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Die Body-Positivity-Bewegung kommt jetzt sogar in Ru...

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Eine russische Influencerin hat auf Instagram eine feministische Kampagne ins Leben gerufen. Tausende junge Frauen unterstützen ihren Kampf gegen gängige Schönheitsideale bereits.

Aknenarben, Schwangerschaftsstreifen und große Muttermale im Gesicht: Auf Instagram stehen junge Russinnen gerade ganz offen zu ihren angeblichen Makeln. Unter dem Hashtag #сомнойвсётак oder dem englischen Pendant #Allisfinewithme sharen Tausende von ihnen Pics und Videos, die sie so unperfekt zeigen, wie sie sind.

Angestoßen wurde der Hashtag von der russischen Teen-Influencerin Tysya, die in Wirklichkeit Natalia Zemlianukhina heißt und ihre 1,2 Millionen Follower sonst vor allem mit klassischen Style- und Beauty-Posts unterhält. Vor kurzem postete sie ein Video, das sie gemeinsam mit einer Gruppe Frauen zeigt: in hautfarbener Unterwäsche und komplett ungeschminkt.

"Beauty-Standards zerstören Leben"

"Die hohen Beauty-Standards zerstören das Leben, das Selbstwertgefühl und die Gesundheit von jungen Mädchen", schreibt Natalia, die früher an Anorexie litt, in der Caption zum Video. Sie ruft ihre Follower deshalb dazu auf, unter dem Hashtag ungeschönte Bilder von sich zu veröffentlichen: "Wir brauchen so viele Menschen wie möglich, um diesem Thema gerecht zu werden."

Mittlerweile wurde das Video über eine Million mal angesehen – rund 3.000 Russinnen haben sich mit einem Post an der Kampagne beteiligt. In den Berichterstattungen ist bereits von einer "neuen Welle des Feminismus" die Rede. Tatsächlich ist die Body-Positivity-Bewegung in Russland noch lange nicht so verbreitet wie etwa in den USA oder Zentraleuropa.

"In der Kampagne geht es darum, dass jeder Körper genau so sein muss, wie er ist. Es gibt keine Körper, an denen gearbeitet werden oder die man verändern muss", sagt Natalia zu "Reuters". "In Russland sind kaum Frauen mit normalen Körpern zu sehen." Mädchen, die nicht dünn sind, die Akne oder sonstige körperliche Besonderheiten haben, würden deshalb häufig verspottet oder unter Druck gesetzt, abzunehmen.

"Russland ist sehr patriarchalisch"

Das bestätigt auch Janette Akhilgova, Russland-Beraterin der Frauenrechtsgruppe Equality Now gegenüber "Reuters": "Russland ist immer noch ein sehr patriarchalisches, schönheitsfixiertes Land, in dem strenge Beauty-Standards und Body-Shaming eine alltägliche Realität sind." Altmodische Geschlechterstereotypen und Konservatismus seien an der Tagesordnung.

Das zeigt auch ein Gesetz, welches Wladimir Putin 2017 unterzeichnete: Danach wird Gewalt in der Familie entkriminalisiert, solange das Opfer keine schweren Verletzungen davon erleidet. Wer also seine Frau oder Kids verprügelt, begeht keine Straftat mehr, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit. Statt einer Gefängnisstrafe winkt gerade mal eine Geldstrafe von 70 bis 360 Euro.

Kampagnen wie die der jungen Influncerin sind laut der Russland-Expertin eine gute Möglichkeit, Frauen zu zeigen, dass sie sich von sozialen Zwängen befreien können. "Bis vor einigen Jahren war die feministische Agenda in Russland kaum sichtbar." Das sei heute anders.