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"Recht auf Abtreibung ist in der EU nicht geschützt"

Die Abtreibungsgesetze in den USA sorgen für Schlagzeilen und Unverständnis. Doch auch in Europa sind Frauen nicht so geschützt wie gedacht.

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In den USA gehen nun viele Frauen auf die Straße, um gegen das geplante Gesetz zu demonstrieren.
In den USA gehen nun viele Frauen auf die Straße, um gegen das geplante Gesetz zu demonstrieren.
STEFANI REYNOLDS / AFP / picturedesk.com

Auf Malta muss eine Touristin warten, bis ihr Baby stirbt. Die Plazenta habe sich teilweise gelöst und die Schwangerschaft sei nicht überlebensfähig, so lautete die Diagnose. Solange das Herz des Babys jedoch schlage, dürften ihr die Ärzte nicht helfen, die Schwangerschaft zu beenden – das Gesetz verbietet es.

Strengstes Abtreibungsgesetz Europas

Malta hat die strengsten Abtreibungsgesetze in Europa und verbietet jegliche Abtreibung – auch wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, so wie in Andrea Prudentes Fall, "Heute" berichtete. Durch die Ablösung der Plazenta bestand für die Frau eine hohe Infektionsgefahr. Erst wenn das Baby stirbt oder Andrea eine lebensgefährliche Infektion hat, könnten die Ärzte weitere Schritte setzen. 

Andreas Rettung war ihre Reiseversicherung, die schließlich einen Krankentransport nach Spanien bezahlte, wo eine Abtreibung durchgeführt werden konnte. 

Die weltweite Aufmerksamkeit rund um den Fall von Andrea haben 135 maltesische Ärzte genutzt, um für eine Änderung des Abtreibungsgesetzes von 1850 zu protestieren. "Es gibt jedes Jahr ein paar Fälle wie den von Andrea Prudente auf Malta. Doch im Gegensatz zu ihr können die meisten Malteserinnen es sich nicht leisten, sich für die lebensrettende Operation ausfliegen zu lassen", erklärt Andrea in einem Interview mit "WELT". 

Diese Mikrostaaten sind alle sehr eng mit der katholischen Kirche verbunden. Teils beziehen sie ihre Legitimität, als Staat zu existieren, aus diesen Verbindungen, daher orientieren sie auch ihre Gesetze am Wertekanon der Kirche. Es bleibt abzuwarten, ob der Protest der maltesischen Ärzte etwas ändern kann.

Verbot in den USA spaltet die Gesellschaft

Die jüngsten Entwicklungen in den USA rund um das Abtreibungsgesetz sorgen für weltweites Unverständnis. Der Supreme Court hatte das verfassungsmäßige landesweite Recht auf Abtreibung gekippt. Die Richter hoben das entsprechende Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973 auf, das mit der Bezeichnung "Roe v. Wade" Geschichte geschrieben hatte. Schwangerschaftsabbrüche sind damit zwar nicht automatisch illegal, den einzelnen US-Bundesstaaten steht es jedoch frei, diese zu erlauben, einzuschränken oder gänzlich zu verbieten.

Alte Gesetze, wenig Neuerungen

Bei einem genaueren Blick erkennt man, auch in Europa ist nicht jede Frau und das Recht auf Abtreibung geschützt. Vereinzelt gelten Gesetze die mehr als 80 Jahre alt sind. Neil Datta, Generalsekretär des European Parliamentary Forum for Sexual and Reproductive Rights (EPF), erläutert im Gespräch mit WELT: "Das Recht auf Abtreibung ist in Europa nicht so geschützt, wie viele Bürger glauben. In vielen Ländern sind die Gesetze veraltet, und in manchen gibt es eine Reihe unnötiger Hindernisse, die den Zugang zu Abtreibungen erschwerten."

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