Expertin erklärt Phänomen
Diese Fake-Frauen bedienen im Netz männliche Fantasien
Sie sehen täuschend echt aus, doch sie sind Roboter-Traumfrauen. KI-Influencerinnen erobern das Netz und die Herzen leichtgläubiger Herren.
Modelfigur, pralle Oberweite, volle Lippen, verheißungsvoller Blick und kurzer Rock – So sehen die neuen Influencerinnen aus, die männlichen Fantasien entspringen könnten und diese auch anregen sollen. Sie sind jung und haben Künstlernamen, die nach exotischen Abenteuern und einem Hauch Rotlicht klingen. Und sie alle sind nicht echt: Influencerinnen wie Emily Pellegrini aus Los Angeles, Vicki Verano aus New Jersey, Milla Sofia aus Helsinki oder Fitness-Model Aitana Lopez aus Barcelona sind künstlich generierte Beautys.
Besonders eindrucksvoll: Die Fake-Frauen sehen nicht nur auf Fotos glaubwürdig aus, sondern inzwischen auch in Videos. So ist etwa ein bekannter deutscher Fußballer erst kürzlich darauf reingefallen. Er schrieb Pellegrini an, die auf jedem ihrer Bilder in knappen Höschen oder Minirock posiert. "Wie ist es möglich, dass so eine schöne Frau keinen Freund hat", wunderte er sich auf dem Profil der vermeintlich 23-jährigen Amerikanerin.
Vorsicht vor Roboter-Frauen beim Dating
"Wir treten jetzt in ein Zeitalter ein, in dem man Bildern nicht mehr von vornherein Vertrauen schenken darf – ob es jetzt um KI-Models geht oder Fake News, die vielleicht sogar politische Entscheidungen beeinflussen wollen", sagt KI-Trainerin und Agenturchefin Barbara Oberrauter im "Heute"-Gespräch. "Natürlich gab es auch schon bisher sogenannte 'Scam Artists', die sich an der Einsamkeit von Menschen bereichern wollten. Es wird aber immer leichter, anderen etwas vorzugaukeln. Als User sollte man daher nicht zu leichtgläubig sein: Wenn eine Person zu toll klingt, um wahr zu sein, ist sie das wahrscheinlich auch."
Vielfach wissen ihre Bewunderer sogar, dass es sich bei den Insta-Models und Fitfluencerinnen nur um Roboter-Traumfrauen handelt. Es spielt jedoch keine Rolle für sie, weil die virtuellen Schönheiten zu perfekten Projektionsflächen für alle werden, die kurz aus ihrem Alltag ausbrechen wollen. KI-Models sind immer gut gelaunt, schauen stets frisch und sexy aus. Sie werden außerdem niemals müde und können Einsamen und Suchenden vielleicht sogar Wünsche erfüllen, nach denen man sich echte Frauen nicht zu fragen traut.
KI-Models bringen großes Geld
So kann man etwa bei AI-Beauty Natalia Novak aus den USA nicht nur Insta-Bilder genießen, sondern auch ein Abo abschließen, um auch "scharfe Fotos" von ihr zu bekommen. Hier wird eine neue Freizügigkeit möglich, die keine Grenzen kennt. Hinter dem Hype um die virtuellen Influencerinnen steckt – wenig überraschend – ein beinhartes Business-Model. "Mit dem Aufkommen generativer KI und Tools wie Midjourney ist es unglaublich leicht geworden, lebensechte Bilder von Menschen zu produzieren. Daraus lässt sich natürlich auch Profit schlagen – und leichtgläubigen Menschen Geld aus der Tasche ziehen", so Oberrauter weiter.
So wurde Aitana Lopez etwa von einer spanischen Agentur kreiert, die nicht mehr auf echten Models angewiesen sein wollte. Die Model-Profis verdienen mit ihrer Kunstfigur laut "Business Insider" bis zu 10.000 Euro im Monat, genau wie die Schöpfer von Emily Pellegrini. Als KI-Modelmama gilt Miquela Sousa, auch bekannt als "Lil Miquela". Der 2016 geschaffenen Kunst-Frau sieht man noch deutlich an, dass sie ein Avatar ist. Sie hat 2,7 Millionen Insta-Follower, wurde u.a. von Prada und Burberry gebucht und veröffentlichte sogar einen Song. Ein Posting von ihr kostet etwa 6.000 Euro. Davon bekommt sie natürlich keinen Cent, denn sie existiert ja nicht.
"Mit dem Aufkommen generativer KI werden wir uns möglicherweise auf einen Überschwang an künstlich generierten Inhalten einstellen müssen, die auf den ersten Blick erscheinen wie von Menschenhand gemacht. Das kann unsere Wahrnehmung von Realität deutlich beeinflussen. Ein kritisches Auge und der Austausch mit anderen, echten Menschen, wird daher immer wichtiger", betont die Expertin.