Kultur

"Die Leute, die weniger haben, sind meist aufrechter"

In seinem Buch "Für die Galerie" erzählt Yannick Steinkellner vom Aufwachsen in Graz. "Heute" hat mit ihm gesprochen.

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Yannick Steinkellner
Yannick Steinkellner
Henrike Dusella

"Man sollte sich selbst nicht zu wichtig nehmen – das ist alles, was ich bis jetzt weiß", sagt Yannick Steinkellner. Gelernt habe er das in Graz – da ist er aufgewachsen. In "Actionberg, dem kleinen Favoriten von Graz", wie der 28-Jährige sagt. "Die Leute auf der 8020-Seite hackeln für den Wohlstand der Leute in 8010", meint er, und auch in seinem Schaffen merkt man ihm den "working class hero" an. Damit scheint er sich auch wohl zu fühlen, denn "die Leute, die weniger haben, sind meist aufrechter", so der Autor.

Der Minderwertigkeitskomplex der österreichischen Volksseele

In der Poetry-Slam-Szene hat sich der junge Steirer längst einen Namen gemacht, mitunter mit humorvollen Texten über Marcel Hirscher und Marko Arnautovic, in denen er der österreichischen Volksseele einen Minderwertigkeitskomplex attestiert, wenn ihre Sporthelden wie Götter abgefeiert werden. Auch diese Texte finden sich in seinem Buch wieder. "Diese Vergötterung finde ich vollkommen deplatziert", sagt Steinkellner, hält aber fest: "Natürlich schaue ich mir gerne einen Riesentorlauf im Fernsehen an. Ich liebe Passivsport – gerade jetzt, während der Pandemie". Was es leider nicht ins Buch geschafft habe, sei ein Text über Dominic Thiem, den er unbedingt noch schreiben wolle. "Auf sportlicher Ebene ist der natürlich ein Wahnsinn. Aber es ist vollkommen drüber, wie der abgefeiert wird".

Leseprobe

Wenn mittags das Radio von meiner Großmutter ausgeschaltet wurde, dann bedeutete es, dass das Essen bereit war. In dem Moment, da die Dauerbeschallung aus dem Epizentrum des Großelternreichs unterbrochen, wussten alle Betroffenen: Mittag! Wir kamen in der Küche zusammen und versammelten uns um den Esstisch entlang der großen Eckbank täglich wie beim letzten Abendmahl. Die Oma stellte den Suppentopf in die Mitte. Der Großvater rieb sich noch einmal kurz die Hände, bis am Tisch absolute Stille eingekehrt war. Alle falteten die Hände zum Tischgebet. Der Großvater sank mit der Stirn auf die zum Gebet gefalteten Hände und murmelte die Zauberformeln. "Was aufgesetzt ist auf dem Tisch." Fast nicht zu hören, mahlten alle die Zeilen aus ihren fast geschlossenen Mündern. "Das segne uns, Herr Jesu Christ." Gemeinsam setzten sie mit undeutlichen Silben zum großen Finale an. "So speise uns mit deinem Wort. In Ewigkeit, Amen." Für eine Sekunde lang war es so still, dass man die bereits verblassten Schallwellen des Küchenradios in der Ferne noch einmal vernehmen konnte. Wie sie nach Opa, nach Oma und nach mir riefen."Mahlzeit!", sagte der Opa dann und es wurde gegessen.

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