Tiere

Der Wolf in der Bibel

Das Jesuskind, die Hirten und die Wölfe! Kurt Kotrschal wünscht frohe Weihnachten und blickt zurück auf tausende Jahre "Wolfspolitik".

Heute Redaktion
Teilen

(Text von Kurt Kotrschal; Wolfsexperte, Verhaltensforscher und Biologe.)

Ochs und Esel stehen an der Krippe des neugeborenen Jesuskindes und die guten Hirten kommen mit ihren Schafen zu Besuch. Nach christlichem Glauben kam mit Jesus Gott auf die Welt, begleitet von domestizierten Tieren.

Wildtiere sind nicht dabei, schon gar keine Wölfe. Verständlich, denn als Christus geboren wurde, lebten die Leute in Palästina schon seit tausenden von Jahren von ihren Weidetieren mit und unter Wölfen.

Der Wolf kommt im Alten Testament, also dem ersten Buch der Bibel, nicht gut weg.

Besonders in Dürrezeiten kamen die Wölfe aus der syrischen Wüste und dem Jordanland. Ihre Beute waren vor allem Schafe und Ziegen. Da die Wölfe nur zeitweise einfielen, war der Herdenschutz nicht besonders entwickelt. Im Wesentlichen versuchten die Hirten mit ihren Hunden, die Wölfe zu vertreiben. Offenbar liefen die bezahlten Hirten auch nicht selten vor den Wölfen davon.

Folge "HeuteTierisch" auf
Facebook
Instagram

Die Tiere in der Bibel

Als das Alte Testament geschrieben wurde, vor 3.000 Jahren, waren Menschen und ihre Nutztiere von Wölfen, Schakalen, Hyänen, Löwen, Leoparden, Geparden und Giftschlangen bedroht. Auf den Schafweiden grasten auch die Gazellen. Man „verteidigte" sich gegen diese Wildtiere so gut es eben ging. Und die Oberschicht jagte damals bereits mit schwerem Kriegsgerät, mit Streitwagen und Bogen, was die Löwen bald zum Verschwinden brachte. Die Wölfe ließen sich aber nicht ausrotten, sie waren schon damals zu schlau und zu beweglich.

Als vor 2.000 Jahren Jesus geboren wurde, gab es aber noch weniger Menschen und mehr Lebensraum für Wildtiere als heute. Zudem war der Nahe Osten noch viel weniger Wüste als heute und Kulturland verzahnte mit den Lebensräumen der Wildtiere.

Bereits im Alten Testament wird der Wolf zum Symbol für das Böse und die Gier.

So kann man dort lesen, dass „die Verbindung von Frevler und Gerechtem ebenso unmöglich sei, wie die von Wolf und Lamm". Und führende Beamte oder Richter, die ihr Amt missbrauchen, „gleichen in ihrer Habgier reißenden Wölfen, ebenso gewalttätige Feindvölker". Dagegen rühmt Benjamin „den Mut und die Angriffslust der Wölfe im Kampf, ihren Erfolg im Beutemachen und ihre Großzügigkeit im Verteilen". Während also die Kriegsherren und Stammesführer die Wölfe bewunderten, konnten ihnen die Halter von Weidevieh nichts Gutes abgewinnen.

Auch im nach Christus entstandenem „Neuen Testament", dem zweiten Buch der Bibel, werden Irrlehrer und falsche Propheten mit Wölfen verglichen.



Und Jesus sendet zwar seine Jünger wehrlos "wie Schafe unter Wölfe". Aber „die von Wölfen gefährdete Herde aber findet im wahren Hirten Christus Schutz und Zuflucht", der – anders als der bezahlte Hirte, die vor Wölfen davonlaufen – „sein Leben für die Seinen gibt".

Immer schon „Wolfspolitik"

Wölfe dienten also auch dazu, Christus als fürsorglich darzustellen. Auch noch in Europa vor wenigen hundert Jahren, machten sich Fürsten damit beliebt, dass sie persönlich auf Wolfsjagd gingen. Seit tausenden von Jahren wird mit Wölfen Politik gemacht.

Vielleicht wäre es zu Weihnachten im Jahr 2019 an der Zeit, die Wölfe endlich von der Politik zu befreien.

Und sie als das zu sehen, was sie sind: Intelligente soziale Beutegreifer mit einer wichtigen Funktion für das Ökosystem. Nicht immer ist das Zusammenleben mit ihnen einfach. Wir sollten das heute aber für Mensch und die Wildtiere verträglicher regeln, als zu Christi Geburt.

"Frohe Weihnachten den Menschen und den Tieren!"