Politik

Delta-Lockdown? In New York findet Kurz klare Worte

Drohen wegen Delta schärfere Corona-Regeln? Gegenüber "Heute" spricht Kanzler Kurz in New York Klartext – und gibt einen Ausblick auf den Schulstart.

Clemens Oistric
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Interview in New York: Sebastian Kurz im Gespräch mit <em>Heute.at</em>-Chef Clemens Oistric
Interview in New York: Sebastian Kurz im Gespräch mit Heute.at-Chef Clemens Oistric
BKA/Arno Melicharek

"Das Virus wird nicht verschwinden. Es wird uns noch Jahre beschäftigen", dämpft Sebastian Kurz (VP) die Hoffnung vieler, die ohne Impfung das Auslangen finden möchten. "Geschützt ist nur, wer geimpft ist", so der Bundeskanzler, der derzeit Im Zuge einer Rede vor der UNO in New York weilt. Angesichts der derzeit grassierenden Delta-Variante gibt er sich in einem "Heute"-Interview (siehe Video) keiner Illusion hin: "Die Corona-Zahlen werden wieder ansteigen. Auch bei uns, definitiv."

DANN DIE VIRUS-ANSAGE: "Wer nicht geimpft ist, hat ein sehr großes Risiko, dass er sich irgendwann ansteckt. Wenn nicht jetzt sofort, dann im Herbst oder Winter." Für den Kanzler habe jeder Einzelne nun also die Wahl: "Impfung oder Ansteckung, diese Einschätzung teile ich mit Experten."

Kurz: "Ziel ist Normalität"

In den Niederlanden, in Israel und Großbritannien steigen die Neuinfektionen rapide. Droht auch uns der Delta-Lockdown? Kurz: "Mein Ziel ist, dass wir zur Normalität zurückkehren. Die notwendigen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen waren dramatisch, aber etwas, das wir uns nie leicht gemacht haben." Neuauflage also ausgeschlossen? "Ich finde, es darf immer nur Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte geben, wenn es wirklich keine andere Möglichkeit gibt. Aber mit der Impfung haben wir eine andere Möglichkeit. Jeder, der sich impfen lässt, ist geschützt", meint der Kanzler, der selbst vor Kurzem die zweite Dosis AstraZeneca erhalten hat. 

Keine Verschärfungen geplant

Die Impfung wirke gegen alle Varianten – auch gegen Delta. "Darum ist der Weg, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen besser, als wieder alles zuzusperren." Eine Verschärfung der Corona-Regeln kann er sich aktuell nicht vorstellen: "Ich möchte ehrlich gesagt in einem Staat leben, in dem ich erwachsenen Menschen nicht vorschreiben muss, wann sie zuhause sein müssen." Überhaupt ärgert ihn Kritik an den Lockerungsmaßnahmen: "Wir tun das ja nicht leichtsinnig, sondern haben mit der 3G-Regel, die wir in Österreich erfunden haben, ein starkes Sicherheitsnetz."

Video: "Heute"-Interview in NY

"Endlich wieder Leben"

An seinem ersten Abend in den USA besuchte Kurz (er aß Steak, trank Cola light und spritzte das Dessert) mit seiner Delegation in der Nacht zum Montag das Restaurant Schilling in Manhattan. Es gehört dem Österreicher Edi Fraunender. Corona-Einschränkungen gibt es in New York keine mehr. Auch keine Maskenpflicht in Lokalen. "Es ist schön zu sehen, dass sich die Situation auch hier gut entwickelt", freut sich Kurz. Es sei nun möglich, dass "endlich wieder Leben stattfinden kann – sowohl in Amerika als auch bei uns in Europa". Für den Regierungschef "eine Entwicklung in die richtige Richtung".

Anderer Weg in Österreich

Viele Betriebe in den USA hätten die Pandemie aber leider nicht überlebt. "In Österreich haben wir die Wirtschaft, aber vor allem auch die Arbeitnehmer durch die Kurzarbeit sehr intensiv unterstützt. Dadurch konnten wir viele Jobs retten und Menschen in Beschäftigung halten." Amerika habe hier ein ganz anderes System, so Kurz: "Ich bin aber froh, dass wir den Weg in Österreich gegangen sind und sehr viele Menschen ihren Arbeitsplatz nicht verloren haben."

Kurz: "Ich möchte in einem Staat leben, in dem ich erwachsenen Menschen nicht vorschreiben muss, wann sie zuhause sein müssen."

Trotz allem sei nun wirtschaftlicher Wiederaufbau zentral – darum wird es auch in seiner Rede bei der UNO am Mittwoch gehen: "Wir müssen jetzt schauen, dass die, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, möglichst schnell wieder in Beschäftigung kommen." Zweites Thema: "Die Krise hat gezeigt, dass wir bei der Digitalisierung noch viel Luft nach oben haben. Da müssen wir besser werden, daher ist das einer unserer Schwerpunkte."

Home Schooling

Die Regierung plane darüber hinaus die Zeit nach den Ferien, erklärt Kurz: "Bildungsminister Heinz Faßmann ist dabei, den Schulstart sehr gut vorzubereiten. Wir haben mit den Testungen die Möglichkeit, einen möglichst sicheren Schulbetrieb zu gewährleisten."

Droht in der kälteren Jahreszeit wieder Home Schooling? "Wir streben selbstverständlich den Präsenzunterricht an und werden alles dafür tun", verspricht der Kanzler.

Im letzten Jahr sei es "leider Gottes" notwendig gewesen, "immer wieder auch die Schulen zu schließen, aber das ist nicht unser Ziel für diesen Herbst. Im Gegenteil: Wir wollen, dass die Kinder wieder normal zur Schule gehen können". Mit Tests (drei Mal wöchentlich) habe man "ein sehr gutes Konzept" in der Schublade. 

Guterres-Talk und MET-Besuch

Am Montag steht für den VP-Chef, der bis Mittwoch im "Big Apple" bleibt, ein Gespräch mit UNO-General António Guterres auf dem Programm. Danach besucht Kurz das vom Österreicher Max Hollein geführte Metropolitan Museum of Art. Abends wird er ein Dinner mit Wirtschaftsvertretern einnehmen.