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Die lange Pannenliste der Costa Allegra

Heute Redaktion
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Ein Martyrium durchleben die Passagiere der Costa Allegra nach einem Brand im Maschinenraum. Die 636 Passagiere - unter ihnen 97 Österreicher - und 413 Besatzungsmitglieder müssen bei der Tage andauernden Rettungsaktion bei widrigen Bedingungen am Schiff ausharren - und wie beim Unglück der Costa Concordia zeigt sich eine lange Pannenliste.



+++ 3 Tage auf Schiff gefangen, kein Kontakt +++


- Nach dem Brand im Motorraum der Costa Allegra zeigten sich Mängel in der Stromversorgung. Die Batterien an Bord reichten zwar aus, um die Beleuchtung aufrechtzuerhalten, nicht aber für die Klimaanlagen, den Betrieb der Schiffsküchen oder die Schiffsschrauben.

- Das Schiff verfügte über zu wenig Sicherheitspersonal. Zwar waren neun italienische Militärangehörige im Auftrag der Anti-Piraten-Mission an Bord, weil die Gewässer im Indischen Ozean dafür bekannt sind, dass immer wieder Piraten die Schiffe angreifen und die Besatzung entführen. Mehrere Schiffe mussten zu Hilfe eilen und die Costa absichern.

- Die Versorgung der Passagiere war nicht ausreichend gesichert, ebenso fehlte es an Kommunikationsmitteln im Ernstfall - nach wie vor sind die Reisenden nicht am Handy erreichbar. Am Dienstagmorgen sollte ein Hubschrauber mit frischen Lebensmitteln und Kommunikationsmitteln das Schiff erreichen. Doch dieser ließ auf sich warten - er kam erst mit einigen Stunden Verspätung an.

- Die Passagiere wurde einmal mehr im Unklaren gelassen. Bei dem Brand wurden die 636 Passagiere nicht ausreichend informiert. Teilweise brach Panik aus, weil an Bord Generalalarm ausgelöst wurde. Die Mannschaft konnte die Flammen zwar selbst löschen, doch ein Tankschiff musste wegen Schäden zu Hilfe kommen. Die Reederei sprach dagegen davon, dass alles bestens funktioniert habe.

- Eine Gruppe von Fachleuten und Offizieren der italienischen Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere koordiniert die Maßnahmen vor Ort. Pikant: Es handelt es sich um dieselbe Kriseneinheit, die beim Unglück des vor der toskanischen Insel Giglio verunglückten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia im Einsatz war. Zur Kriseneinheit gehört auch der aus Oberösterreich stammende Vize-Präsident der Kreuzfahrtgesellschaft, gegen den die italienischen Justizbehörden wegen des Verdachts der Beihilfe zur fahrlässigen Tötung ermitteln.

- Das Schiff ist fast nicht erreichbar. Da es in einem Gebiet treibt, in dem ein Funkloch herrscht, können weder Passagiere noch Crew per Handy oder ähnlichem kontaktiert werden.

- Chaos beim Abschleppen. Die Costa Allegra wird von einem französischen Fischtrawler nach Victoria. Erst wurde jedoch bekannt gegeben, dass die nahe gelegenen Desroches-Insel auf den Seychellen im Indischen Ozean, 230 Kilometer südwestlich von Mahe, angefahren werden. Die Insel mit nur wenigen Unterkünften wäre einfach zu klein für alle Passagiere gewesen.

- Rätselraten über Ursache. Bisher konnte nicht geklärt werden, wie es zu dem Brand im Maschinenraum kam. Die zuständige Crew kann nicht sagen, ob es sich um einen technischen Defekt handelt. Sogar Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.

- Die übertriebene Größe der Schiffe ist das wahre Problem der Kreuzfahrtindustrie. Davor warnte Remo Di Fiore, Gewerkschafter der italienischen Seeleute und Mitglied der "International Transport Workers' Federation" (ITF) nach dem Brand an Bord der Costa Allegra.

- Während Chaos herrscht, beschäftigt die Reederei aber eher die Zukunft des Unternehmens als die Ursachensuche. Nach dem Unglück vor der Insel Giglio und dem Brand an Bord der Costa Allegra wartet Costa Crociere gespannt, ob im März die Zahl der Buchungen für Kreuzfahrten zurückgehen wird. Es wird auch überlegt, einfach den Namen "Costa" gegen "Carnival Cruise Line Italia" auszutauschen.

- Rätselraten über Ankunft. Erst wurden die Passagiere darüber informiert, dass die Ankunft des im Indischen Ozean havarierten Kreuzfahrtschiffes in Mahe, der Hauptinsel der Seychellen, am Donerstag in den frühen Morgenstunden um etwa 6 Uhr (Ortszeit) erfolgen wird. Dann erklärte man, dass die Insel schon am Mittwochabenderreicht werde. Einige Stunden später wurde dagegen verlautbart, dass die Ankunft für Donnerstag um 8.30 Uhr erwartet werde - wegen des stärkeren Wellengangs.

Der österreichische Konsul Michael Kratzer hat sich indes eine Zutrittskarte für das Hafenglände organisiert, um seine Landsleute bei der Ankunft mit allfälligen Ersatzdokumenten, Geld, medizinischen, oder sonstigen Hilfeleistungen zur Seite zu stehen. Er habe sich auch mit den Krisenteams aus Deutschland, Großbritannien und der Schweiz kurzgeschlossen, so Außenamt-Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal im Gespräch mit Heute.at.