Niederösterreich

Das sagt Opferanwalt zum Hundebiss-Gutachten

Es sei nicht objektiviert, dass das Opfer die Hunde selbst aus dem Zwinger geholt hat, so der Anwalt. Und: Die Schlussfolgerungen des Gutachtens.

Erich Wessely
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Kaserne in Wr. Neustadt und Anwalt Erich Gemeiner
Kaserne in Wr. Neustadt und Anwalt Erich Gemeiner
Thomas Lenger

Das im Zusammenhang mit der tödlichen Hundeattacke auf einen 31-jährigen Soldaten in der Wiener Neustädter Flugfeld-Kaserne erstellte Sachverständigen-Gutachten wird seitens der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt einer rechtlichen Prüfung unterzogen. "Dies kann einige Zeit dauern", sagte Behördensprecher Erich Habitzl am Montag zur APA. Die Auswirkungen der Expertise auf den weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens seien derzeit noch nicht abschätzbar.

Zum Inhalt des Gutachtens von Esther Schalke, einer Sachverständigen für Hundewesen aus Deutschland, gab Habitzl keinen Kommentar ab. Die Expertise entlastet wie berichtet sowohl den zuständigen Hundeführer als auch das Bundesheer. Der 31-Jährige selbst sei vielmehr ein zu großes Sicherheitsrisiko eingegangen, als er zwei Malinois, die ihn später attackierten, ohne Leine und Halsband frei laufen hatte lassen.

"Der Ball liegt bei der Justiz"

Während Christian Stocker, Anwalt des beschuldigten Hundeführers, eine baldige Einstellung des Ermittlungsverfahrens erwartete, hielt sich das Bundesheer am Montag mit einer Einschätzung zurück. Sprecher Michael Bauer wollte das Sachverständigen-Gutachten auf APA-Anfrage nicht kommentieren, sagte nur so viel: "Der Fall liegt bei der Justiz, wir warten das Ergebnis der Beratungen der Justiz ab."

Der 31-jährige Soldat wurde am 14. November des Vorjahres kurz vor 2 Uhr tot aufgefunden. Der Mann war unter anderem für Auslauf und Fütterung mehrerer Hunde zuständig gewesen. Er war am Vortag gegen 16 Uhr zur Zwingeranlage aufgebrochen.

"Hati" wurde eingeschläfert

Einem DNA-Gutachten zufolge wurden Bissspuren der beiden Malinois "Hati" und "Ragna" am Körper des 31-Jährigen gefunden. Der im Dezember 2019 an die Staatsanwaltschaft übermittelte Untersuchungsbericht des Bundesheeres kam zum Ergebnis, dass eine "schwere Konfliktsituation" zwischen dem Getöteten und "Hati" vorgelegen habe. Zur Rolle des zweiten, jüngeren Hundes "Ragna" könnten keine Angaben gemacht werden, wurde betont. Während "Ragna" nunmehr dem Züchter und Eigentümer zurückgegeben wurde, wurde "Hati" eingeschläfert.

"Leicht, Alleinschuld Totem in Schuhe zu schieben"

Opferanwalt Erich Gemeiner sagt zu dem Fall: "Es ist natürlich immer leicht, die Alleinschuld einem Toten in die Schuhe zu schieben, der nicht mehr Rede und Antwort stehen kann und das System 'freizusprechen'. Es ist nicht objektiviert, dass das Opfer die Hunde überhaupt aus den Zwingern geholt hat bzw. die vielleicht nicht schon draußen waren. Es ist nicht objektiviert, wer zuletzt (vor dem Opfer) die Hunde versorgt hat. Auch das 'gefundene Spielzeug' kann sich bereits vorher in der Zone befunden haben."

Im Gutachten seien "diverse Missstände an der Hundeanlage festgestellt bzw. am allgemeinen Umgang mit den Hunden, so dass das Bundesheer an sich jedenfalls zumindest fahrlässig den Tod des Opfers mitverschuldet hat".

Anwalt Erich Gemeiner
Anwalt Erich Gemeiner
Thomas Lenger

Die Schlussfolgerungen des Gutachtens, das "Heute" vorliegt, lauten u.a. wie folgt: "Es fand offensichtlich zu keinem Zeitpunkt eine Situation statt, die darauf schließen ließe, dass es zu einer Gefährdung des Geschädigten Dominik R. durch die Hunde kommen könnte. Es ergeben sich daher keine Hinweise, dass der Beschuldigte S. H. seine Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hat."

"Betreuung weist Schwachpunkte auf"

Zur Betreuung der Hunde heißt es: "Die gepflogene Betreuung weist Schwachpunkte auf. Es sollte jedoch hinzugefügt werden, dass diese Art der Betreuung noch in vielen diensthundführenden Behörden üblich ist."

Zu den Sorgfaltspflichten und zum Zwinger heißt es: "Es ergeben sich daher keine Hinweise, dass der Beschuldigte S. H. seine Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hat. Die Unterbringung von Hunden in einem Zwinger ohne eine Vorrichtung, von außen einen Maulkorb aufsetzen zu können, ist aus ethologischer Sicht ein Mangel. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass dieser Mangel ursächlich für den Unfall war."

Zum vorhandenen Zwinger heißt es auch noch ausführlicher in dem Gutachten: "Die vorhandene Zwingeranlage ist laut Unterlagen ein Provisorium und wird auf Dauer durch eine neue Zwingeranlage ersetzt. Laut Vernehmungsprotokoll handelt es sich hierbei um mobile 'Natozwinger'. Sie können nur von außen geöffnet werden. Auf den Bildern der Spurenauflistung vom 2. 12. 2019 ist zu erkennen, dass die Verschlussvorrichtung aus einem waagerechten Sperrriegel mit Feder besteht. Dem Hund ist es damit nicht möglich, den Verschluss selbstständig zu öffnen."

"Untergraben scheint nicht ganz auszuschließen zu sein"

Und weiter: "Die Höhe der Zaunelemente der Zwingeranlage ist laut Bidern ca. 2,5 Meter hoch. Ein selbstständiges Überwinden kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, ist aber aufgrund der geschätzten Höhe eher unwahrscheinlich. Der Freilaufbereich des Zwingers ist augenscheinlich mit Kies ausgelegt. Ein Untergraben scheint nicht ganz auszuschließen zu sein. Eine Schleuse im Zwingerbereich ist auf den Bildern nicht zu erkennen. Ein unbeabsichtiges Enteichen kann somit nicht ganz ausgeschlossen werden. Es ist allerdings der gesamte Zwingerbereich mit einem Zaun umgeben. Ein Enteichen aus diesem Bereich ist nur bei einem geöffnetem Tor möglich. Es ist ebenfalls keine Öffnung in den Zaunelementen der Zwinger zu sehen, durch die ein gefahrloses Anlegen des Maulkorbes von außen möglich wäre. Es sollte aber darauf hingewiesen werden, dass diese laut Hersteller standardmäßig in den 'Natozwingern' nicht vorgesehen sind."

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