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Deutsche Soldaten salutieren künftig vor einer Frau

Heute Redaktion
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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Dienstag ihre dritte Amtszeit angetreten. Die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen von der CDU wurde überraschend zur ersten deutschen Verteidigungsministerin berufen.

Die hat am Dienstag ihre dritte Amtszeit angetreten. Die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (55) von der CDU wurde überraschend zur ersten deutschen Verteidigungsministerin berufen.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD bietet zwar nur vage Formulierungen zur Frauen- oder Gender-Politik. In Merkels drittem Kabinett werden aber zwei machtbewusste Frauen Schlüsselressorts leiten: Die Ärztin Ursula von der Leyen das Verteidigungsministerium und Andrea Nahles das Arbeits- und Sozialministerium.

Frauenquote erfüllt

Mit von der Leyen, einer siebenfachen Mutter, an der Spitze kann die Bundeswehr ihre selbst gesteckte Frauenquote von 15 Prozent an der Spitze mit einem Schlag bald erfüllen und sogar übertreffen. Auch jenseits der Debatte um die Frauen-Quote hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dieser Personalie für ihre Partei einen starken frauenpolitischen Akzent gesetzt.

Aus Sicht Merkels ist die stellvertretende Parteivorsitzende eine Politikerin, mit der sie die angestrebte Modernisierung der CDU und die Öffnung zu weiblichen Wählergruppen vorantreiben kann.

Bundeswehr-Reform steht an

Helfen könnte von der Leyen, dass die Soldaten seit dem unrühmlichen Abgang Karl-Theodor zu Guttenbergs einen gewissen Glamour an der Spitze des Ministeriums vermissen. Allerdings steht die CDU-Ministerin vor einem Berg von Problemen: Die Bundeswehr-Reform muss ebenso wie die Neuordnung der Rüstungsgeschäfte vollendet werden, zugleich läuft der Afghanistan-Abzug weiter.

Auch die Nachwuchsgewinnung nach der Aussetzung der Wehrpflicht ist ein Thema - die deutsche Wirtschaft brummt und ist als Arbeitgeber eine starke Konkurrenz für den Bund. In den kommenden Jahren steht auch die umstrittene Änderung des Parlamentsvorbehalts für Auslandseinsätze an. von der Leyen will auch auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Soldatinnen und Soldaten aufmerksam machen.

Bewährt sich von der Leyen, hätte sie vielleicht sogar Aussicht, erste Frau an der Spitze der NATO zu werden. Englisch und Französisch spricht sie fließend. Auch wird sie von jetzt an aber wie auch der frühere und künftige Innenminister Thomas de Maiziere wieder als "Reservist" gehandelt werden, sollte Merkel ihr Amt nicht mehr ausüben können.

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Die große Koalition in Deutschland sieht sich mit einer Reihe drängender Aufgaben nach Amtsantritt konfrontiert - ein Überblick:

BANKENUNION: Schon an diesem Mittwoch verhandelt der alte und neue Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen europäischen Amtskollegen über Details für gemeinsame Regeln zur Abwicklung maroder Banken. Dazu soll unter anderem mit Abgaben der Finanzindustrie ein europäischer Abwicklungsfonds aufgebaut werden. Er soll innerhalb von zehn Jahren bis zu 55 Milliarden Euro umfassen. Etwa zehn Milliarden dürften deutsche Institute beisteuern.
ENERGIEWENDE: Bis Ostern soll bereits eine Generalüberholung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stehen mit einem verbindlichen Ausbaupfad und Kostenbegrenzungen bei der Förderung erneuerbarer Energien. 40 bis 45 Prozent Ökostrom-Anteil soll es bis 2025 geben, 55 bis 60 Prozent bis 2035. Bei der Windkraft an Land soll es künftig weniger Fördergeld für neue Windräder und eine Konzentration auf windstarke Standorte geben. Durch die Vergabe von Umwelt- und Wirtschaftsministerium an die selbe Partei (SPD) soll es künftig ein reibungsloseres Agieren geben. Sigmar Gabriel (Wirtschaft und Energie) hat sich mit Staatssekretär Rainer Baake, einem Grünen-Mitglied, viel Expertise geholt - ebenso wie Barbara Hendricks (Umwelt und Bau) mit Umweltbundesamt-Präsident Jochen Flasbarth.
RENTE: "Schwarz-Rot" muss als Erstes die anstehende Senkung des Rentenbeitrags verhindern, damit für die verbesserte Mütterrente genug Geld da ist. Dazu bedarf es eines Gesetzes, das schon zum 1. Januar gelten müsste. Dafür ist es aber zu spät, deshalb greift die große Koalition zu einem Trick. In einem ersten Schritt will die Koalition den Gesetzentwurf an diesem Donnerstag in den Bundestag einbringen, um den Beitrag zur Rentenversicherung bei 18,9 Prozent des Bruttolohns stabil zu halten. Da das Gesetz voraussichtlich erst im März rückwirkend in Kraft treten kann, will "Schwarz-Rot" vorab für alle Beteiligten Klarheit schaffen: Durch Veröffentlichung des Gesetzentwurfs vor dem Jahreswechsel im Bundesgesetzblatt. Juristen des Bundestages und der Arbeitgeber halten dies verfassungsrechtlich für fragwürdig. Der Rentenkasse sollen Einnahmen von gut sieben Milliarden Euro erhalten bleiben.
GESUNDHEIT UND PFLEGE: CDU/CSU und SPD wollen die steigenden Arzneiausgaben im Griff halten. Allerdings läuft Ende des Jahres ein gesetzlicher Preisstopp aus. Ein Rabatt, den die Hersteller den Krankenkassen gewähren müssen, sinkt von 16 auf 6 Prozent. CDU/CSU und SPD wollen das Preismoratorium weiterführen und den Abschlag auf 7 Prozent festsetzen. In der Zwischenzeit können die Hersteller die Preise aber anheben. Die wohl größte geplante Reform in dem Bereich betrifft die Altenpflege: Künftig sollen Bedürftige ganz anders und großzügiger in die Pflegeversicherung eingestuft werden. Angesichts eingeplanter Prüfungen dringt die Branche auf zügige Umsetzung.
VERTEIDIGUNG: Spätestens Ende Februar muss das Mandat für die letzten Monate des Kampfeinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan stehen. Bis zum Frühjahr muss außerdem ein Plan für die Zeit danach erarbeitet werden. Die Bundeswehr soll zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Truppen im Land bleiben. Die neue Ministerin Ursula von der Leyen muss sich zudem mit einem Skandal-Projekt befassen, hinterlassen von Vorgänger Thomas de Maizière. Für die Aufklärungstechnik der Drohne "Euro Hawk" muss sie Anfang des Jahres ein neues Trägerflugzeug präsentieren.
AUSSENPOLITIK: Viele der aktuellen internationalen Themen kennt Comeback-Außenminister Frank-Walter Steinmeier schon. Ganz oben auf der Themenliste stehen die Ukraine - und damit auch die Beziehungen zu Russland -, die Atomverhandlungen mit dem Iran sowie die Reparaturarbeiten im Verhältnis zu den USA.
HAUSHALT: Die "schwarz-rote" Koalition muss einen überarbeiteten Haushalt für 2014 vorlegen. Der erste Entwurf war im Sommer von der "schwarz-gelben" Vorgängerregierung vorgelegt worden. Er bleibt wesentliche Grundlage. Durch die lange Regierungsbildung verzögern sich die Etatberatungen. Berücksichtigt werden müssen auch die Neuzuschnitte der Ministerien. Ein neuer Entwurf für 2014 könnte im Februar vorliegen. Im März werden schon die Eckpunkte für den Etat 2015 und den Finanzplan bis 2018 erwartet. Den endgültigen Etat für 2014 könnte der Bundestag April/Mai verabschieden - fünf Monate später als üblich. Solange gilt die vorläufige Haushaltsführung. Die Verzögerung ist nicht ungewöhnlich.