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Deshalb sind digitale Treffen so anstrengend

Aufgrund der Corona-Krise sind digitale Besprechungen mit Kollegen im Home Office aber auch Online-Treffen mit Freunden zuletzt rasant angestiegen. Doch diese Videokonferenzen sind anstrengend für unser Gehirn. In den USA hat man für dieses neue Phänomen bereits einen Begriff gefunen: "Zoom Fatigue".

Stefanie Riegler
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Die Zahl der Videokonferenzen ist zuletzt explodiert.
Die Zahl der Videokonferenzen ist zuletzt explodiert.
istock

Mit den Kollegen findet am Vormittag die Sitzung über Zoom statt, zwischendurch gibt es noch Videotelefonate mit der Familie über WhatsApp oder Skype und am Abend folgt der Online-Aperitif im Freundeskreis. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen bieten Videokonferenzen die Möglichkeit, anderen Menschen virtuell zu begegnen.

Doch warum machen uns diese Online-Gespräche so verdammt müde? In den USA wird dafür bereits der Begriff "Zoom Fatigue" verwendet. Benannt nach der in der Corona-Krise boomenden Software für Videokonferenzen, steht es für die Müdigkeit, die einen nach der Nutzung überkommt. 

Viele Botschaften gehen im Video verloren

Weil wir gezwungen waren, alles von zu Hause aus zu erledigen, ist die Verwendung von Apps wie Zoom, Google Hangouts, Facetime, Skype oder Whatsapp weltweit explodiert. Doch das Videogespräche persönliche Treffen nicht ersetzen können, haben nun Cyberpsychologen aus den USA aufgedeckt.

Andrew Franklin von der Norfolk State University in Virginia erklärt im "Nationa Geographic", dass viele Menschen überrascht seien, wie anstrengend etwas vermeintlich Einfaches auf einmal wird. Doch es gibt einige Gründe, warum uns diese Videocalls so viel Engergie rauben.

Bei einem normalen Gespräch konzentriert sich das Gehirn zu einem Teil auf das verbal Gesagte, gleichzeitig aber auch auf Körpersprache und nonverbale Botschaften. Diese gehen über den Bildschirm oft verloren, etwa weil die Pixel unscharf sind und nur ein ausgeschnittener Teil der Person gezeigt wird.

Dazu kommt, dass sich Teilnehmer eines Videochats nie wirklich in die Augen sehen können. Um den anderen genau anzusehen, muss man direkt in die Kamera schauen, so geht jedoch der Blickwinkel auf den Gesprächspartner am Bildschirm verloren. "Der Geist wird stimuliert, aber der Rest des Körpers nicht. Dieses Ungleichgewicht sorgt für widersprüchliche Empfindungen - das ist anstrengend", erklärte der Pariser Psychologie-Professor Gianpiero Petriglieri gegenüber "BBC".

Selbstwahrnehmung stresst

Auch die Tatsache, dass via Webcam das eigene Porträt (meist unvorteilhaft aufgenommen) am unteren Bildschirmrand zu sehen ist, wirkt sich negativ auf die Kommunikation aus. Es ist einerseits eine weitere Ablenkung, andererseits fühlt man sich unwohl, weil man ständig darüber nachdenkt, wie man rüberkommt. Bei einem echten Treffen würde man eine Distanz wählen, mit der man sich wohlfühlt.

Wenn viele Teilnehmer gleichzeitig am Chat teilnehmen, sorgt das ebenfalls für Anstrengung. Die Galerieansicht ist eine Herausforderung für unser Gehirn, das verzweifelt versucht, mehrere Gesichter gleichzeitig zu lesen. Auch Pausen wirken im Videocall unnatürlich, man fragt sich sofort, ob etwas mit der Technik nicht stimmt. 

Bei den Konferenzen mit die Kollegen und Vorgesetzten kommt noch hinzu, dass die eigene Umgebung in der Wohnung erkennbar ist. So sollte der Hintergrund sorgfältig ausgewählt werden, um Peinlichkeiten zu vermeiden (siehe Video oben).

Natürlich bieten Videokonferenzen viele Vorteile. Sie sind besser als E-Mails, weil hier alle gleichzeitig kommunizieren können. Wenn wir aber von den verpixelten Bildern mal wieder genug haben, sollten wir laut Experten auf das gute alte Telefongespräch umsteigen.