1:0! Das ÖFB-Team besiegte die Ukraine am Montag im letzten EM-Gruppenspiel in Bukarest und fixierte damit den Einzug ins Achtelfinale. Dort wartet am Samstag Turnier-Mitfavorit Italien im Londoner Wembley Stadium.
Die Österreicher haben Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal steht das Nationalteam in der K.o.-Phase einer Europameisterschaft.
1800 mitgereiste Fans feierten im Stadion noch lange nach dem Abpfiff mit der Mannschaft. ORF-Experte und ÖFB-Legende Herbert Prohaska ließ sich live auf Sendung von den Anhängern feiern. Die Stimmung rund um die EURO-Helden könnte besser nicht sein. Auch innerhalb des Teams herrscht Euphorie. In den frühen Morgenstunden kam das Nationalteam nach der Rückreise im Base Camp in Mösern, Tirol, an. Aus dem Bus dröhnten Austropop-Klassiker, viele Spieler grölten auf dem Weg ins Hotel mit.
Einziger Wermutstropfen: Auf Bilder wie in Bukarest werden wir am kommenden Samstag wohl vergeblich warten. Nicht, weil Italien nach drei dominanten Siegen in der Gruppenphase längst zu den größten Anwärtern auf den Titel zählt. Corona wird zum Spielverderber. Wegen der strengen Reisebestimmungen, die derzeit für Großbritannien gelten, werden die Anhänger von Bukarest wohl nicht nach London fliegen können.
Grundsätzlich wären 1750 ÖFB-Fans erlaubt. Auf der Insel gilt aber derzeit bei der Einreise eine zehntägige Quarantänepflicht. Britische Flugzeuge haben in Österreich derzeit Landeverbot und es herrscht ebenfalls eine Quarantänepflicht. Schuld ist die rasche Ausbreitung der Delta-Variante, die in England bereits den Großteil der Neuinfektionen ausmacht und als ansteckender gilt, den Immunschutz besser umgehen kann als die bisherigen Varianten.
Kurz will nach London, ÖFB hofft auf Sonderlösung
Deshalb könnte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) der einzige rot-weiß-rote Schlachtenbummler im Wembley sein. Der Regierungschef lud am Montag zum Public Viewing im Kanzleramt, auch den ORF, um sich medienwirksam als Fan des ÖFB-Teams in Szene setzen zu lassen. Dabei kündigte Kurz eine mögliche Reise nach London an.
Die einzige Hoffnung auf einen gefüllten Fansektor bilden wohl die in Großbritannien lebenden Österreicher. Teamchef Franco Foda merkte hingegen beim Interview nach dem Sieg an, dass er noch auf eine Sonderregelung der UEFA und Regierungen hofft. "Das wäre sonst sehr, sehr schade. Es wäre wunderschön, wenn Zuschauer aus Österreich mit dabei sein dürfen."
Die UEFA hat in Sachen Reisebestimmungen allerdings keine Mitsprache. Ein britisches Einlenken wäre allerdings zumindest theoretisch denkbar. Die österreichischen Infektionszahlen sind in den vergangenen Wochen stark rückläufig. Österreich könnte von der "gelben Liste" auf die "grüne Liste" verschoben, damit die Quarantänepflicht aufgehoben werden. Dann müsste allerdings auch die heimische Regierung rund um Kurz eine Lösung für die Rückreise anbieten.
Durch den zweiten EM-Sieg und den Aufstieg sorgte Österreich auch international für Schlagzeilen. So titelte die deutsche "Bild" am Montag großkotzig: "Liebe Ösis, willkommen bei den Großen!"
Die "Großen"? Damit ist wohl auch der wieder erstarkte DFB gemeint, der Portugal in einem Tor-Spektakel mit 4:2 geschlagen hatte, das letzte Großereignis - die WM 2018 - aber noch in der Vorrunde beenden musste.
Gleichzeitig musste aber auch die "Bild" die Leistung des ÖFB-Teams anerkennen. "Die Österreicher stehen vollkommen verdient in der K.o.-Runde, belohnen sich nach einem wahren Sturmlauf selbst. Die Ösis spielen den Gegner in der ersten Hälfte phasenweise an die Wand", staunte das Blatt.
In der Schweiz zeigte man sich hingegen dankbar. "Dank Sieg von Österreich steht die Nati kurz vor dem EM-Achtelfinale", titelte "20Minuten". Der "Blick" schrieb: "Dieser Ösi-Sieg schmeckt uns sehr". Die Schweiz muss hoffen, als einer der vier besten Gruppendritten aufzusteigen. Mit vier Punkten stehen die Chancen nun gut. Hätten sich Österreich und die Ukraine unentschieden getrennt, wäre die ÖFB-Elf mit vier Punkten Gruppendritter gewesen – mit einem besseren Torverhältnis als die Eidgenossen.
Kapitän David Alaba richtet den Blick auf das Achtelfinale: "Man hat ja gesehen, was für eine Gruppenphase sie gespielt haben. Es ist schön, gegen so eine Mannschaft spielen zu dürfen", sagte er nach dem Match im "ORF". Trotzdem sieht der Ex-Münchner auch Chancen für den ÖFB: "Wir sind hier, um zu träumen. Mal sehen, was da dann alles geht."
Gegen harmlose Ukrainer hatte die Elf von Franco Foda jedenfalls eine reife Leistung abgeliefert. Das sah auch der ÖFB-Kapitän so. "Überragend war die Einstellung, die Mentalität, die wir auf dem Platz hatten. Dass wir ein Ziel vor Augen hatten und dieses nie aus den Augen verloren haben. Wir sind in jeder Sekunde in jeden Zweikampf gegangen. Das macht diese Mannschaft wirklich überragend", strahlte Alaba.
Der Aufwand der spielbestimmenden Österreicher wurde mit dem erstmaligen Achtelfinal-Einzug belohnt. "Wir wollten das unbedingt, das hat man gesehen, das hat man gespürt", unterstrich der zukünftige Real-Madrid-Spieler. Mit dieser Einstellung ist Großes möglich...