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Der Sportwagenmaßstab der 1990er-Jahre

1991 präsentierte Lamborghini den Nachfolger von Miura und Countach, die zuvor den Sportwagen-Himmel auf den Kopf gestellt hatten.

Heute Redaktion
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Lamborghini konnte 1990 bei der Vorstellung des Diablos bereits auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurückblicken. Von Ferruccio Lamborghini gegründet, hatte sich die Firma mit den Typen 350 GT, 400 GT und insbesondere Miura in wenigen Jahren in den Supersportwagen-Olymp katapultiert. Mit dem kantigen Countach hatte man 1971 einen weiteren Meilenstein präsentiert, der immerhin fast 20 Jahre in Produktion blieb.

In den 1970er-Jahren aber geriet die Firma in finanzielle Turbulenzen und wechselte mehrmals den Besitzer, bis sie 1980 in den Händen des Kaufmanns Patrick Mimran landete. In diese Zeit fiel dann auch der Startschuss für das Projekt P132, den Nachfolger des Countach. Und fast zeitgleich ging Lamborghini nochmals an einen neuen Besitzer: Chrysler.

Weiterentwicklung des Countach

Technisch baute der Diablo auf dem Countach S auf, der Radstand war allerdings gewachsen und der 5,7-Liter-Motor mit 492 PS war von Grund auf neu konstruiert worden.

Geblieben waren die nach vorne und oben öffnenden Türen, die Einbaulage des Motors und die Architektur der Aufhängungen. Mit über zwei Metern Breite und 4,46 Metern Länge war der neue Sportwagen deutlich gewachsen, mit zusätzlichen 200 kg aber vor allem schwerer geworden, trotz Einsatz leichtgewichtiger Materialien beim Karosseriebau. Dies konnte aber den Fahrleistungen, die keinen Vergleich scheuen mussten, kaum schaden. Die Zeitschrift Auto Motor Sport notierte 1992 4,5 Sekunden für die Beschleunigung von 0 bis 100 km/h und 325 km/h Spitze.

Wird man das Monster bändigen können?

Kaum einen Betrachter lässt der Diablo kalt. Breit steht er da, riesige Einlässe kühlen die heissblütige Mechanik. Die Scherentüren sind Showcar-würdig. Ehrfurcht erscheint angebracht.

Der Einstieg geht leichter als erwartet. Gegenüber dem Vorgänger Countach sind die Türausschnitte tiefer, was das Besteigen des Supersportwagens fast zum Kinderspiel werden lässt. Im Inneren wird man von einer Symphonie aus Leder empfangen. Das Zündschloss sitzt rechts auf der Lenksäule, wie bei jedem VW Golf. Vor sich hat der Pilot sechs Runduhren, in der Mitte Tacho und Drehzahlmesser. Lenkrad und Instrumententräger sind verstellbar.

Die Schaltkulisse liegt offen da, der erste Gang des Fünfganggetriebes wird links hinten eingelegt. Aber ächz, zuerst einmal will die Kupplung durch eine hoffentlich gut trainierte Beinmuskulatur betätigt werden.

Nomen est omen

Ansonsten aber verläuft eine Fahrt im Countach viel weniger beängstigend und anspruchsvoll, als man vermuten könnte – zumindest solange man nicht die oberen Drehzahlregionen und Grenzbereiche aufsucht. Spätestens dann zeigt der Diablo, dass er seinen Namen zu Recht trägt: Er wird laut, es wird warm und die Strassen scheinen umgekehrt proportional zur Geschwindigkeitszunahme zu schrumpfen.

Übersichtlich war schon der Vorgänger Countach nicht, der Diablo kann es aber kaum besser. Schräge Einfahrten werden am besten mithilfe eines Beifahrers gemeistert; Einparken will geübt sein.

Doch spätestens, wenn man am Ziel ankommt, den Motor nochmals kurz und heiser aufbrüllen und die Türe nach oben gleiten lässt, sind angesichts der uneingeschränkten Bewunderung der Passanten allfällige Mühen schnell vergessen. Und sowieso: Im Vergleich zu seinen Vorgängern kann der Diablo VT als geradezu handzahm beschrieben werden. Eigentlich möchte man sofort wieder einsteigen, weiterfahren.

Weitere Informationen, Bilder sowie Tonmuster gibt es auf Zwischengas.com.

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