durchs Spiel wurden mittels Fragen zusätzliche demografische Daten erhoben: Alter, Geschlecht, Bildung und Wohnort. Ebenfalls erforscht wurde, wie sich Träger des APOE-4-Proteins, das das Risiko für Demenz erhöhen soll, gegenüber jenen ohne dieses Protein schlagen. Träger des Proteins schnitten bei der Aufgabe schlechter ab als Nichtträger.

17.000 Jahre Forschung

Laut den Forschern ersetzen dabei zwei Spielminuten in "Sea Hero Quest" fünf Forschungsjahre im Labor. Seit seiner Veröffentlichung wurde das Game von 3,5 Millionen Spielern gespielt, was einem Äquivalent von 17.000 Jahre Alzheimer-Forschung im Labor entspricht. Dank Big Data konnten die Forscher eine Grundlage von Normdaten bauen, womit sich weitere Testresultate vergleichen lassen.

Die Forscher haben in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) nun den Nutzen der Erkenntnisse aus dem Game offiziell bestätigt. Und damit auch, dass das Game "Sea Hero Quest" zur Früherkennung von Demenz beiträgt, noch bevor sich schwere Alzheimer-Symptome bemerkbar machen.

Mittlerweile ist auch die Virtual-Reality-Version des Games erschienen. Der virtuelle Raum ermöglicht im Gegensatz zum zweidimensionalen Spiel genauere Beobachtungen des natürlichen Verhaltens, etwa wenn der Kopf gedreht wird, um die Landschaft zu studieren. Damit sollen die Datensätze zusätzlich verfeinert werden, was wiederum der Entwicklung möglicher Heilmittel einen Schub verleihen könnte.

Hintergrundvideo zu "Sea Hero Quest"

(jag)