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Der neue Mann an Frankreichs Spitze

Heute Redaktion
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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wird sich bei ihren Besuchen an der Seine an einen neuen Namen gewöhnen müssen: Francois Hollande. Mit dem 57-Jährigen hat Frankreich erstmals seit 17 Jahren wieder einen sozialistischen Präsidenten. Erfolgreich hat sich der langjährige Vorsitzende der Parti Socialiste (1997-2008) im Wahlkampf als linke Alternative zu Nicolas Sarkozy positioniert.

Sein plötzlicher Aufstieg überraschte zunächst Freund und Feind. Nach einer unglaublichen Metamorphose vom rundlich-biederen Langeweiler zum staatsmännisch auftretenden Politiker schaffte er, was seine frühere Lebensgefährtin Segolene Royal vor fünf Jahren vergeblich versucht hatte: den ganz großen Sprung ins Spitzenamt der Republik.

So richtig ins Zweifeln kam Hollande nur einmal: Als der Wahlkampf wegen der Bluttaten eines Serienmörders in Toulouse unterbrochen wurde, und Sarkozy sich als präsidialer Verteidiger von Recht und Ordnung in Szene setzte. "Ja, in dem Augenblick kamen mir Zweifel", gestand Hollande am letzten Tag seines Wahlkampfs der Zeitung "Le Parisien".

Vierfacher Vater

Privat lebte Hollande lange Zeit mit der sozialistischen Spitzenpolitikerin Royal zusammen, mit der er vier Kinder hat. Heute ist die Frau seines Herzens die 47-jährige Journalistin Valerie Trierweiler. Die zweimal geschiedene Französin bringt drei Kinder mit in die Partnerschaft. Im Wahlkampf zeigte sie zwar Präsenz auf Hollandes Kundgebungen, blieb aber diskret im Hintergrund. Sie gilt als die Frau, die hinter Hollandes erstaunlichem Wandel stand.

Studiert hat Hollande Jus und Politikwissenschaften. Anschließend absolvierte er die Elite-Hochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA). Nach dem ENA-Abschluss 1980 war er zunächst am Rechnungshof tätig. In die Sozialistische Partei trat er 1979 ein, schloss sich aber im Richtungsstreit keinem der Flügel an. Im Kampf um ein Mandat für die Nationalversammlung unterlag er 1981 dem späteren Präsidenten Jacques Chirac in dessen Heimat-Departement Correze.

"Kandidat der Normalität"

Unter den sozialistischen Kandidaten für die Präsidentenwahl profitierte er mit seinem Image als bodenständiger "Kandidat der Normalität" am stärksten vom Aus für den einstigen sozialistischen Hoffnungsträger Dominique Strauss-Kahn durch eine Sex-Affäre.

Im Wahlkampf streifte der am 12. August 1954 in Rouen/Normandie geborene Arztsohn schnell sein farblos-biederes Image ab. Der einst wegen seines rundlichen Aussehens verspottete Hollande nahm radikal ab, leistete sich ein neues, modernes Outfit, trat volksnah und zuletzt auch zunehmend staatsmännisch auf. Er gilt als konsequent und verlässlich, hat einen Hang zur Jovialität und auch einen launigen Humor. Der Präsident aller Franzose wolle er sein, hatte er zum Ende eines monatelangen, kräftezehrenden Wahlkampfes betont.

Noch unroutiniert

Routine auf dem außenpolitischen Parkett oder Regierungserfahrung fehlen ihm jedoch bisher - im Wahlkampf wurde ihm das von Kritikern immer wieder vorgehalten. Sein Kontrahent, der scheidende Präsident Nicolas Sarkozy, hatte sich noch wenige Tage vor der Wahl über sein holpriges Englisch lustig gemacht.

Hollande suchte jedoch unbeirrt mit seiner Vision eines sozialeren Europas zu überzeugen und scheute auch den Konflikt mit Berlin nicht in seinem Kampf für eine neue Wachstumsinitiative, die den Euro-Fiskalpakt begleiten soll. Die Reichen in Frankreich müssen sich nun auf etwas gefasst machen: Sie will er verstärkt zur Kasse bitten.

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