Politik

Milliardär, Ja-Wort in Wien – das ist Kurz' neuer Boss

Ex-Kanzler Kurz hat einen neuen Arbeitgeber mit Sitz in Kalifornien: Wofür steht Milliardär Peter Thiel und wie kam er zu seinem Reichtum?

Leo Stempfl
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Neuer Chef von Sebastian Kurz: PayPal-CEO Peter Thiel (links) - hier mit Elon Musk im Jahr 2000.
Neuer Chef von Sebastian Kurz: PayPal-CEO Peter Thiel (links) - hier mit Elon Musk im Jahr 2000.
PAUL SAKUMA / AP / picturedesk.com

Dass Sebastian Kurz mit global agierenden Unternehmen im Silicon Valley liebäugelt, war schon länger offensichtlich. Dorthin führten ihn die meisten seiner Reisen, in Davos vernetzte er sich am Weltwirtschaftsforum mit CEOs. Unmittelbar nach seinem Rücktritt reiste er – privat und ohne Partnerin – nach Irland, wo viele Tech-Giganten ihre Europa-Hauptquartiere haben. 

Vergangene Woche berichteten einige Medien schließlich von einem möglichen Kurz-Engagement bei Palantir, wo schon die ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas vergangenes Jahr unterkam. "Blödsinn", wie ein Kurz-Intimus gegenüber "Heute" offenlegte. Der Kopf hinter dem Konzern stimmte aber: Peter Thiel wird neuer Chef von Ex-Kanzler Sebastian Kurz.

Als Kurz 2013 sagte, er sehe sich in zehn Jahren "nicht in der Politik", sollte er also Recht behalten. Den 1967 in Frankfurt geborenen Investor kennt er seit vielen Jahren. Ohne Chat-Affäre hätte er deswegen auch in Berlin eine Laudatio auf Thiel gehalten, dem dort der Frank-Schirrmacher-Preis verliehen werden sollte.

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    Altkanzler Sebastian Kurz und sein neuer Arbeitgeber Peter Thiel im Jahr 2017.
    Altkanzler Sebastian Kurz und sein neuer Arbeitgeber Peter Thiel im Jahr 2017.
    Twitter/Sebastian Kurz

    PayPal-Gründer und Facebook-Milliardär

    Jener Award ehrt Personen für ihre "herausragende Leistungen zum Verständnis des Zeitgeschehens". Dies kann Peter Thiel bei aller Umstrittenheit nicht abgesprochen werden. Gemeinsam mit Elon Musk und Informatiker Max Levchin gründete er den Online-Bezahldienst PayPal, ohne den heutzutage kaum ein Shop mehr auskommt. Er wurde dessen CEO, scheffelte Millionen und wurde 2004 der allererste Investor eines kleinen Start-Ups namens "Facebook".

    Das Investment von 500.000 US-Dollar wandelte er früh in sieben Prozent der Firmenanteile um. Diese verkaufte er beim Börsengang um insgesamt über eine Milliarde Dollar. Ein ordentliches Vermögen, mit dem er nun in zahlreiche Unternehmen, Branchen und Fonds investiert (darunter unter anderem Airbnb und LinkedIn).

    Hochzeits-Überraschung in Wien

    Schon 2003 begründete er Palantir mit, deren Vorstandsvorsitzender er nun ist. Obwohl Umsatz (740 Mio. USD) und Mitarbeiterzahl (2.500) es kaum vermuten lassen, hat die Big-Data-Firma mehr Einfluss als gedacht. Sie stellt Überwachungssoftware für Polizei, Geheimdienste und Behörden auf der ganzen Welt her.

    Thiel war lange Zeit begnadeter Schachspieler, zählte zeitweise zu den 1.000 Besten in den USA. 2007 wurde er unfreiwillig als homosexuell geoutet, steht mittlerweile aber offen zu seiner Orientierung. Sogar am Parteitag der Republikaner rief er aus: "Ich bin stolz, homosexuell zu sein. Ich bin stolz, ein Republikaner zu sein. Vor allem bin ich stolz, Amerikaner zu sein!"

    2017 heiratet er schließlich den Finanzexperten Matt Danzeisen. Freunde und Bekannte dachten, sie seien zu Thiels 50er-Feier nach Wien geladen worden, in Wirklichkeit gaben sich die beiden dort das Ja-Wort. Danzeisen arbeitet bei Thiel Capital – jenes Investment-Unternehmen mit Sitz in West Hollywood, bei dem nun Sebastian Kurz Global Strategist wird.

    Freiheit ODER Demokratie

    So beeindruckend das unternehmerische Geschick scheinen mag, so kontrovers sind seine Ansichten und politischen Engagements. Vorneweg genannt wird gerne die 1,25 Millionen-Dollar-Spende an Donald Trump, später wurde er Berater des ehemaligen US-Präsidenten. Der Republikaner unterstützte Politiker der Partei schon zu Studienzeiten, gründete eine libertäre Wochenzeitung und verfasste dort regelmäßig Aufsätze.

    Bei genauerer Betrachtung deren Inhalte kann man Thiel nicht nur als Liberalen, sondern gut auch als Turbo-Liberalen bezeichnen. 2009 schrieb er im englischen Aufsatz "Die Bildung eines Libertären", dass er aufgehört habe, zu glauben, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar wären.

    "Wettbewerb ist etwas für Verlierer."

    Drei Jahre später fasste er seine Ideologie im Manifest "From Zero to One" zusammen, das aus einem Kurs, den er an der Stanford-Uni gab, entstanden ist. "Netzpolitik.org" hat es im Oktober genauer unter die Lupe genommen. Demnach rät Thiel Investor-Kollegen, möglichst nach Monopolen zu streben. Denn: "Wettbewerb ist etwas für Verlierer."

    Pro-Monopol

    Diese "Netzwerk"-Idee flüsterte er in frühen Jahren auch Mark Zuckerberg ein (dieser sagte, Thiel habe "massiven Einfluss auf mein Denken" gehabt). Das schlägt sich vermutlich darin nieder, dass Facebook eben auf jene Monopolstellungen hinstrebt. 2012 kaufte man den (noch) in den Kinderschuhen steckenden Konkurrenten Instagram, 2015 WhatsApp. Auf den "Meta"-Konzern ist deswegen so gut wie jeder Internet-Nutzer mittlerweile angewiesen.

    Start-Ups vergleicht er deswegen auch mit der Regierungsform der Monarchie. "Natürlich nennen wir es nicht so, das würde absurd veraltet wirken. Alles, was nicht demokratisch ist, führt bei den Menschen zu Unbehagen", schreibt er in einem Essay. "Die Wahrheit ist: Start-Ups und Gründer lehnen sich in Richtung der diktatorischen Seite, weil diese Struktur für Start-Ups besser funktioniert."