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Deutsche besiegelten Koalition mit Sekt

Heute Redaktion
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Die dritte Große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist durch. Die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD - Kanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel - unterzeichneten am Montag in Berlin den Koalitionsvertrag. Danach stießen sie - anders als ihre Kollegen in Österreich, die Schnaps tranken - mit Sekt an.

- mit Sekt an.

Christdemokraten und Sozialdemokraten hatten sich Ende November nach fünfwöchigen Verhandlungen auf eine Große Koalition geeinigt. Den Koalitionsvertrag konnten sie aber zunächst nur vorläufig unterzeichnen, weil das SPD-Mitgliedervotum noch anhängig war. Nach dem am Samstag bekannt gegebenen Ergebnis stimmten 76 Prozent der SPD-Mitglieder dem Vertrag zu.

Gabriel als zweitmächstigster Mann

Merkel soll nun am Dienstag vom Bundestag für eine dritte vierjährige Amtszeit gewählt und das Kabinett noch am gleichen Tag vereidigt werden. Gabriel wird Wirtschaftsminister und Vizekanzler. Die SPD besetzt insgesamt sechs Ministerposten, die CSU drei. Die CDU fünf Fachminister plus Kanzleramtsminister.

Merkel reist nach Paris

Die erste Reise führt Merkel gemeinsam mit ihrem Vize Gabriel am Mittwochabend zu einem Abendessen mit Frankreichs Präsident Francoise Hollande nach Paris.
Die 59-jährige Merkel regiert Deutschland seit November 2005. Während ihrer ersten Regierungszeit führte sie schon einmal eine "schwarz-rote" Koalition. Nach der Bundestagswahl 2009 schlossen ihre Christdemokraten ein Regierungsbündnis mit den Liberalen (FDP). Diese scheiterten aber bei der Wahl am 22. September dieses Jahres an der Fünf-Prozent-Hürde. Anschließend sondierte Merkel sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen, bevor Ende Oktober die konkreten Koalitionsverhandlungen begannen.

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Die große Koalition in Deutschland sieht sich mit einer Reihe drängender Aufgaben nach Amtsantritt konfrontiert - ein Überblick:

BANKENUNION: Schon an diesem Mittwoch verhandelt der alte und neue Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen europäischen Amtskollegen über Details für gemeinsame Regeln zur Abwicklung maroder Banken. Dazu soll unter anderem mit Abgaben der Finanzindustrie ein europäischer Abwicklungsfonds aufgebaut werden. Er soll innerhalb von zehn Jahren bis zu 55 Milliarden Euro umfassen. Etwa zehn Milliarden dürften deutsche Institute beisteuern.
ENERGIEWENDE: Bis Ostern soll bereits eine Generalüberholung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stehen mit einem verbindlichen Ausbaupfad und Kostenbegrenzungen bei der Förderung erneuerbarer Energien. 40 bis 45 Prozent Ökostrom-Anteil soll es bis 2025 geben, 55 bis 60 Prozent bis 2035. Bei der Windkraft an Land soll es künftig weniger Fördergeld für neue Windräder und eine Konzentration auf windstarke Standorte geben. Durch die Vergabe von Umwelt- und Wirtschaftsministerium an die selbe Partei (SPD) soll es künftig ein reibungsloseres Agieren geben. Sigmar Gabriel (Wirtschaft und Energie) hat sich mit Staatssekretär Rainer Baake, einem Grünen-Mitglied, viel Expertise geholt - ebenso wie Barbara Hendricks (Umwelt und Bau) mit Umweltbundesamt-Präsident Jochen Flasbarth.
RENTE: "Schwarz-Rot" muss als Erstes die anstehende Senkung des Rentenbeitrags verhindern, damit für die verbesserte Mütterrente genug Geld da ist. Dazu bedarf es eines Gesetzes, das schon zum 1. Januar gelten müsste. Dafür ist es aber zu spät, deshalb greift die große Koalition zu einem Trick. In einem ersten Schritt will die Koalition den Gesetzentwurf an diesem Donnerstag in den Bundestag einbringen, um den Beitrag zur Rentenversicherung bei 18,9 Prozent des Bruttolohns stabil zu halten. Da das Gesetz voraussichtlich erst im März rückwirkend in Kraft treten kann, will "Schwarz-Rot" vorab für alle Beteiligten Klarheit schaffen: Durch Veröffentlichung des Gesetzentwurfs vor dem Jahreswechsel im Bundesgesetzblatt. Juristen des Bundestages und der Arbeitgeber halten dies verfassungsrechtlich für fragwürdig. Der Rentenkasse sollen Einnahmen von gut sieben Milliarden Euro erhalten bleiben.
GESUNDHEIT UND PFLEGE: CDU/CSU und SPD wollen die steigenden Arzneiausgaben im Griff halten. Allerdings läuft Ende des Jahres ein gesetzlicher Preisstopp aus. Ein Rabatt, den die Hersteller den Krankenkassen gewähren müssen, sinkt von 16 auf 6 Prozent. CDU/CSU und SPD wollen das Preismoratorium weiterführen und den Abschlag auf 7 Prozent festsetzen. In der Zwischenzeit können die Hersteller die Preise aber anheben. Die wohl größte geplante Reform in dem Bereich betrifft die Altenpflege: Künftig sollen Bedürftige ganz anders und großzügiger in die Pflegeversicherung eingestuft werden. Angesichts eingeplanter Prüfungen dringt die Branche auf zügige Umsetzung.
VERTEIDIGUNG: Spätestens Ende Februar muss das Mandat für die letzten Monate des Kampfeinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan stehen. Bis zum Frühjahr muss außerdem ein Plan für die Zeit danach erarbeitet werden. Die Bundeswehr soll zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Truppen im Land bleiben. Die neue Ministerin Ursula von der Leyen muss sich zudem mit einem Skandal-Projekt befassen, hinterlassen von Vorgänger Thomas de Maizière. Für die Aufklärungstechnik der Drohne "Euro Hawk" muss sie Anfang des Jahres ein neues Trägerflugzeug präsentieren.
AUSSENPOLITIK: Viele der aktuellen internationalen Themen kennt Comeback-Außenminister Frank-Walter Steinmeier schon. Ganz oben auf der Themenliste stehen die Ukraine - und damit auch die Beziehungen zu Russland -, die Atomverhandlungen mit dem Iran sowie die Reparaturarbeiten im Verhältnis zu den USA.
HAUSHALT: Die "schwarz-rote" Koalition muss einen überarbeiteten Haushalt für 2014 vorlegen. Der erste Entwurf war im Sommer von der "schwarz-gelben" Vorgängerregierung vorgelegt worden. Er bleibt wesentliche Grundlage. Durch die lange Regierungsbildung verzögern sich die Etatberatungen. Berücksichtigt werden müssen auch die Neuzuschnitte der Ministerien. Ein neuer Entwurf für 2014 könnte im Februar vorliegen. Im März werden schon die Eckpunkte für den Etat 2015 und den Finanzplan bis 2018 erwartet. Den endgültigen Etat für 2014 könnte der Bundestag April/Mai verabschieden - fünf Monate später als üblich. Solange gilt die vorläufige Haushaltsführung. Die Verzögerung ist nicht ungewöhnlich.